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OGNMB: Die Nuklearmedizin revolutioniert die Tumor-Bildgebung und Therapie mit innovativer Theranostik

Bei der Behandlung des weißen Hautkrebses kann eine Heilung von bis zu 90 Prozent erwartet werden

»Dieser innovative Ansatz markiert einen bedeutenden Schritt vorwärts in der personalisierten Medizin und verspricht, die Überlebensraten und Lebensqualität von Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichen Tumorerkrankungen zu verbessern.«, erklärt Univ.-Prof. Dr. Michael Gabriel, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Nuklearmedizin und Molekulare Bildgebung (OGNMB).

Eine neue sich in Österreich etablierende, nicht invasive nuklearmedizinische Therapie, stellt die Behandlung des weißen Hautkrebses, besonders an anatomisch schwierigen Lokalisationen, mit 188Rhenium-SCT® dar. Dabei wird zielgenau die radioaktive Paste über den zu behandelnden Tumor auf eine zuvor aufgetragene Folie für einen Zeitraum von durchschnittlich 2 Stunden aufgetragen. Die Therapie ist schmerzfrei und führt in bis zu 90 Prozent der Fälle zur Heilung des Hauttumors.

Univ.-Prof. Dr. Rainer Lipp und Univ.-Prof. Dr. Siroos Mirzaei, Experten für Nuklearmedizin der OGNMB, bestätigen, dass bei vielen Tumorarten mit den innovativen Methoden der Nuklearmedizin gute Therapien und Heilungschancen bestehen: Allen voran beim Schilddrüsen- und Prostatakarzinom, aber auch bei neuroendokrinen Tumoren des Gastrointestinaltraktes und des Pankreas sowie beim weißen Hautkrebs (Basalzellkarzinom).

Theranostik: therapeutische Perspektiven, die auf individuelle Attribute der Tumorzellen zielen

Theranostik, eine Kombination aus den Begriffen „Therapie" und „Diagnostik“, hat die Behandlung unterschiedlicher Krebsarten revolutioniert, da personalisierte Therapieoptionen entwickelt werden können. Diese Technologiehat die Möglichkeit eröffnet, so genannte Radiopharmaka direkt an den Ort des Tumors zu bringen, was eine zielgerichtete und lokalisierte Therapie ist, die dadurch die Belastung für die Patientinnen und Patienten reduziert. Dieser individualisierte Ansatz minimiert Nebenwirkungen und maximiert die Erfolgsaussichten der Behandlung. In der Praxis gelingt es durch die Theranostik den behandelnden Ärztinnen und Ärzten eine weitere Therapieoption für die Betroffenen zu erzielen.

Im Kampf gegen Prostatakrebs: Theranostik bietet personalisierte Therapieansätze

Mehr als 95 Prozent der Fälle werden auf der Oberfläche eines Prostatakrebses ein spezifisches Merkmal namens "Prostata-spezifisches Membranantigen" (PSMA)exprimiert. Dieses PSMA kann in der nuklearmedizinischen Bildgebung dargestellt und auch gezielt durch Therapie mit Radiopharmaka behandelt werden.

Fortschritte der Theranostik auch bei neuroendokrinen Tumoren des gastrointestinaltrakts und des Pankreas

Auch bei neuroendokrinen Tumoren des Gastrointestinaltraktes und des Pankreaskrens hat die Theranostik bedeutende Fortschritte erzielt. Die gezielte Therapie, auch bekannt als Radioligandentherapie, belegt, dass das die Krankheitsprogression deutlich gesenkt werden konnte. Die Radioligandentherapie kann in allen nuklearmedizinischen Zentren in Österreich durchgeführt werden.

Ambulante Anwendung an nuklearmedizinischen Abteilungen und Instituten in Österreich

Der große Vorteil der nuklearmedizinischen Therapien ist, dass die meisten Therapien auch ambulant an den Nuklearmedizinischen Abteilungen und Instituten in Österreich durchgeführt werden können. Die kontinuierliche Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Theranostik zeigt, dass die Kombination von Diagnostik und Therapie einen Paradigmenwechsel in der Krebsmedizin darstellt. Mit fortschreitender Entwicklung der Technologie werden immer präzisere und wirksamere theranostische Ansätze entwickelt, die das Potenzial haben, die Zukunft der Tumorbehandlung nachhaltig zu verändern.

Experten der Presseaussendung:

Primar Univ.-Prof. Dr. Michael Gabriel, Präsident OGNMB, Facharzt für Nuklearmedizin, Vorstand des Instituts für Nuklearmedizin und Endokrinologie am Kepler Universitätsklinikum Linz

Primar Univ.-Prof. Dr. Rainer Lipp, Beirat für Öffentlichkeitsarbeit der OGNMB, Facharzt für Nuklearmedizin und Innere Medizin, ärztlicher Leiter und Geschäftsführer des Diagnostikum Nuklearmedizin Graz

Primar Univ.-Prof. Dr. Siroos Mirzaei, Beirat für Schilddrüse der OGNMB, Facharzt für Nuklearmedizin, Leiter der Abteilung für Nuklearmedizin der Klinik Ottakring/Wien

Hintergrundinformation:

Lutetium-177 (177Lu) ist ein Beta-Strahler mit einer physikalischen Halbwertszeit von 6,6 Tagen und kann an das Prostata-spezifische Membranantigen (PSMA) stabil markiert werden. Nach Bindung von 177Lu-PSMA an die Zelloberfläche von PSMA-exprimierenden Tumorzellen führt ein Internalisierungsprozess der Radioverbindung in das Zytoplasma von Tumorzellen zur Apoptose (=Zelltod) von Tumorzellen durch DNA-Doppelstrangbruch im Zellkern. Die kurze maximale Gewebedurchdringung von 2 mm minimiert die Strahlenbelastung für normales Gewebe und verbessert die allgemeine Arzneimittelverträglichkeit.

Die Vision Studie war die erste internationale Phase-3-Studie, die im Verhältnis 2:1 zugunsten der Behandlung von Patienten mit 177Lu-PSMA-617 und Standardbehandlung (SOC) randomisiert wurde, im Vergleich zu Patienten, die nur mit SOC behandelt wurden.

Insgesamt wurden 831 Patienten mit mCRPC in die Studie eingeschlossen. Alle Patienten hatten einen positiven PSMA-PET/CT-Scan. Primäre Endpunkte der Studie waren radiologisches progressionsfreie survival (rPFS) und OS. Das mediane rPFS betrug 8,7 Monate bei den mit 177Lu-PSMA-617 und SOC behandelten Patienten im Vergleich zu 3,4 Monaten bei Patienten, die nur mit SOC behandelt wurden. Das Risiko eines rPFS wurde um 60 % reduziert (p < 0,001). Das mediane OS betrug 15,3 Monate bei Patienten, die mit 177Lu-PSMA-617 und SOC behandelt wurden, im Vergleich zu 11,3 Monaten bei Patienten, die nur mit SOC behandelt wurden und war statistisch nicht signifikant unterschiedlich [2].

223Radium-Dichlorid wird wie Calcium in die sich neu bildende Knochenmatrix (Hydroxylapatit) eingebaut. Bei Prostatakarzinom liegen überwiegend knochenaufbauende =osteoblastische Knochenmetastasen vor und können so zielgerichtet behandelt werden. Dank der sehr hohen Energie von Alpha-Strahlern und der geringen Reichweite von nur 0,1 mm und einer physikalischen Halbwertszeit von 11,4 Tagen besteht eine hoch effektive Patienten-schonende Therapie. In einer Phase 3 Studie (ALSYMPCA) wurden 921 Patienten mit hormonrefraktären Prostatakarzinom mit zumindest 6 szintigraphisch nachweisbaren und klinisch symptomatischen Knochenmetastasen eingeschlossen. Die Randomisierung erfolgte 2:1 zu Gunsten 223Radium-Dichlorid. Die Vergleichsgruppe wurde entsprechend den besten supportiven Begleitmaßnahmen behandelt. Das mediane OS war unter 223Radium-Dichlorid im Vergleich zu Placebo um relative 3,6 Monate länger (14,9 vs. 11,3 Monate; p < 0,001). Auch die Zeit bis zum ersten Auftreten eines symptomatischen Knochenereignisses verlängerte sich im Vergleich zu Placebo signifikant im Median um 5,8 Monate (15,6 vs. 9,8 Monate; p < 0,001) [3].

Die Behandlung mit 223Radium-Dichlorid kann an nuklearmedizinischen Abteilungen (Instituten) in Österreich ambulant durchgeführt werden, die Behandlung mit 177Lu-PSMA-617 wird in Österreich entweder ambulant oder unter stationären Bedingungen angeboten. Da keiner dieser Leistungen (=Behandlungskosten) von der ÖGK übernommen wird, können in Österreich diese Leistungen ausschließlich nur über Nuklearmedizinische Einrichtungen in Krankenhäusern (intramural) mit zum Teil langen Wartezeiten angeboten werden.

Nuklearmedizin: Behandlung mit Durchblick

Unter Nuklearmedizin versteht man den Einsatz von radioaktiven Arzneimitteln für Diagnostik, Therapie (Theranostik) und medizinische Forschung. Der Begriff Diagnostik umfasst die medizinische Bildgebung und bildfreie Verfahren wie beispielsweise Bluttests. Durch die Möglichkeit, Zielstrukturen an Tumorzellen treffsicher darzustellen und zu behandeln, werden nuklearmedizinische Verfahren im Kontext der personalisierten Medizin zunehmend auch bei Tumorerkrankungen eingesetzt.

Die Österreichische Gesellschaft für Nuklearmedizin und Molekulare Bildgebung (OGNMB) ist die von der Österreichischen Ärztekammer für das Sonderfach Nuklearmedizin akkreditierte Fachgesellschaft und fördert unter anderem Wissenschaft, Ausbildung und sichere Praxis auf dem Gebiet der Nuklearmedizin.

Weiterführende Literatur:

[1] Prostate-specific membrane antigen PET-CT in patients with high-risk prostate cancer before curative-intent surgery or radiotherapy (proPSMA): a prospective, randomised, multicentre study. Hofman MS et al. Lancet 2020 Apr 11;395(10231):1208-1216. DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30314-7. Epub 2020 Mar 22.

[2] Lutetium-177–PSMA-617 for metastatic castration-resistant prostate cancer.

Sartor O et al. N Engl J Med 2021; 385:1091-1103. DOI: 10.1056/NEJMoa2107322.

[3] Alpha Emitter Radium-223 and survival in metastatic prostate cancer. Parker S et al. N Engl J Med 2013; 369:213-223. DOI: 10.1056/NEJMoa1213755.

[4] Pain analyses from the phase III randomized ALSYMPCA study with radium-223 dichloride (Ra-223) in castration-resistant prostate cancer (CRPC) patients with bone metastases. Nilson S et al. J.Clin Oncol 2013;31(suppl):5038. DOI: 10.1200/jco.2013.31.15_suppl.5038.

[5] Sandhu S et al. LuPARP: phase 1 trial of 177Lu-PSMA-617 and olaparib in patients with metastatic castration resistant prostate cancer (mCRPC). J Clin Oncol. 2023;41(suppl 16):5005. DOI:10.1200/JCO.2023.41.16_suppl.5005.

https://www.ognmb.at

Rückfragen & Kontakt:

Dr. Britta Fischill
Fischill PR
britta@fischill.at
+43 676 3039699

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