Wegen der zunehmenden Zahl an COVID-19-Fällen publiziert die Österreichische Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie (ÖGLMKC) ab sofort die Standards für Labordiagnostik zu COVID-19 auf ihrer Website https://www.oeglmkc.at/corona.html. Diese Zusammenfassung entspricht dem jeweils aktuellen Kenntnisstand und wird laufend aktualisiert. Neue wissenschaftliche Kenntnisse werden derzeit nach teils stark verkürzten Peer-Review-Verfahren veröffentlicht (J Hosp Infect. 2020 Mar 5. pii: S0195-6701(20)30100-6. doi: 10.1016/j.jhin.2020.03.001.).
Hier finden Sie die jeweils aktuell zu beachtenden Standards für die Labordiagnostik zu COVID-19.
Über die ÖGLMKC
Die Österreichische Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie ÖGLMKC ist ein 2004 gegründeter gemeinnütziger Verein zur Unterstützung und Förderung wissenschaftlicher Tätigkeit sowie der Förderung und Fortentwicklung standespolitischer Ziele auf dem Gebiet der Laboratoriumsmedizin und klinischen Chemie in Österreich. Die Gesellschaft hat 335 Mitglieder aus dem Gebiet der Labormedizin, davon 66 in selbständiger oder leitender Funktion. www.oeglmkc.at
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Diagnostik einer SARS-CoV-2 Infektion (Stand: 1. 4. 2020)
1.1. Direkter Virusnachweis mittels PCR
Der labordiagnostische Goldstandard für die Diagnose einer Infektion mit Coronavirus SARS-CoV-2 ist der direkte Virusnachweis aus respiratorischen Sekreten mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) bzw. anderer Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken (NAT).
1.1.1. Probengewinnung und Transport
Die Probengewinnung erfolgt typischerweise mittels Nasopharynx-Abstrich oder Oropharynx-Abstrich der oberen Atemwege. Alternativ können bei entsprechender klinischer Situation auch Proben der tiefen Atemwege (induziertes Sputum, Trachealsekret oder bronchoalveoläre Lavage) herangezogen werden. Coronavirus SARS-CoV-2 wurde mittels PCR auch im Stuhl sowie in Einzelfällen in Urin, Blut/Plasma und Liquor nachgewiesen, diese Materialien sind jedoch derzeit nicht zur primären Diagnostik einer COVID-19 Erkrankung empfohlen.
Coronaviren sind behüllte RNA-Viren, die Viruspartikel und ihr einzelsträngiges RNA-Genom sind daher empfindlich auf Tenside und RNAsen. Deshalb sind schon in der Präanalytik besondere Anforderungen an Probennahme, -lagerung und -transport zu stellen, um falsch-negative Ergebnisse zu vermeiden. Bei Abstrichen ist zu beachten, dass für den Virusnachweis geeignete Tupfer und Transportmedien verwendet werden ("Virustupfer" mit entsprechendem Transport-Medium oder notfalls trockene steriler Tupfer mit kleiner Menge (1 - 3ml) steriler, für molekulargenetische Analysen geeigneter NaCl-Lösung). Die Auswahl eines geeigneten Tupfers sollte im Zuge der Etablierung des Tests geprüft werden.
Die Proben sollen schnellstmöglich ins Labor übermittelt werden. Ist eine Probenlagerung notwendig, kann diese bei 2-8°C für maximal 3 Tage erfolgen. Der Probenversand muss als "Biologischer Stoff, Kategorie B" der UN-Nr. 3373 nach Vorgaben der Verpackungsanweisung P650 erfolgen.
1.1.2. Probenhandling im Labor
Der Umgang mit respiratorischen Proben im Rahmen der Labordiagnostik von SARS-CoV-2 Infektionen fällt in die Kategorie "nicht gezielte Tätigkeiten" und sollte auf eigens geschultes Laborpersonal beschränkt werden. Aktualisierte deutschsprachige Vorgaben zu Gewinnung von und Umgang mit potenziell kontagiösem Probenmaterial finden sich auf den Homepages der AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit), des RKI (Robert-Koch-Institut) und des ABAS (Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe).
Kurz zusammengefasst soll das Öffnen von Probengefäßen und die Arbeit mit respiratorischem Material in einer Sicherheitswerkbank der Klasse 2 erfolgen. Dazu sind Schutzkittel und Handschuhe vorgeschrieben. Beim Hantieren mit offenen Proben ist das Tragen einer Atemschutzmaske mindestens der Klasse FFP-2 (filtering face piece; Feinstaubmaske) sowie einer Schutzbrille vorgeschrieben.
1.1.3. PCR Test
1.1.3.1. Allgemeines
Zum PCR Nachweis von SARS-CoV-2 sind sowohl validierte In-House Tests in medizinischen Laboratorien etabliert als auch kommerzielle Testsysteme unterschiedlicher Anbieter verfügbar. Typischerweise wird aus der Probe zuerst virale Nukleinsäure (RNA) extrahiert. Aus dieser wird nach reverser Transkription (RT) eine PCR (oder auch eine andere NAT wie isothermale Amplifikation) zum Nachweis Virus-spezifischer Nukleinsäuren durchgeführt.
Je nach Testsystem sind die Analyseschritte unterschiedlich stark automatisiert. Grob zusammengefasst können unterschiedliche Kategorien von Testsystemen unterschieden werden:
Manuelle oder halbautomatische RNA Isolierung und RT-PCR: unterschiedliche Anbieter und in-house Tests verfügbar, Abarbeitung mehrerer Proben gleichzeitig (im Batch), mittlerer Probendurchsatz, hohe molekulargenetische Expertise des Laborpersonals erforderlich.
Vollautomatische SARS-CoV-2 PCR: Einzelne Anbieter haben komplett automatisierte Extraktions-/Amplifikations-Systeme zum Nachweis von SARS-CoV-2 auf den Markt gebracht. Diese Geräte können viele Proben (z.B. 94 Proben) gleichzeitig abarbeiten und erlauben einen hohen Probendurchsatz. Solche Systeme eignen sich vor allem zur effizienten Abarbeitung von Proben in Großlaboren.
Point-of-Care-Systeme: Einzelne Anbieter haben Kartuschen-Systeme für die SARS-CoV-2 PCR auf den Markt gebracht. Diese Komplettsysteme sind auf einfache Bedienbarkeit ausgelegt und erlauben eine automatisierte Virus-PCR in einem Point-of-Care Setting. Für die Einzelprobe ist die Zeit bis zum Analyse Ergebnis kurz (unter einer Stunde), weshalb diese Systeme auch als (molekulargenetische) Schnelltests bezeichnet werden. Neben der Analysenzeit der Einzelprobe ist auch der Probendurchsatz des jeweiligen Systems zu beachten. Solche Systeme eignen sich vor allem zu einer raschen Analyse von Einzelproben in einem Point-of-Care Setting oder außerhalb der Probenannahmezeiten von Großlaboren. In der Praxis stellt derzeit die Verfügbarkeit von Reagenzien für PCR Tests und RNA-Extraktion sowie von Abstrich-Systemen eine wesentliche Limitation für die flächendeckende Testung auf SARS-CoV-2 dar. Sowohl diagnostische Laboratorien als auch Hersteller kommerzieller Testsystems arbeiten an einer laufenden Erhöhung der Analysekapazitäten. Die ÖGLMKC befürwortet und unterstützt ausdrücklich Kooperationen zur weiteren Steigerung der Analysenkapazität, verweist jedoch auf die Notwendigkeit einer ausreichenden Qualitätskontrolle der SARS-CoV-2 PCR Analytik, um valide und reproduzierbare Testergebnisse für alle Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.
1.1.3.2. Molekulargenetische Grundlagen
Etablierte in-house und kommerzielle Testsysteme beruhen meist auf dem Nachweis von 2 Gensequenzen (Targets) von SARS-CoV-2. Dabei ist üblicherweise eine Gensequenz selektiv für das Genus Betacoronavirus und eine Gensequenz spezifisch für den Cladus SARS-CoV-2.
Die bisher verwendeten Testsysteme weisen meist 2 Sequenzen der folgenden Gene nach:
N (nucleocapsid), E (envelope), S (spike) und RdRP (RNA-dependent RNA polymerase).
So verwendet beispielsweise der von der Virologie der Charité in Berlin publizierte Test zunächst das E Gen zum Nachweis von Sarbecovirus, einem Subgenus des Betacoronavirus. Dieser wird mit dem Nachweis des RdRP Gens kombiniert, der parallel mit einer für SARS-CoV-2 spezifischen Reaktion und mit einer Reaktion, die auf das gesamte Subgenus Sarbecovirus ausgerichtet ist, durchgeführt wird (Euro Surveill. 2020 Jan;25(3). doi: 10.2807/1560-7917.ES.2020.25.3.2000045.). Der vom Institut Pasteur in Paris verwendete Test ist ähnlich angelegt und weist das E Gen von Sarbecovirus sowie 2 Sequenzen des RdRP Gens nach, welche in einem Multiplex Ansatz kombiniert werden können.
Darüber hinaus muss durch eine zusätzliche interne Kontrolle, welche die Nukleinsäureextraktion und -amplifikation sowie die Integrität der Reagenzien prüft, die Validität der Testergebnisse sichergestellt werden.
Die beschriebene analytische Sensitivität der PCR Assays für SARS-CoV-2 liegt typischerweise im Bereich von ca. 10 Kopien viraler Nukleinsäuren pro Reaktion. (J Clin Microbiol. 2020 Mar 4. pii: JCM.00310-20. doi: 10.1128/JCM.00310-20.; Euro Surveill. 2020 Mar;25(9). doi: 10.2807/1560-7917.ES.2020.25.9.2000173). Für den jeweiligen Assay sind die Herstellerangaben zu berücksichtigen und vor Testeinführung im Labor durch Vergleichsmessungen zu verifizieren. Bei Verfügbarkeit von CE-IVD zertifizierten PCR Assays für SARS-CoV-2 empfiehlt die ÖGLMKC dringend auf diese zurückzugreifen. Wenn im Einzelfall die Einführung eines In-House PCR Tests für SARS-CoV-2 notwendig ist, so ist dessen Testperformance vom durchführenden Labor gründlich zu validieren und zu dokumentieren.
1.1.4. Bewertung von PCR Resultaten
Die Dauer der Nachweisbarkeit von Virus-RNA im Nasopharynxsekret scheint großen individuellen Schwankungen zu unterliegen und beträgt laut einer Fallserie im Median 12 Tage (1-24 Tage). Bei > 80% der Patienten ist der Nachweis zumindest 7 Tage lang positiv (JAMA. 2020 Mar 3. doi: 10.1001/jama.2020.3204). In Einzelfällen wurde auch eine PCR-Positivität für >25 Tage beschrieben. Weiters kann in bestätigten Fällen die Virus-RNA nur intermittierend nachweisbar sein (JAMA. 2020 Mar 3. doi: 10.1001/jama.2020.3204). Dieses Phänomen könnte präanalytische (Probenhandling, experimenteller Einsatz von Virostatika) und analytische Gründe haben.
1.1.4.1. Positivität für nur ein PCR Target
Wenn ein PCR Test auf der Amplifikation von zwei (oder mehr) Zielsequenzen von SARS-CoV-2 basiert und nur eine davon positiv ist, während die andere negativ ist, sind grundsätzlich mehrere Ursachen in Betracht zu ziehen:
- Die Virusmenge in der Probe liegt an der Nachweisgrenze des Tests
- Ein technischer Fehler in der Analyse der Probe (sowohl falsch positiv als auch falsch negativ möglich)
- Eine Mutation in einer der Zielsequenzen von SARS-CoV-2
- Das Vorliegen eines anderen Coronavirus als SARS-CoV-2
Das PCR Ergebnis ist in diesen Fällen in Zusammenschau mit den Rohdaten (frühe oder späte Amplifikation des Targets) und den molekulargenetischen Charakteristika des Assays zu bewerten. Wenn ein technischer Fehler ausgeschlossen werden kann, wird in der aktuellen epidemiologischen Situation empfohlen, die Amplifikation von nur einem PCR Target als positives Testergebnis und damit als Hinweis auf das Vorliegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu werten. Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass derzeit nur ein humanpathogenes Betacoronavirus zirkuliert, dass SARS-CoV-2 eine genetische Diversität aufweist, dass "schwach-positive" oder "nicht auswertbare" Ergebnisse möglicherweise Unsicherheiten im Meldewesen und in behördlichen Abläufen mit sich bringen und dass allfällige falsch-negative Ergebnisse die Adhärenz an Isolations- und Quarantänemaßnahmen untergraben könnten.
Davon zu differenzieren ist, dass manche Testsysteme von vorneherein nur auf den Nachweis von Gensequenzen des Genus Betacoronavirus oder des Subgenus Sarbecovirus ausgerichtet sind, sodass der spezifische Nachweis von SARS-CoV-2 eine anschließende Sequenzierung des PCR Produkts notwendig machen würde (https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/peiris-protocol-16-1-20.pdf?sfvrsn=af1aac73_4).
Wenn bei einem Patienten wiederholt nur eine Gensequenz nachgewiesen werden kann und das Ergebnis nicht am Detektionslimit des Tests liegt, sind weitere Bestätigungstests zu erwägen. Gegebenenfalls sollen die Spezimina nach vorheriger Kontaktaufnahme an ein Referenzlabor für SARS-CoV-2 weitergeleitet werden; das Österreichische Referenzlabor ist das Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien.
1.1.4.2. Negative PCR Ergebnisse
Ein einmalig negatives PCR-Ergebnis schließt eine SARS-CoV-2-Infektion nicht zu 100% aus. Bei begründetem Verdacht auf SARS-CoV-2-Infektion und initial negativem PCR Ergebnis, sollte zwischen Kliniker und Labormediziner eine erneute Probenentnahme und -untersuchung abgesprochen werden. Diese Empfehlung wird durch Fallserien gestützt, wonach die PCR bei epidemiologisch, klinisch und CT-morphologisch definierten Verdachtsfällen initial negativ sein kann (Lancet. 2020 Feb 15;395(10223):514-523. doi: 10.1016/S0140-6736(20)30154-9. Radiology. 2020 Feb 12:200343. doi: 10.1148/radiol.2020200343.).
Falsch-negative Ergebnisse können insbesondere in der Präanalytik begründet sein und z.B. auf schlechter Probenqualität, langer Probenlagerung, unsachgemäßem Probentransport oder ungünstigem Zeitpunkt der Probenentnahme, bezogen auf den Krankheitsverlauf, beruhen. In der Analytik können Inhibition der PCR oder Mutation des Virus eine Rolle spielen (Clin Infect Dis. 2020 Mar 4. pii: ciaa203. doi: 10.1093/cid/ciaa203.). Ersteres kann durch Verwendung einer internen Kontrolle für Nukleinsäure-Extraktion und -Amplifikation erkannt werden.
1.2. Direkter Virusnachweis mittels Antigentest
Ein direkter Nachweis viraler Antigene setzt die Verfügbarkeit eines spezifischen Antikörpers im Testsystem voraus. Mehrere Hersteller arbeiten aktuell an der Entwicklung eines Antigentests, derzeit ist ein solcher nicht für diagnostische Anwendungen verfügbar.
1.3. Indirekter Virusnachweis mittels Antikörpertest
Mehrere Anbieter haben immunologische Tests zum serologischen Nachweis von Antikörpern gegen Coronavirus SARS-CoV-2 auf den Markt gebracht. Diese weisen im Blut von Patienten Antikörper nach, welche im Rahmen der Immunreaktion des Patienten gegen SARS-CoV-2 gebildet werden. Der zeitliche Verlauf bis zur Nachweisbarkeit von Antikörpern im Rahmen einer SARS-CoV-2 Infektion ist unterschiedlich und für viele Tests noch nicht abschließend untersucht. Im Allgemeinen wurde (mit großer individueller Schwankung) einer Serokonversion nach etwa 10 Tagen beschrieben.
Die verfügbaren Antikörpertests unterscheiden sich in wesentlichen Punkten:
- Antikörper-Klasse: Die meisten Testsysteme weisen entweder IgG und/oder IgM Antikörper oder IgG und/oder IgA Antikörper gegen SARS-CoV-2 nach. Die Kinetik der Antikörperklasse im Krankheitsverlauf ist eine unterschiedliche und wirkt sich je nach Zeitpunkt der Probenentnahme auch auf die klinische Sensitivität des Antikörpertests aus. Typischerweise treten IgM und IgA Antikörper rascher auf, während IgG Antikörper länger persistieren. Für SARS-CoV-2 wurde in einzelnen Arbeiten aber auch ein vergleichsweise frühes Auftreten von IgG Antikörpern beschrieben (Lancet. 2020 Mar 23; doi.org/10.1016/S1473-3099(20)30196-1.)
- Antikörper-Spezifität: Für den Antikörpertest werden virale Proteine verwendet, an welche die Antikörper des Patienten binden. Welche Proteine von SARS-CoV-2 genau als Antigen für den Antikörpernachweis genutzt werden, unterscheidet sich zwischen den Testsystemen und wird von einigen Herstellern gar nicht angegeben. Hieraus kann sich ein entscheidender Unterschied in der Spezifität des Tests ergeben, da eine Kreuzreaktivität gegenüber anderen Coronaviren grundsätzlich möglich ist. Neben den bekannten und seltenen Coronaviren SARS und MERS treten Infektionen mit anderen niedrig pathogenen humanen Coronaviren (HCoV-HKU1, HCoV-NL63, HCoV-OC43 und HCoV-229E) häufig auf. Wenn ein Antikörpertest eine Kreuzreaktivität gegenüber einem anderen Coronavirus aufweist und ein Patienten eine Infektion mit einem solchen durchgemacht hat, kann der serologische Test für SARS-CoV-2 falsch positiv sein. Für viele Antikörpertests ist die Kreuzreaktivität von Antikörpern gegen andere Coronaviren derzeit nur unzureichend charakterisiert, sodass die Spezifität nicht abschließend beurteilt werden kann.
- Art der Testdurchführung: Die Art der verfügbaren Tests ist deutlich unterschiedlich und reicht von klassischen ELISA-Tests, welche mit entsprechendem Equipment in medizinischen Laboratorien durchführbar sind und eine gleichzeitige Analyse mehrere Proben erlauben, bis zu "Schnelltests" welche eine Analyse einzelner Blutsproben ohne weiteres Equipment erlauben. Letzter sind oft immunchromatographische "lateral flow" Verfahren, in der Form ähnlich einem Schwangerschafts-Teststreifen für die Heimanwendung.
Derzeit sind viele am Markt befindliche Antikörpertests nur unzureichend klinisch validiert, sodass keine robusten Daten zur Sensitivität und Spezifität in einer bestimmten klinischen Situation vorhanden sind. Für die diagnostische Anwendung ist es entscheidend, dass diese Daten in einem für die klinische Fragestellung relevanten Kollektiv von Patienten bzw. gesunden Personen erhoben worden sind. So können Daten zur klinischen Sensitivität und Spezifität eines Tests, welche bei COVID-19 Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf erhoben wurden, nicht für die Fragestellung einer COVID-19 Diagnose bei Symptombeginn umgelegt werden.
1.3.1. Potentielle Anwendungen von Antikörpertests gegen SARS-CoV-2
Nach derzeitigem Kenntnisstand eignen sich serologische Tests zum Nachweis von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 vor allem für epidemiologische Analysen zu durchgemachten Infektionen in der Bevölkerung.
Ein falsch positives Ergebnis eines Antikörpertests (z.B. bei Kreuzreaktivität gegen andere Coronaviren) könnte dazu führen, dass die Prävalenz überschätzt wird.
In der Diagnostik einer SARS-CoV-2 Infektion bei einem individuellen Patienten ist der Antikörpernachweis dem direkten Virusnachweis mittels PCR unterlegen.
Diese gilt insbesondere für die Frühphase der Erkrankung. Ein falsch negatives Ergebnis eines Antikörpertests kann besonders in der Frühphase der Erkrankung dazu führen, dass die Möglichkeit einer SARS-CoV-2 Infektion bei einem Patienten fälschlicherweise ausgeschlossen wird. Dies wäre auch im Rahmen einer möglichen Stufendiagnostik (Antikörper-Schnelltest vor PCR) nicht vermeidbar, sodass eine solche derzeit nicht zur Diagnose einer SARS-CoV-2 Infektion empfohlen wird. In Folge eines falsch negativen Antikörper-Tests in der Frühphase der Infektion könnte durch eine falsche Sicherheit eine Ausbreitung begünstigt werden (wenn z.B. dadurch keine Quarantänemaßnahmen getroffen würden).
Ein weiteres Problem sind immunsupprimierte Personen, welche keine bzw. für eine für den serologischen Nachweis zu geringe Menge an Antikörpern bilden. Bei ihnen wird ein serologischer Test gegen SARS-CoV-2 grundsätzlich negativ ausfallen und ist daher zur Diagnostik gar nicht geeignet.
In der Spätphase der Erkrankung kann ein positiver Antikörpertest ergänzend zur PCR hingegen diagnostisch hilfreich sein; insbesondere, wenn im Verlauf der Erkrankung mehrere Blutproben im zeitlichen Abstand mit einer dokumentierten Serokonversion vorliegen.
Es wird derzeit angenommen, dass nach einer SARS-CoV-2 Infektionen ein immunologischer Schutz vor einer neuerlichen Infektion besteht (die Dauer der Immunität ist bislang jedoch unklar). Grundsätzlich ist ein Antikörpernachweis mit einem hinreichend spezifischen Test zum Nachweis einer durchgemachten Infektion geeignet. Derzeit gibt es jedoch noch zu wenig aussagekräftige Daten, welche Antikörper in welcher Höhe einen wirksamen immunologischen Schutz gegen eine neuerliche SARS-CoV-2 Infektionen reflektieren. Goldstandard zum Nachweis immunologisch aktiver Antiköper gegen SARS-CoV-2 ist ein Antikörper-Neutralisationstest. Ob und wie gut die mit einem bestimmten serologischen Test nachgewiesen Antikörper mit einem Virus-neutralisierenden Effekt korrelieren, ist für die meisten Tests noch ungenügend belegt.
Ein falsch positives Ergebnis eines Antikörpertests (z.B. bei Kreuzreaktivität gegen andere Coronaviren) kann dazu führen, dass man für eine Person fälschlicherweise eine Immunität gegen SARS-CoV-2 annimmt. Wenn für eine solche Person keine Schutzmaßnahmen gelten, besteht die Gefahr einer Infektion mit SARS-CoV-2 und in Folge einer Übertragung an Kontaktpersonen. Zusammenfassend sind nach derzeitigem Kenntnisstand serologische Tests alleine (ohne PCR) weder zum diagnostischen Nachweis noch zum Ausschluss einer akuten Infektion durch SARS-CoV-2 geeignet. Die ÖGLMKC empfiehlt daher nach derzeitiger Datenlage - außerhalb von epidemiologischen Studien - von einer unmittelbaren diagnostischen Verwendung serologischer Tests gegen SARS-CoV-2 Abstand zu nehmen, bis ausreichende Daten zur klinischen Validität des Tests für die jeweilige klinische Fragestellung vorliegen. Letztere sind gerade Gegenstand zahlreicher Studien, sodass bei Vorhandensein von spezifischeren Testsystemen eine zeitnahe Neubewertung der SARS-CoV-2 Serologie zu erwarten ist.
1.4. Begriffsdefinitionen für die Eigenschaften diagnostischer Tests
1.4.1. Analytische Sensitivität und Spezifität
Die analytische Sensitivität und Spezifität eines Testes beschreiben die Eignung eines Tests einen bestimmten Analyten (z.B. SARS-CoV-2 Nukleinsäuren) in einer Probe nachzuweisen. Diese Eigenschaften eines Labortests können durch eine reine technische Validation des Tests bestimmt werden.
Die Nachweisgrenze einer Methode beschreibt die niedrigste Konzentration des Analyten, die von dem Test verlässlich detektiert werden kann. Ein Test mit einer niedrigen Nachweisgrenze kann geringe Konzentrationen des Analyten nachweisen und hat eine hohe analytische Sensitivität.
Die analytische Spezifität eines Tests beschreibt die Fähigkeit des Tests nur den gesuchten Analyten zu erfassen und nicht durch andere Substanzen in der Probe (neben allgemeinen Störfaktoren beispielsweise auch andere Coronaviren) beeinflusst zu werden.
1.4.2. Falsch negative und falsch positive Ergebnisse
Unterschiede zwischen dem tatsächlichen Vorliegen einer Erkrankung und dem Ergebnis eines Labortests werden als falsch negative bzw. falsch positive Ergebnisse bezeichnet.
- Falsch negative Personen sind erkrankte Patienten, welche der Test fälschlicherweise als gesund einstuft.
- Falsch positive Personen sind eigentlich gesunde Personen, welche der Test fälschlicherweise als krank einstuft.
- Richtig negative Personen sind gesunde Personen, welche der Test korrekterweise als gesund einstuft.
- Richtig positive Personen sind erkrankte Patienten, welche der Test korrekterweise als krank einstuft.
1.4.3. Klinische Sensitivität und Spezifität
Die klinische Sensitivität und Spezifität eines Testes beschreiben die Eignung eines Labortests Erkrankte und Gesunde zu unterscheiden. Diese Eigenschaften eines Labortests können nur durch eine klinische Validation des Tests mit Patientenproben erhoben werden und sind nur für die klinische Situation gültig, für welche die verwendete Patientengruppe repräsentativ ist.
Die diagnostische Sensitivität beschreibt den Anteil der richtig positiven Testergebnisse bei Patienten mit einer Erkrankung und wird meist in % angeben. Ein Test hat eine hohe diagnostische Sensitivität, wenn wenige falsch negative Ergebnisse auftreten.
Die diagnostische Spezifität beschreibt den Anteil der richtig negativen Testergebnisse bei Gesunden und wird meist in % angeben. Ein Test hat eine hohe diagnostische Spezifität, wenn wenige falsch positive Ergebnisse auftreten.
1.4.4. Positiv und negativ prädiktiver Wert (Vorhersagewert)
Der Vorhersagewert eines Labortests ist neben seiner diagnostischen Sensitivität und Spezifität auch von der Häufigkeit bzw. Prävalenz der Erkrankung in der Bevölkerung abhängig. Daraus ergibt sich, dass sich der Vorhersagewert desselben Labortests ändert, wenn die Häufigkeit einer Erkrankung wie COVID-19 in der Bevölkerung wesentlich steigt.
Der positiv prädiktive Wert ist die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Erkrankung vorliegt, wenn der Labortest positiv (pathologisch) ausfällt. Je höher die klinische Spezifität eines Labortests ist und je häufiger einer Erkrankung auftritt, desto höher ist der positiv prädiktive Wert des Testes.
Der negativ prädiktive Wert ist die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Erkrankung ausgeschlossen werden kann, wenn der Labortest negativ (normal) ausfällt. Je höher die klinische Sensitivität eines Labortests ist und je seltener einer Erkrankung auftritt, desto höher ist der negativ prädiktive Wert des Testes.
2. Allgemeine Labordiagnostik bei COVID-19
2.1. Umgang mit Blutproben und sonstigen Körperflüssigkeiten von COVID-19 Patienten
Neben respiratorischen Sekreten wurde Coronavirus SARS-CoV-2 mittels PCR auch im Stuhl sowie in Einzelfällen in Urin, Blut/Plasma und Liquor nachgewiesen. Obwohl keine Ansteckung über diese Körperflüssigkeiten (Urin, Blut/Plasma und Liquor) dokumentiert ist, kann eine solche derzeit nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Die ÖGLMKC empfiehlt daher auf Basis der aktuellen Datenlage beim Arbeiten mit Blutproben von COVID-19 Patienten besonderes auf allgemeine Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu achten und eine unnötige Aerosolbildung beim Probenhandling zu vermeiden. Für Stuhlproben von COVID-19 Patienten wird die potentielle Infektionsgefahr derzeit höher eingeschätzt, sodass die ÖGLMKC empfiehlt, die Analyse von Stuhlproben von COVID-19 Patienten oder Verdachtsfällen auf ein absolut notwendiges Minimum zu reduzieren und zusätzliche Schutzmaßnahmen zur Minimierung des Risikos einer potentiellen Infektion zu ergreifen. Im Zuge einer Laboranforderung ist dem Labor vom Einsender grundsätzlich mitzuteilen, dass es sich bei der Einsendung um Proben eines COVID-19 Patienten bzw. eines COVID-19 Verdachtsfalls handelt.
2.2. Wertigkeit von Laborparametern bei COVID-19
Zu ersten Patienten der COVID-19 Epidemie in China wurden mittlerweile klinische und laborchemische Daten veröffentlicht. Dabei zeigte sich, dass einige Laborwerte bei COVID-19 häufig verändert sind (siehe Zusammenfassung in Lippi G, Plebani M. Clin Chim Acta. 2020 Mar 4. doi.org/10.1016/j.cca.2020.03.004). Insbesondere wurde eine Lymphopenie in den meisten Arbeiten als typisch beschrieben. Keiner der Routinelabortests ist jedoch spezifisch für COVID-19. Routinelaborverfahren können daher den spezifischen Virusnachweis mittels PCR nicht ersetzen.
Innerhalb der Gruppe von COVID-19 Patienten wurde neben klinischen Risikomerkmalen wie Alter und Vorerkrankungen auch für mehrere Laborwerte eine Assoziation mit schwerem Verlauf und schlechter Prognose beschrieben: u.a. Lymphopenie, Leukozytose, Erhöhungen von D-Dimer, Troponin, Creatinkinase, Ferritin, Interleukin-6, Procalcitonin, Lactatdehydrogenase, Kreatinin und Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT) (Zhou F et al. Lancet. 2020 Mar 9. doi.org/10.1016/S0140-6736(20)30566-3). Insbesondere sind hierbei die Assoziation von Troponin mit virus-induzierter Herzmuskelschädigung, die Assoziation von Procalcitonin mit Sekundärinfektionen und die prognostische Relevanz von D-Dimer in einer multivariaten Analyse zu erwähnen. Inwieweit die Daten und Erfahrungen aus China auf die Situation in Österreich direkt umlegbar sind, ist jedoch nicht abschließend geklärt.
Die ÖGLMKC empfiehlt unter Beachtung der bisherigen Publikationen eine strukturierte Erhebung und Auswertung von Labordaten Österreichischer COVID-19 Fälle, um die Erfahrungen der unterschiedlichen Gesundheitseinrichtungen zu bündeln und die prognostische Bedeutung von Biomarkern zu validieren.
3. Weiterführende Literatur
- Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentschutz
- Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)
- Robert Koch Institut (RKI)
- World Health Organization (WHO)
4. Kontaktdaten von Laboratorien zum Nachweis von SARS-CoV-2 in Österreich
Siehe Homepage der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)
Hinweis für Laboratorien: Sollten Sie einen SARS-CoV-2 Test etabliert haben und noch nicht gelistet sein, bitten wir Sie, Kontakt mit der Geschäftsstelle der AGES aufzunehmen.