Bei Schäden durch Strahlung wird unterschieden zwischen somatischen Schäden, die beim bestrahlten Organismus selbst vorkommen, genetischen Schäden, die erst bei den Nachkommen auftreten und Schäden, die Fehlbildungen beim Embryo oder Fötus verursachen. Die neue Ausstellung im Narrenturm konzentriert sich auf radioaktive Strahlung und Röntgenstrahlung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den medizinischen Aspekten, neben den möglichen Schädigungen soll auch der Nutzen in Diagnostik und Behandlung gezeigt werden. Zu sehen sind in den drei Ausstellungsräumen historische Abrisse, Moulagen von durch Strahlen geschädigten Körperstellen sowie Organpräparate.
Als 1898 Marie und Pierre Curie den Begriff Radioaktivität prägten, war noch nicht absehbar, welche Folgen diese Entdeckung für die Menschheit haben wird. Antoine Becquerel entdeckte einige Jahre zuvor, dass Uran in der Lage ist, fotografische Platten zu „belichten“, ohne dass diese Platten der Sonne ausgesetzt wurden. Dieses Phänomen wurde von Marie Curie aufgegriffen und weiter untersucht. Dabei entdeckte sie weitere „strahlende“ Elemente: Polonium, benannt nach ihrer Heimat Polen, und Radium, das „Strahlende“. Die Gefahren der Radioaktivität waren Anfang des 20. Jhdt. noch unbekannt, so verstarb Curie letztendlich daran.
Trotz möglicher Gefahren wurde nach möglichem Nutzen geforscht. Die Langzeitfolgen und Probleme von Kernkraftwerksunfällen für Menschen haben sich erst später gezeigt, wie etwa bei den Unfällen in Tschernobyl oder Fukushima. Atomkraft als Waffe zu verwenden, wurde bereits kurz nach Entdeckung der Radioaktivität in Betracht gezogen. Der Einsatz einer solchen Bombe wie in Hiroshima und Nagasaki zeigt die gesundheitsschädigenden Auswirkungen, die bis heute nachhallen, sehr deutlich.
Röntgenstrahlen, entdeckt von Wilhelm Conrad Röntgen, sind ein wichtiges, nichtinvasives Instrument, um einen Blick in das Innere des menschlichen Körpers zu werfen. Da unterschiedliche Gewebe die Röntgenstrahlen verschieden absorbieren, ergeben sich zweidimensionale Abbildungen von Knochen oder inneren Organen. Die Technologie wurde seit der Entdeckung weiterentwickelt, mittlerweile sind auch schichtweise Ausnahmen möglich, die eine dreidimensionale Abbildung ergeben. Allerdings führt auch eine übermäßige Belastung mit Röntgenstrahlen zu Schäden im menschlichen Körper. In den Anfangsjahren war dies noch nicht bekannt, so wurden Röntgenapparate nicht nur zu medizinischen Untersuchungen, sondern auch von Schaustellern oder sogar in Schuhgeschäften verwendet. Mittlerweile sind Grenzwerte definiert, um Folgeschäden durch Röntgenaufnahmen zu minimieren. Auch in der Strahlentherapie, die vor allem Krebserkrankungen betrifft, wurden Richtlinien erstellt, um Nebenwirkungen auszuschließen beziehungsweise zu minimieren.
Zusammenfassend lädt NHM-Generaldirektorin Dr. Katrin Vohland ein, „diese Ausstellung im Narrenturm zu nutzen, um sowohl etwas über Medizingeschichte mit den positiven und negativen Auswirkungen von Röntgenstrahlen und radioaktiver Strahlung zu erfahren, als auch über die Verantwortung der Wissenschaft im Allgemeinen und uns als Naturhistorisches Museum im Besonderen angesichts von nuklearen Bedrohungen aufgrund von militärischen Aktionen oder auch nur Unfällen zu reflektieren."
Sonderausstellung „Strahlenschäden“ im Narrenturm, Spitalgasse 2, 1090 Wien.
Laufzeit: 24. Mai 2023 bis 20. April 2024