Die Wirtschaft von nicht nachwachsenden Rohstoffen auf nachwachsende umzustellen ist eine der wirkungsvollsten Maßnahmen gegen den Klimawandel. Die Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) gibt bei der Entwicklung innovativer Lösungsansätze international den Ton an. Um die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen, braucht es Wissenschaft und Forschung. Seit die Europäische Kommission in Brüssel 2005 die „wissensbasierte Bioökonomie“ - die Wissenschaft, die den Weg zu einer biobasierten Wirtschaft und Gesellschaft ermöglicht - aus der Taufe gehoben hat, ist viel passiert: Europaweit forschen Universitäten an unterschiedlichen Bereichen der Bioökonomie. „Die BOKU nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein“, betont Rektor Hubert Hasenauer nicht ohne Stolz. „Wir haben international das Alleinstellungsmerkmal, alle Forschungsebenen abzudecken: Mehr als 80 Prozent unserer Institute forschen an biogener Rohstofferzeugung, bioökonomischen Verarbeitungsprozessen oder an umweltwissenschaftlichen bzw. sozialwissenschaftlichen Aspekten“, so Hasenauer.
Zentrum für Bioökonomie an der BOKU
Damit diese umfassende Forschung universitätsintern koordiniert abläuft, wurde 2019 das Zentrum für Bioökonomie geschaffen, das die Kommunikation, Kollaboration, Kooperation und Koordination aller bioökonomie-relevanten Aktivitäten an der BOKU verstärkt. „Nach intensiver Forschungstätigkeit haben wir in der Zwischenzeit schon viele innovative Lösungsansätze entwickelt“, so Rektor Hasenauer. Die BOKU war auch federführend an der Entwicklung der Österreichischen Bioökonomiestrategie beteiligt, die das Bundesministerium für Nachhaltigkeit 2018 in Auftrag gab.
Am 10. September wird diese Bioökonomiestrategie beim Waldgipfel zum Thema „Bioökonomie.Klimawandel.Wald“ im Universitäts- und Forschungszentrum Tulln (UFT) als Beitrag zum Klimaschutz vorgestellt. „Die Bioökonomie bietet durch die Nutzung regionaler, nachhaltig nachwachsender Rohstoffe eine Vielzahl neuer Chancen für einen klimafreundlichen Wirtschafts- und Produktionsstandort Österreich“, so Nachhaltigkeitsministerin Maria Patek.
Machbarkeit am Prüfstand
Martin Greimel ist Leiter des Zentrums für Bioökonomie. Bei ihm laufen alle Stränge der Forschungsaktivitäten an der BOKU zusammen: „Wir befinden uns derzeit in einem Stadium, in dem es sowohl bei der biogenen Rohstofferzeugung als auch bei den biogenen Verarbeitungsprozessen schon gute Lösungsansätze gibt. Wir können einen Großteil der mit Erdöl erzeugten Produkte bereits durch solche aus nachwachsender Biomasse ersetzen.“
Aber nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch wirtschaftlich bzw. umweltwissenschaftlich sinnvoll - so auch in der Bioökonomie. An der BOKU wird daher auch die dazugehörige Ökobilanz untersucht. „Wenn wir in Österreich alles auf nachwachsende Rohstoffe umstellen würden, bräuchten wir 50 Prozent mehr an Anbaufläche“, so Greimel, „daher spielen in der Bioökonomie auch sozialwissenschaftliche Aspekte wie Konsumverhalten oder Politikberatung eine wesentliche Rolle.“ In diesem umwelt-und sozialwissenschaftlichen Bereich besteht daher noch erhöhter Forschungsbedarf.
Wenn es gilt, das vorhandene Know-how im „echten“ Leben umzusetzen, muss sich so einiges bewegen: „Die Gesellschaft muss es von der Politik einfordern und die Wirtschaft mitmachen - dafür verlangt sie langfristig politische Sicherheiten“, fasst Greimel zusammen. Fridays for bioeconomy wären willkommen!