„Durch neu erworbenes Wissen über molekulare Signalwege zwischen Tumorzellen und ihrer Umgebung sowie durch große Forschungs-Fortschritte auf dem Gebiet der Tumor-Immunologie stehen den Patientinnen und Patienten nun Krebs-Therapien zur Verfügung, die vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar gewesen wären. Von einem Paradigmenwechsel zu sprechen, ist also mehr als gerechtfertigt,“ so Prof. Dr. Hildegard Greinix, Leiterin der Abteilung Hämatologie an der Medizinischen Universität Graz und Präsidentin der diesjährigen Jahrestagung der deutschen, österreichischen und schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie.
CAR-T-Zellen-Therapie: Gezielte immunologische Elimination von Krebszellen
Für die CAR-T-Zellen-Therapie (CAR = Chimärer Antigen Rezeptor) werden die körpereigenen T-Zellen, die „Wachhunde“ und der zentrale Dreh- und Angelpunkt des Immunsystems, im Labor dahingehend manipuliert, dass sie bestimmte Tumorzellen gezielt erkennen und angreifen. Bisher kommt diese Therapie in erster Linie bei Leukämie- und Lymphompatienten zum Einsatz, die bereits viele Chemotherapien hinter sich haben. 60-90 % der Leukämiepatienten und 40-60% der Lymphompatienten sprechen auf diese Therapie an. „Allgemein sind 50-60 % der mit der CAR-T-Zellen-Therapie behandelten Leukämie-Patientinnen und Patienten nach einem längeren Zeitraum krebsfrei – das ist ein phänomenal gutes Ergebnis. Vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass diese Patienten keine einzige andere Behandlungsoption mehr hatten und bis dahin faktisch als unheilbar galten,“ betont Greinix.
Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren
War die Forschung lange Zeit davon ausgegangen, dass Tumorzellen vom Immunsystem nicht erkannt und folglich nicht bekämpft werden, hat man nun festgestellt, dass im Tumorgewebe sehr wohl T-Zellen vorhanden sind – diese durch den Krebs aber „abgeschaltet“ werden und ihre Funktion, das Immunsystem zu aktivieren, dadurch nicht mehr ausüben können. Wirksam gegen dieses Phänomen sind die Immun-Checkpoint-Inhibitoren: Diese im Labor angefertigten Antikörper besetzen die Rezeptoren, die Schaltstellen der T-Zellen, bevor der Krebs dies tun kann und verhindern so die „Abschaltung“ des Immunsystems. „20-30 % der Patienten sprechen langfristig auf diese innovative Therapieform an. Derzeit verfügen wir aber leider noch über keine verlässlichen Biomarker, die anzeigen, bei welchen Patienten ein Ansprechen zu erwarten ist oder bei welchen Patienten beispielsweise mit dem Auftreten von ernsten Nebenwirkungen zu rechnen ist,“ erläutert Greinix.
Forschungsaktivitäten in Österreich
Die Klinische Abteilung für Hämatologie des Universitätsklinikums Graz beteiligt sich an zahlreichen klinischen Studien zur Immuntherapie und wird in Kürze eine weitere Studie beginnen, in der CAR-T-Zellen nicht erst nach Ausschöpfen der traditionellen Behandlungsmethoden, sondern in einem früheren Krebsstadium bei Lymphompatienten eingesetzt werden sollen. Allgemein sei Österreich international federführend was Forschung und klinische Versorgung im Bereich der Hämatologie und Onkologie anbelangt, betont Greinix: „Die österreichischen Kliniken und Krebs-Zentren sind international vernetzt, sodass wir in der Lage sind, unseren Patientinnen und Patienten die weltweit innovativsten und effektivsten Diagnostik- und Therapieverfahren anzubieten.“