Die Stadt Wien hat als Gesundheitsmetropole eine große Tradition und eine große Zukunft. Um diese Entwicklung weiter voranzutreiben braucht es für die Medizin der Zukunft mit ihrem wichtigsten Trend „Präzisionsmedizin“ drei Bedingungen: exzellente Grundlagenforschung, großartige Wissenschafter*innen und herausragende Forschungsinstitutionen und Kliniken. Mit dem WWTF-Life Sciences Call 2020 zum Thema Präzisionsmedizin treffen diese drei Bausteine eindrucksvoll aufeinander.
In Zeiten von COVID-19 werden ganz viele Kräfte und Aufmerksamkeit auf die Bekämpfung der Pandemie gerichtet. Dennoch ist es besonders wichtig, auch weiterhin alle anderen Krankheiten stark im Blick zu behalten: Wien tut alles für die Bekämpfung der Pandemie und bemüht sich gleichzeitig darum, für alle Krankheiten ein hochwertiges Therapieangebot zur Verfügung zu haben. Dazu braucht es Forschung, wie Bürgermeister Dr. Michael Ludwig unterstreicht: „Wien arbeitet jeden Tag mit ganzer Kraft an der Bekämpfung der COVID-19 Pandemie. Zugleich kümmern wir uns als Gesundheitsmetropole im Sinn einer umfassenden Versorgung um alle Krankheiten und unterstützen daher die wichtigen Förderaktivitäten des WWTF zur Präzisionsmedizin.“
Hintergrund
Der WWTF fördert mit dem Schwerpunkt „Life Sciences“ seit 2003 regelmäßig Projekte aus dem Bereich der medizinischen Forschung. Seit 2016 legt der WWTF einen Fokus auf „Präzisionsmedizin“ als eines der wichtigen medizinischen Zukunftsthemen. Insgesamt hat der WWTF bereits 12 Projekte mit einem Fördervolumen von 10,75 Millionen € unterstützt. Diese Initiative steht auch im Zusammenhang mit den Anstrengungen wichtiger Wiener Forschungseinrichtungen, Infrastruktur für Präzisionsmedizin zu schaffen. So wird an der Medizinischen Universität Wien dafür in den nächsten Jahren ein großes Forschungsgebäude errichtet, wie MedUni Wien-Rektor Univ. Prof. Markus Müller erläutert:
„Präzisionsmedizin ist der wichtigste Trend der Medizin des 21. Jahrhunderts. Um dieser Entwicklung an unserem Medizinstandort gerecht zu werden, werden in den nächsten Jahren große Investitionen in Gebäude und Infrastruktur getätigt. Neben diesem Ausbau der Infrastruktur ist eine international wettbewerbsfähige, exzellente Finanzierung von Forschungsprojekten entscheidend. Der WWTF spielt hier für die Umsetzung zahlreicher, großer Projekte eine herausragende Rolle."
Präzisionsmedizin - Was ist das?
In der Präzisionsmedizin wird ein Ansatz zur Prävention und Behandlung von Krankheiten gewählt, der Unterschiede des individuellen Erbguts, des Umfelds und der Lebensweise jeder*s Patient*in in die klinische Bewertung miteinbezieht. Durch diesen zielgerichteten Ansatz können genauere Vorhersagen bzgl. Behandlungs- und / oder Präventionsstrategien für spezifische / die richtige / geeignete Gruppe von Patient*innen getroffen werden. Dafür braucht es die Zusammenarbeit von Grundlagenforschung, Genetik, Klinik und Informatik. Die Präzisionsmedizin zielt darauf ab, Behandlungsschemata weg von „durchschnittlichen Patient*innen“ hin zum Individuum voranzutreiben. Präzisionsmedizin kann längerfristig Behandlungsstrategien liefern, die nicht nur effektiver sind, sondern auch die oftmals auftretenden Nebenwirkungen herkömmlicher Behandlungen reduzieren helfen.
Großes Interesse der Community, Vergabe von 6,07 Millionen Euro
Das Interesse der „wissenschaftlichen Community“ war groß: Insgesamt sind 82 Kurzanträge beim WWTF eingelangt, 24 davon gingen in die Vollantragsphase. Der jetzige WWTF-Präsident und ehemalige Bürgermeister, Dr. Michael Häupl, unterstreicht die Dynamik in diesem Feld: „Warum Wissenschaft so wichtig ist, hat Corona gezeigt. Mit der Präzisionsmedizin unterstützt der WWTF das Zusammenwirken von Grundlagenforschung, Genanalysen, Rechenmodellen und klinischen Versuchen. Damit helfen wir, eine Community zu schaffen, die durch Forschung schwere Krankheiten zielgerichtet bekämpfen kann.“
Eine internationale siebenköpfige Jury unter dem Vorsitz von Martina Muckenthaler (Universitätsklinikum Heidelberg, Deutschland) hat auf Basis einer weltweiten Fachbegutachtung insgesamt sieben Projekte mit einer Gesamtsumme von 6,07 Millionen € zur Förderung empfohlen. Die geförderten Projekte beschäftigen sich mit den unterschiedlichsten Gebieten der medizinischen Forschung und reichen vom besseren Verständnis einzelner Krebsarten, über die Anwendung neuer Medikamente bis hin zum Einsatz und der Kombination neuer technologischer Verfahren. Die Qualität der Projekte kann sich sehen lassen, so WWTF-Geschäftsführer Dr. Michael Stampfer: „Unsere internationale Fachjury und die Gutachter*innen sagen uns: ‚Ihr habt viele Weltklasse-Forschungsgruppen in Wien, die wichtige Beiträge für die Medizin der Zukunft leisten können.‘ Dies zu unterstützen ist dem WWTF eine wichtige Aufgabe.“ Jedes Projekt erhält knapp 900.000 € Förderung; die Projektlaufzeiten variieren zwischen drei und vier Jahren.
Die Projekte des WWTF-Life Sciences Call 2020 im Detail
Sechs Forschungsteams der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien) und eine Gruppe an der St. Anna Kinderkrebsforschung (St. Anna Children's Cancer Research Institute, CCRI) wurden prämiert.
Drei Projekte zielen darauf ab, die Behandlung von Kindern – von Frühgeborenen bis hin zu Jugendlichen – zu verbessern.
- Beim Ewing-Sarkom, einem Knochenkrebs, der vor allem bei Jugendlichen auftritt, entwickelt und validiert Eleni Tomazou (CCRI) mit ihren Kolleg*innen eine minimalinvasive Flüssig-Biopsie um Hochrisikopatient*innen identifizieren zu können.
- Lukas Wisgrill (MedUni Wien) untersucht mit seinem Team die einzigartigen Nasen-Mikrobiome von Früh- und Reifgeborenen und deren Einfluss auf die Virus-Infektionen der Atemwege um unbekannte Interaktionen von Virus-Mikrobiom-Wirt zu analysieren.
- Mit einem Fokus auf Frühgeborene soll die Forschung von Monika Resch (MedUni Wien) und ihrem Team eine genauere Diagnose von intraventrikulären Hirnblutungen ermöglichen, um den Weg für bessere klinische Eingriffe zu ebnen.
Zwei Projekte beschäftigen sich mit Krebs bei erwachsenen Patient*innen.
- Adelheid Woehrer (MedUni Wien) untersucht mit ihren Kolleg*innen, wie sterbende Zellen im Gehirn zu Tumorprogression beitragen können.
- Georg Langs (MedUni Wien) und sein Team verwenden sowohl molekulare Analysen als auch Bildgebung, um eine Untergruppe von Brustkrebs-Patientinnen zu identifizieren, die auf eine kurative Operation verzichten können.
Nierenerkrankungen werden in den letzten beiden geförderten Projekten genauer beleuchtet.
- Das Projekt von Manfred Hecking (MedUni Wien) und Kolleg*innen zielt darauf ab, eine automatisierte Therapie bei Hämodialyse zu entwickeln.
- Für Patient*innen, die auf eine Nierentransplantation warten, soll die Forschung von Rainer Oberbauer (MedUni Wien) und Team eine individualisierte Risikoabschätzung auf Basis seltener genetischer Varianten ermöglichen.
Präzisionsmedizin – Die Rolle des WWTF für die Wiener Forschungslandschaft
Das Potential der Präzisionsmedizin für die Behandlung und die Förderung der Lebensqualität von Patient*innen wurde erkannt und diese ist mittlerweile im klinischen Alltag in Wien angekommen. Seit einigen Jahren entsteht in Wien eine „wissenschaftliche Community“ mit stark interdisziplinärem Charakter, die sich hinsichtlich der wissenschaftlichen Qualität und der Relevanz der Forschung mit den Besten der Welt messen lassen kann. Dabei treibt der WWTF aktiv in seiner Rolle als Förderer den Aufbau der Community voran. Mehrere Projekte aus dem Call 2016 haben in hochrangigen Fachjournalen publiziert, neue Diagnoseplattformen und Therapieansätze werden klinisch erprobt. Ein Spin-off – Allcyte - mit einem neuen Diagnoseansatz ist aus einem Projekt entstanden; dieses Unternehmen wächst bereits rasch mit umfangreicher privater Finanzierung. (Schluss)