Dass man Pflanzen in der Landwirtschaft düngen muss, ist jedem klar. Die Nährstoffe, die man mit der Ernte entnimmt, muss man zurückführen, sonst werden die Pflanzen nach ein paar Jahren nur mehr reduziert wachsen und der Ertrag wird sinken. Im Idealfall sind alle Nährstoffe für das Wachstum gleichermaßen vorhanden – fehlt einer, dann spricht man von einer Limitierung durch einen bestimmten Nährstoff, etwa Stickstoff oder Phosphor. Düngt man mit diesem Nährstoff, steigt auch der Ertrag.
In der Ökologie ist das Konzept eines limitierenden Nährstoffs ebenfalls weit verbreitet. Vielfach spricht man von limitierten Ökosystemen: zum Beispiel von Phosphor-limitierten tropischen Regenwäldern oder von Stickstoff-limitierten borealen Nadelwäldern. Getestet wird die Limitierung eines Ökosystems durch Düngungsexperimente: Steigt die Pflanzenbiomasse nach Düngung mit einem Nährstoff, dann war das Ökosystem durch den Nährstoff limitiert. "Wir haben uns in dieser Studie aber die Frage gestellt, ob das auch für Mikroorganismen in den Böden zutrifft", sagt Andreas Richter, Ökologe am Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien, "oder ob es möglich ist, dass im selben Ökosystem Pflanzen und Mikroorganismen durch unterschiedliche Nährstoffe in ihrem Wachstum limitiert sind".
In der aktuellen Studie legt Petr Capek vom Pacific Northwest National Laboratory (USA) als Hauptautor ein neues Konzept zum besseren Verständnis von Düngung vor. "Pflanzen und Mikroorganismen haben eine sehr unterschiedliche Elementzusammensetzung ihrer Biomasse", erklärt Capek, „und daher auch einen sehr unterschiedlichen Bedarf an Nährstoffen". Würden Pflanzen und Mikroorganismen denselben Nährstoffbedarf haben, wären sie durch dieselben Nährstoffe limitiert. Und das würde bedeuten, dass sie um Nährstoffe konkurrieren würden, was die Produktivität der Pflanzen einschränken würde.
Pflanzen haben einen relativ höheren Bedarf an Stickstoff als Mikroorganismen, die wiederum einen relativ höheren Bedarf an Phosphor als Pflanzen haben. Auf diese Weise werden sie selten durch den gleichen Nährstoff begrenzt, was beiden zugutekommt und es ihnen erlaubt zu kooperieren. "Je nachdem, welcher Organismus durch Stickstoff oder Phosphor limitiert ist und wieviel dieser Nährstoffe in einem System verfügbar ist, entscheidet es sich, ob Pflanzen und Mikroorganismen kooperieren oder konkurrieren", erklärt Richter.
Wenn Düngung eher Bodenmikroorganismen fördert, können zwei Szenarien abhängig von der Art der Pflanze-Mikroben-Interaktion eintreten: Mikroorganismen konkurrieren entweder mit Pflanzen, indem sie wachsen und die für Pflanzen limitierenden Ressourcen auch verstärkt benötigen, was in Folge zu einem verringerten Pflanzenwachstum führt. Oder sie kooperieren mit Pflanzen, etwa durch Mycorrhiza, eine Interaktion von Wurzeln und Pilzen. Dies kann ein verstärktes Pflanzenwachstum bewirken.
Jörg Schnecker, PostDoc am Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung ergänzt: "Damit konnten wir vorhersagen, wann eine Düngung mit Stickstoff oder Phosphor das Pflanzenwachstum verringern oder vergrößern würde und damit zur Lösung eines Problems beitragen, das Ökologen schon lange beschäftigt".
Publikation in "Nature Ecology & Evolution"
Čapek, P., Manzoni, S., Kaštovská, E., Wild, B., Diáková, K., Bárta, J., Schnecker, J., Biasi, C., Martikainen, P., Alves, R., Guggenberger, G., Gentsch, N., Hugelius, G., Palmtag, J., Mikutta, R., Shibistova, O., Urich, T., Schleper, C., Richter, A., Šantrůčková, H. (2018) A plant-microbe interaction framework explaining nutrient effects on primary production. In: Nature Ecology & Evolution
Doi: 10.1038/s41559-018-0662-8