Pharmig: 5 Fakten zum Medikamenten-Bewertungsboard

Blick auf Gesetzesentwurf zeigt, warum umfassende Kritik am Bewertungsboard und die Befürchtung, dass damit die Versorgung verschlechtert wird, berechtigt sind

Aus vielen Richtungen wird harte Kritik am Medikamenten-Bewertungsboard geübt, das Bundesminister Rauch zur Bewertung neuer und bestehender Therapien vorrangig im Krankenhaussektor einführen möchte. Damit soll ein österreichweit einheitlicher Zugang zu diesen Therapien ermöglicht werden, und zwar unabhängig vom Bundesland. Eine genauere Betrachtung des Gesetzesentwurfes macht zumindest in fünf Punkten klar, warum die Sorge um einen raschen Patientenzugang zu Therapien im Spitalsbereich berechtigt ist:

1. Die krankheitsspezifisch-fachmedizinische Expertise fehlt

Fakt ist, dass gemäß Gesetzesvorschlag „fachkundige Vertreter:innen“ in das Board zu entsenden sind. Von den insgesamt 25 Mitgliedern des Boards sind allerdings lediglich drei Wissenschafter:innen aus pharmakologischen und/oder medizinischen Fachrichtungen vorgesehen. Das obligatorische Fachwissen besteht folglich bei der Mehrheit der Boardmitglieder nicht hinsichtlich der zu bewertenden Therapie bzw. der damit zusammenhängenden Indikation, sondern bezogen auf die Institutionen, die sie vertreten. Dies sind: Gesundheitsministerium, BASG, GÖG, Länder, Sozialversicherungen und Patientenanwaltschaft (siehe § 62f).

2. Die Stimme der Patient:innen fehlt

Fakt ist, dass ein einziges Mitglied der Patientenanwaltschaft bei der Besetzung des Boards vorgesehen ist, und zwar ohne Stimmrecht (siehe § 62f). Dies und der Umstand, dass andere Patientenorganisationen überhaupt ausgespart bleiben, lässt die Patient:innensicht im Board vollkommen unbeachtet. Wiewohl von den Entscheidungen dieses Gremiums unmittelbar betroffen, haben Patientenvertreter:innen keine Möglichkeit, selbst die Bedürfnisse der Betroffenen zu artikulieren.

3. Die Verfügbarkeit von (lebenswichtigen) Therapien wird verzögert

Fakt ist, dass das Board bis zu fünf Monate Zeit hat, um zu einer Entscheidung zu gelangen - mit der Möglichkeit der Ausdehnung dieser Beratungszeit (siehe § 62e). Erst nach einer Entscheidung können – so der Verwendung einer Therapie grundsätzlich stattgegeben wird – Preisverhandlungen mit dem jeweiligen pharmazeutischen Unternehmen erfolgen. Zeitliche Vorgaben, bis wann diese Verhandlungen abgeschlossen sein müssen, gibt es keine (siehe § 62g). Daraus folgt, dass Patientinnen und Patienten fünf zusätzliche Monate oder sogar noch länger auf ihre Behandlung warten müssen. Und das in Indikationen, wo mitunter jeder einzelne Behandlungstag zählt.

4. Der Preis einer Therapie steht bei der Bewertung im Vordergrund, nicht ihr medizinisch-wissenschaftlicher Nutzen

Fakt ist, dass laut Gesetzesentwurf ein allfälliger medizinisch-therapeutischer Zusatznutzen in Zusammenschau mit der Wirtschaftlichkeit zu beurteilen ist (siehe § 62e). Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit ist damit im Gesetz explizit angeführt.

Weiters gibt das Gesetz vor, dass eine Entscheidung des Boards jedenfalls die Mehrheit der Vertreter:innen sowohl der Sozialversicherung als auch der Länder erfordert (siehe § 62e). Dies legt den Schluss nahe, dass damit wohl stärker auf die Preis- als auf die medizinische Komponente fokussiert wird, wenn über die Verwendung einer Therapie im Krankenhaussektor entschieden wird.

Nicht zuletzt ist die Fachexpertise in jener Indikation, für die die zu bewertende Therapie angewendet werden soll, im Board unterrepräsentiert. Die Boardmitglieder vertreten mehrheitlich patientenferne und fachfremde Organisationen (siehe § 62f).

5. Die bundesweit einheitliche Finanzierung derartiger Therapien fehlt

Fakt ist, dass das Gesetz keinerlei Vorgaben enthält, dass die in den Spitälern anwendbaren Therapien auch einheitlich finanziert werden. Eine Möglichkeit dafür wäre der sogenannte „Innovationstopf“, der ursprünglich im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen vielfach gefordert wurde. Allerdings fehlt nun diese so wichtige, gesicherte und einheitliche Finanzierung.

Will man eine bundesweit einheitliche Behandlung ermöglichen, kann dies letztlich nur auf Basis einer einheitlichen Finanzierung der Therapien möglich gemacht werden.

Quelle:

Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Primärversorgungsgesetz, das Ärztegesetz 1998, das Zahnärztegesetz, das Gesundheitstelematikgesetz, das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen, das Apothekengesetz, das Suchtmittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Gesundheitsqualitätsgesetz und das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert werden (Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2024 - VUG 2024),
https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/I/2310

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