ÖSG: Schmerz ist nicht gleich Schmerz

Die Österreichische Schmerzgesellschaft fokussiert auf Gender Pain in den Schmerzwochen 2024

Bereits zum 23. Mal informiert die Österreichische Schmerzgesellschaft (ÖSG) im Rahmen ihrer Pressekonferenz zum Auftakt der „Schmerzwochen“ über die Möglichkeiten und Entwicklungen der modernen Schmerzmedizin in Österreich. Die aktuelle Schmerzwoche rückt „Gender Pain“ und die geschlechterspezifischen Unterschiede bei der Wahrnehmung, Entstehung und Behandlung von Schmerzen in den Mittelpunkt.

Appell an die Politik: Österreichische Schmerzgesellschaft fordert Rechtsanspruch auf ärztliche Zweitmeinung

„Chronische Schmerzen sind nicht nur eine große Belastung für die Betroffenen, sie verursachen auch enorme Kosten. Rund 1,8 Millionen Menschen leiden in Österreich an chronischen Schmerzen. Das verursacht hochgerechnet in Folge jährlich insgesamt bis zu 8 Milliarden Euro an direkten wie indirekten Kosten“, so ÖSG-Präsident Ao. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Eisner, der unter anderem auch aus diesem Grund an die Politik für einen gesetzlichen Anspruch auf eine medizinische Zweitmeinung appelliert. Mehr Patientensicherheit, weniger medizinische Fehleinschätzungen oder unnötige Eingriffe: Im Zweifelsfall wäre eine zweite ärztliche Meinung oft ein Gewinn.

Erfreut ist Eisner aktuell über einen Meilenstein der Schmerztherapie in Österreich, denn bis zum Sommer 2024 wird die integrative Schmerztherapie im österreichischen Strukturplan für Gesundheit (ÖSG) verankert, so ist auch die Basis für die Strukturpläne der einzelnen Bundesländer (RSGs) gelegt. „Das Ziel ist, dass es für jedes Bundesland mindestens ein Schmerzzentrum geben wird“, so der direkte Appell des ÖSG-Präsidenten an die Politik.

Frauen leiden unter intensiveren und länger andauernden Schmerzen als Männer

Wie jedes Jahr setzt die Informationsinitiative der ÖSG einen thematischen Schwerpunkt im Einklang mit der internationalen Kampagne der International Association for the Study of Pain (IASP) und der Europäischen Schmerzföderation (EFIC). 2024 ist das Thema „Sex and Gender Disparities in Pain“. Aus gutem Grund: Denn Frauen leiden generell öfter unter Schmerzen und Schmerzerkrankungen. Chronische Schmerzen treten bei ihnen schätzungsweise sechsmal so häufig wie bei Männern auf. Sie haben intensivere und länger andauernde Schmerzen und mehr von Schmerzen betroffene Körperstellen. Im Durchschnitt weisen sie eine schlechtere endogene Schmerzhemmung auf und es gibt Hinweise, dass die Schmerzverarbeitung im zentralen und peripheren Nervensystem bei Frauen deutlich sensibler ist. Verstärkt werden die Schmerzen bei Frauen auch dadurch, dass sie häufiger unter depressiven Symptomen leiden. „Für die Schmerztherapie ist wichtig, dass einige Schmerzmittel nachweislich geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wirkung und sogar gegensätzliche Effekte haben. Die Nebenwirkungsmeldungen von Medikamenten sind bei Frauen fast doppelt so hoch wie bei Männern. Bei acht von zehn Arzneimitteln, die aufgrund von toxischen schweren Nebenwirkungen aus dem Handel genommen wurden, sind diese bei Frauen aufgetreten. Dafür wollen wir sensibilisieren. Die Schmerztherapie muss sich noch viel deutlicher weg von einer Unisex-Medizin hin zu geschlechterspezifischen Behandlungen entwickeln“, betont OÄ Dr.in Waltraud Stromer, Past-Präsidentin der Österreichischen Schmerzgesellschaft.

Bewegung als Präventionsmaßnahme gegen chronische Schmerzen

Mehr als die Hälfte der österreichischen Erwachsenen und etwa zwei Drittel der Menschen unter 18 Jahren bewegen sich nicht ausreichend und erfüllen damit nicht die Mindestanforderungen der nationalen und internationalen Bewegungsempfehlungen. Univ. Prof. Dr. Richard Crevenna präsentierte die ÖSG-Initiative „BEWEG DICH!/move4you“, die auf die Wichtigkeit von Bewegung zur Vorbeugung chronischer Schmerzen aufmerksam machen will. „Regelmäßige körperliche Aktivität, Bewegung und Training wirken quasi als „Polypill“, also wie ein Medikament mit breiten präventiven, therapeutischen und rehabilitativen Effekten. Gezielte und regelmäßige Bewegung aber auch trotz Schmerzen in Bewegung bleiben ist gerade bei nicht gefährlichen, „unspezifischen“ Schmerzen von großer Wichtigkeit. Bei der Volkskrankheit „Rücken- und Kreuzschmerz“ kann man mit aktiver Vorbeugung und Behandlung in der Mehrzahl der Fälle (klinisch und volkswirtschaftlich) ganz viel erreichen. Zudem kann gezieltes Training Schmerzen nicht nur hintanhalten und reduzieren, es lenkt auch von ihnen ab, insbesondere dann, wenn nicht alleine, sondern gemeinsam mit anderen Menschen trainiert wird“, so Crevenna [1].

ICD-11 muss besonders wegen Long/Post COVID 19 eingeführt werden

„Frauen haben aufgrund physiologischer Gegebenheiten ein höheres Chonifizierungsrisiko als Männer, damit ist es umso wichtiger, dass die Internationale Klassifikation der Krankheiten in 11. Revision (ICD-11) auch bald in Österreich in Kraft tritt“, so Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar. Der ICD dient weltweit zur einheitlichen Klassifikation von Diagnosen. Nachdem Schmerz in der Medizin bisher bei zahlreichen Krankheitsbildern ausschließlich als Symptom gesehen wurde, nahm die WHO chronische Schmerzzustände (≥ 3 Monate) als eigenständige Krankheitsgruppe (MG30) in die 2022 in Kraft gesetzte ICD-11 auf. „Auch hinsichtlich Long/Post COVID 19 ist die Diagnose ,chronischer Schmerz‘ von äußerster Wichtigkeit, denn die Diagnostik von Long/Post COVID 19 Schmerzen sollte gemäß schmerzmedizinischer Standards durchgeführt werden“, ergänzt Likar.

Integrative Schmerztherapie in Österreich

In Österreich gibt es derzeit für die spezielle ärztliche Fortbildung in der Schmerzmedizin das Diplom für Spezielle Schmerztherapie der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), das aus 120 Stunden Theorie und 80 Stunden Praxis besteht. „Laut einer Auswertung der ÖÄK hatten zuletzt 1.420 Mediziner:innen in Österreich dieses Diplom. Rund zwei Drittel waren Fachärzt:innen, etwa ein Drittel Allgemeinmediziner:innen. Der größte Anteil der Ärzt:innen mit Diplom fiel auf Wien“, stellte Likar fest: Er plädierte dafür, Interdisziplinarität in der Ausbildung zu verankern. Eine weitere Ausbildung mit 400 Stunden Praxis und 80 Stunden Theorie wäre sinnvoll. Wenn Patient:innen, die eine hochspezialisierte Versorgung brauchen, in Schmerzeinrichtungen, Schmerzzentren, Reha-Einrichtungen und Tageskliniken zugewiesen werden, wäre es eine wichtige qualitative Auszeichnung für diese Zentren, eine vertiefte Ausbildung in der Schmerztherapie vorzuweisen. „Wir wollen ein Zertifikat für Schmerztherapie in interdisziplinären Schmerzeinrichtungen in Krankenanstalten, in Österreich“, so Likar.

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[1] Richard Crevenna. Rückenschmerzen Vorbeugen und aktiv behandeln Ein interdisziplinärer Ratgeber zu Rückengesundheit am Arbeitsplatz. Prävention und Therapie von Rückenproblemen
ISBN: 978-3-214-02529-8 MANZ Verlag Wien(https://shop.manz.at/shop/products/9783214025298)

Weitere Bilder in der APA-Fotogalerie

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