Das Hauptziel der Anästhesie ist es, Schmerzen zu verhindern und den Patienten während eines Eingriffs in einen kontrollierten Zustand zu versetzen, um Schmerzen und Stress zu minimieren. Individuelle Sicherheit ist das vorrangige Ziel. »Die Anästhesiologie ist sehr sicher, weil sie die Risikoeinschätzung ins Zentrum ihrer Tätigkeit gestellt hat. Hierbei geht es neben generellen Risiken (Risikomanagement) um die individuellen und damit persönlichen Risiken.«, bestätigt Univ.-Prof. Dr. Burkhard Gustorff, Vorstand der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin der Klinik Ottakring in Wien und Leiter der Sektion Anästhesiologie der ÖGARI. Für die individuelle Sicherheit spielt die Pharmakokinetik eine immer größere Rolle, das zeichnet die personalisierte Anästhesie aus. Sie ermöglicht es, die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Anästhetika anhand der genetischen Veranlagung eines Patienten vorherzusagen. Auf diese Weise können unerwünschte Nebenwirkungen minimiert und die Anästhesie optimiert werden.
Maßgeschneiderte Anästhesie: im Zentrum stehen spezifische Gesundheitsmerkmale der Patient:innen
Noch bevor eine Anästhesie durchgeführt wird, findet vor einem geplanten Eingriff ein Vorgespräch zwischen den Patient:innen und den Anästhesist:innen statt. In diesem werden die persönlichen Risiken wie Gesundheitsdaten der Patient:innen bewertet, um die individuellen Risikofaktoren der Patient:innen besser zu berücksichtigen. Damit wird die Anästhesie entsprechend angepasst, um Komplikationen zu vermeiden. »Die Anästhesie-Sprechstunde, das Vorgespräch vor einer Anästhesie steht im Mittelpunkt dieser individuellen Risikoeinschätzung und der individuellen und damit persönlichen Optimierung des Gesundheitszustands vor einer Narkose und einer Operation.« erklärt Professor Gustorff.
Bereits heute trägt die Pharmakogenetik, darunter versteht man ein Teilgebiet der Medizin, in welchem man sich mit dem Einfluss der Erbanlagen des Menschen auf die Wirkung von Arzneimitteln beschäftigt, eine wesentliche Rolle zur individuellen Einschätzung des Gesundheitszustandes von Patient:innen bei. Neue Techniken der genetischen Untersuchungen werden die Anästhesie weiterhin unterstützen, um auf ganz persönliche Risiken bei Narkose- und Schmerzmedikamenten individuell einzugehen. »Die Forschung der Pharmakokinetik strebt als nächsten Schritt in naher Zukunft eine pharmakokinetisch basierte, bestverträgliche individuelle Anästhesie an. Ein Beispiel ist die Verträglichkeit von beruhigenden Medikamenten, von starken Schmerzmitteln.«, so Professor Burkhard Gustorff.
Künstliche Intelligenz, verstärkte Sicherheit in der Anästhesie
Künstliche Intelligenz (KI) ist ein hervorragendes Unterstützungsinstrument für das Anästhesie Team: Sie wird zur Früherkennung eingesetzt und verstärkt damit die Sicherheit. Die Implementierung von KI in der Anästhesie erfordert eine sorgfältige Validierung, Schulung und kontinuierliche Überwachung, um sicherzustellen, dass sie den höchsten medizinischen Standards entspricht. Echtzeitdaten werden mittels KI während der Operation ermittelt, um den Anästhesist.innen bei der Dosierung und Verwaltung von Anästhetika zu unterstützen. »Täglich messen wir wichtige Informationen unserer Patient:innen. Online werden wir unterstützt von effektiven Messgeräten und Monitoren. Diese Informationen werden zusammengefasst und als integrierte Informationen genutzt. Beispielsweise können sie während einer Narkose und Operation frühzeitig kritische Momente aufzeigen. So kann ein Blutdruckabfall durch Blutverluste oder durch eine aufkommende Herzschwäche früh erkannt werden und dann viel eher als bisher darauf reagiert werden. Diese Technologie basiert auf KI. Man kann es sich vorstellen wie ein Flugzeug, welches bereits bei geringen Turbulenzen wieder in einen ruhigen Flug gebracht wird.«, führt Professor Gustorff aus.
Minimalinvasive Eingriffe sind gestiegen – Anästhesietechniken sind Teil der Entwicklung
Robotische Operationstechniken, die über ein sogenanntes “Schlüsselloch“ oder einen minimal-invasiven Zugang durchgeführt werden, erfordern eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Anästhesieteam und dem Chirurgenteam, um die bestmöglichen Ergebnisse für die Patient:innen zu erzielen. Eine Anpassung der Anästhesietechniken berücksichtigt die entsprechende OP-Position der Patient:innen, die jeweils für den Roboter und das Chirurgenteam nötig ist. Ebenso wird bei minimal-invasiven Operationen im Bauchraum das Beatmungs- und Atemwegsmanagement, seitens der Anästhesie bewusst gewählt, immer mit dem Ziel Sicherheit und Schmerzfreiheit zu gewährleisten.
»Kleinere Operationswunden wie beispielsweise bei Knopfloch-Chirurgie und den nun überall eingeführten robotischen Operationstechniken über Knopfloch-Zugänge erfordert vom anästhesiologischen Operationspartner eine Anpassung der Anästhesietechniken. Es ist der Anästhesie gelungen, diese großen Schritte der Innovation vorausschauend zu begleiten. Narkoseverfahren, Narkosemedikamente, und die Anforderung an die Vor- und Nachsorge, die perioperative Medizin, sorgen für sichere und schonende Narkose und Operation.«, bestätigt Professor Gustorff.
In Österreich sind mehr als 3.000 Anästhesis:innen tätig. Sie alle haben nach positiv absolviertem Medizinstudium eine sechsjährige Facharztausbildung abgeschlossen. Die Weiterbildung erfolgte ausschließlich in anerkannten Ausbildungsstätten, wie Krankenhäusern, Universitätskliniken oder Sonderkrankenanstalten. Die ÖGARI (Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin) ist als unabhängige Interessensvertretung der Anästhesist*innen tätig. Sie ist aktiver Gesprächspartner in der Ärztekammer, bezieht Stellung zu gesundheitsrelevanten Themen und übt eine umfangreiche beratende Funktion in der Gesundheitspolitik aus.
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Dr. Britta Fischill
Fischill PR
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