Heute gab ein internationales öffentlich-privates Konsortium aus 35 Partnern – das LBG OIS Center ist einer davon – den Start von Screen4Care bekannt - einem Forschungsprojekt, das darauf abzielt, die Zeit bis zur Diagnose seltener Krankheiten und eine effiziente Intervention deutlich zu verkürzen, indem genetische Neugeborenen-Screenings und fortschrittliche Analysemethoden wie maschinelles Lernen eingesetzt werden. Das Projekt hat eine Laufzeit von fünf Jahren und wird mit einem Gesamtbudget von 25 Mio. EUR von der Innovative Medicines Initiative (IMI 2 JU), einer gemeinsamen Initiative der Europäischen Union und des Europäischen Verbands der Pharmazeutischen Industrie und ihrer Verbände (EFPIA), finanziert.
Es gibt mehr als 7.000 bekannte seltene Krankheiten, d. h. Krankheiten, die nur eine oder weniger als eine von 2.000 Personen betreffen. Bei diesen Erkrankungen, von denen insgesamt schätzungsweise 27 bis 36 Millionen Menschen in der EU betroffen sind und von denen einer von 17 Menschen im Laufe seines Lebens betroffen sein wird, handelt es sich häufig um schwere, multisystemische chronische Krankheiten, die die PatientInnen dem Risiko dauerhafter Organschäden und Degeneration aussetzen. Die PatientInnen müssen in der Regel einen beschwerlichen Weg bis zur richtigen Diagnose zurücklegen und im Durchschnitt acht Jahre lang unzählige Arztbesuche, Fehldiagnosen und unwirksame Behandlungen über sich ergehen lassen. Langwierige Diagnosen stellen eine große Belastung für die PatientInnen, ihre Familien und die Gesellschaft dar. Sie behindern auch eine rasche Intervention - wie geeignete Behandlungen oder die Teilnahme an klinischen Studien - und die Selbstbestimmung der PatientInnen, die durch Strategien wie die Anpassung des Lebensstils, Familienplanung, genetische Beratung und die Bewältigung der psychosozialen und/oder finanziellen Folgen der Krankheit erreicht werden kann.
Screen4Care wird eine mehrgleisige Strategie anwenden, um die Zeit bis zur Diagnose und Behandlung von PatientInnen mit seltenen Krankheiten zu verkürzen:
1) Genetisches Neugeborenen-Screening: Das Projekt wird das Neugeborenen-Screening vorantreiben (mit Hilfe von Gentests und verwandten fortgeschrittenen Genomik-Technologien), das sich als wirksames Instrument für die Frühdiagnose erweisen dürfte, da etwa 72 % der seltenen Krankheiten eine genetische Ursache haben und 70 % der PatientInnen mit seltenen Krankheiten Kinder sind.
2) KI-basierte Werkzeuge: Im Rahmen des Projekts werden neue KI-Algorithmen zur Identifizierung von PatientInnen im Frühstadium der Krankheit anhand elektronischer Gesundheitsdaten konzipiert. Außerdem wird ein Repository von KI-"Symptom-Checkern" entwickelt, um PatientInnen zu helfen, die sich mitten in der Diagnosephase befinden - beides unterstützt die symptombasierte Diagnose im späteren Leben.
"Screen4Care hat das Potenzial, PatientInnen von einer Präzisionsdiagnostik profitieren zu lassen, die zu einer besseren Versorgung, weniger Krankenhausaufenthalten und einer insgesamt höheren Lebensqualität führt - und zur Stärkung der Gesundheitssysteme durch neuartige Diagnoseinstrumente und eine ressourceneffiziente technologische Infrastruktur beizutragen", sagte Alessandra Ferlini, Associate Professorin am Department of Medical Sciences und Leiterin der Abteilung Medical Genetics an der Universität Ferrara, Italien, und wissenschaftliche Koordinatorin des Projekts. "Von besonderer Bedeutung für das Projekt ist die aktive Einbeziehung von Interessensgruppen, um die Gestaltung und Entscheidungen für eine wertorientierte Gesundheitsversorgung mitzugestalten."
"PatientInnen mit seltenen Krankheiten und ihre Familien erleben häufig Verzögerungen bei der Diagnose, was schwerwiegende Folgen für ihre Gesundheit und ihre Zukunftsplanung haben kann", sagte Nicolas Garnier, Arzt für experimentelle Medizin, Director of Patient Advocacy, Rare Disease Global Product Development bei Pfizer Ltd. und Projektleiter im Namen der EFPIA. "Wir haben uns daher der Herausforderung gestellt, dieses dringendste Problem anzugehen: den Weg der PatientInnen zur Diagnose zu beschleunigen."
Aufbau einer digitalen Infrastruktur zur Förderung des Austauschs zwischen ÄrztInnen, PatientInnen, Angehörigen und PflegerInnen
Neben der Entwicklung des Kernsystems für die Frühdiagnose will Screen4Care eine digitale Infrastruktur und ein Ökosystem aufbauen, um PatientInnen, Eltern von Neugeborenen und BetreuerInnen als gleichberechtigte Entscheidungsträger in den Diagnoseprozess einzubinden. Das Ökosystem wird eine offene Innovationsplattform bereitstellen, die eine kontinuierliche Datenerfassung und einen Informationsaustausch ermöglicht, um die Entwicklung von Diagnosen der nächsten Generation zu unterstützen und ÄrztInnen, PatientInnen und Angehörige in die Lage zu versetzen, fundierte Entscheidungen in einem früheren Stadium zu treffen. Screen4Care geht davon aus, dass dies dazu beitragen wird, das Fortschreiten der Krankheit zu minimieren, die Gesundheit und Lebensqualität der PatientInnen zu verbessern und die Nutzung der Ressourcen im Gesundheitswesen zu optimieren.
Das Screen4Care-Team besteht aus 21 akademischen Partnern unter der Leitung der Universität Ferrara, neun industriellen Projektpartnern unter der Leitung von Pfizer und 4 KMUs. Es vereint ExpertInnen aus den Bereichen Genetik, Bioinformatik, Datenmanagement und -standards, Bildgebung für die Phänotypisierung, Ethik und Gesundheitspräferenzforschung, entscheidungsanalytische Modellierung und Cybersicherheit. Darüber hinaus wird das Konsortium durch eine der größten europäischen PatientIinnen-organisationen im Bereich seltene Erkrankungen (EURORDIS) ergänzt, um einen soliden Dialog zu fördern und sicherzustellen, dass die Bedürfnisse und Präferenzen der Gemeinschaft der Menschen mit seltenen Krankheiten den Fortgang des Projekts bestimmen. "Screen4Care setzt sich dafür ein, dass alle an einem Tisch vertreten sind", erklärte Dr. Garnier. "Der Fokus des Projekts auf Gleichberechtigung hebt es von anderen Projekten ab, und bietet eine einzigartige Gelegenheit, sinnvolle und langfristige Veränderungen für die Gemeinschaft der Menschen mit seltenen Krankheiten zu bewirken."
Als Partner im Screen4Care Projekt wird das OIS Center unter der Leitung von Prof. Dr. Marion Poetz und Mag. Patrick Lehner in den kommenden 5 Jahren Co-Creation Prozesse zur Gestaltung eines optimalen Screen4Care Ökosystems entwickeln und erforschen und damit neue Impulse im Bereich Open Innovation in Science in Österreich sowie der EU setzen. "Wir am OIS Center sind sehr stolz darauf, Partner in diesem internationalen Forschungsprojekt zu sein und unsere langjährige Erfahrung im Bereich Open Innovation in Science zu nutzen, um inter- und transdisziplinäre Forschungsprozesse im Screen4Care Projekt umzusetzen", sagt Patrick Lehner, Co-Direktor des OIS Centers. Das OIS Center wird federführend daran mitwirken, Ko-ForscherInnen aus relevanten Stakeholdergruppen (PatientInnen, medizinisches Fachpersonal, AdministratorInnen in Gesundheitseinrichtungen, IT-SpezialistInnen, etc.) in die Entwicklung einer digitalen Infrastruktur und offenen Innovationsplattform einzubinden. „Neben der konkreten Entwicklung und Umsetzung von Open Innovation in Science Prozessen zur Einbindung von Stakeholdern als Ko-ForscherInnen, erforschen wir auch die zugrundeliegenden Dynamiken und erweitern damit den Wissenstand zur Rolle und Bedeutung von offener und kollaborativer Forschung, generell und insbesondere in den Medizin- und Gesundheitswissenschaften“, sagt Prof. Dr. Marion Poetz, die wissenschaftliche Leiterin des OIS Centers.
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Fakten zum Projekt
Vollständiger Name: Screen4Care – Shortening the path to rare disease diagnosis by using newborn genetic screening and digital technologies
Startdatum: 1. Oktober 2021
Dauer: 5 Jahre
Budget: 25 Mio €
Koordinator: University of Ferrara, Italien
Projektleitung: Pfizer Ltd, UK
Website: www.screen4care.eu
Projektpartner
Austria
Ludwig Boltzmann Gesellschaft GmbH
Research Institute AG & Co KG
SBA Research gemeinnützige GmbH
Bulgaria
Bulgarian Association for Personalized Medicine
Bulgarian Association for the Promotion of Education and Science
Czech Republic
University Karlova
Denmark
Copenhagen Business School
FindZebra ApS
Novo Nordisk A/S
Syddansk University
France
Eurordis-Rare Diseases Europe
Lysogene S.A.
Sanofi-Genzyme
Germany
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Eurice - European Research and Project Office Gmbh
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
Universitätsmedizin Göttingen – Georg-August-Universität Göttingen
University Hospital Bonn
University Hospital Erlangen
Ireland
University College Dublin, National University of Ireland
Israel
Genoox
Italy
Consorzio Futuro in Ricerca
Pediatric Hospital Bambino Gesù
University of Ferrara
University of Siena
Spain
Centro Nacional de Análisis Genómico (CNAG-CRG)
Sweden
Uppsala University
Switzerland
F. Hoffmann-La Roche AG
sitem-insel AG
Novartis Pharma AG
Takeda Pharmaceuticals International AG
University Bern
The Netherlands
ProQR Therapeutics NV
United Kingdom
Illumina Cambridge Ltd
Pfizer Ltd
Project Coordinator
University of Ferrara
Prof. Alessandra Ferlini
Phone: +39 532974439; mobile +39 3405493446
Mail: fla@unife.it
Project Management
EURICE GmbH
Dr. Cora Meyer
Phone: +49 30 374415-834
Mail: c.meyer@eurice.eu
Über die Ludwig Boltzmann Gesellschaft
Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) ist eine Forschungseinrichtung mit thematischen Schwerpunkten in der Medizin und den Life Sciences sowie den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Die LBG betreibt zusammen mit akademischen und anwendenden Partnern aktuell 20 Ludwig Boltzmann Institute und entwickelt und erprobt neue Formen der Zusammenarbeit zwischen der Wissenschaft und nicht-wissenschaftlichen AkteurInnen wie Unternehmen, dem öffentlichen Sektor und der Zivilgesellschaft. Gesellschaftlich relevante Herausforderungen, zu deren Bewältigung Forschung einen Beitrag leisten kann, sollen frühzeitig erkannt und aufgegriffen werden, um gezielt neue Forschungsthemen in Österreich anzustoßen. Teil der LBG sind das LBG Open Innovation in Science Center, das das Potenzial von Open Innovation für die Wissenschaft erschließt, und das LBG Career Center, das 250 PhD-StudentInnen und Postdocs in der LBG betreut. www.lbg.ac.at
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