Die Umfrage unter über 200 heimischen Patientenorganisationen zeigt deutliche Defizite auf: Die überwiegende Mehrheit der Befragten stuft die Patientenanliegen wie die „beste medizinische Betreuung“ und die „Verfügbarkeit entsprechender Behandlungen“ als „sehr wichtig“ oder „wichtig“ ein. Und auch die „Einbindung von Betroffenen in den Erstattungsprozess von Medikamenten“ und die „Mitsprache bei der Therapieentscheidung“ wurden als „sehr wichtig“ bzw. „wichtig“ bewertet. Doch de facto ist es laut den Befragten derzeit „weniger gut“ um die Patientenmitbestimmung bestellt.
Die Ergebnisse zeigen große Lücken innerhalb der Patientenorganisationen in puncto Wissen über die bestehenden Patientenrechte: Einige glaubten, die Patientenrechte seien gut verankert, aber den PatientInnen nicht bekannt. Andere meinten, die Patientenrechte seien schlecht verankert und zusätzlich den PatientInnen nicht bekannt. Ein Drittel der Gesprächspartner in den Tiefeninterviews gab an, selbst nicht oder nur mangelhaft über Patientenrechte Bescheid zu wissen. Zudem diagnostizierten die Befragten große Unsicherheit: PatientInnen wüssten oft nicht, wie sie ihre Rechte einfordern können, viele „fügen sich ihrem Los “ oder trauen sich nicht, sie einzufordern. (Details im PDF)
1. Österreichischer Patientenrechte-Tag als Plattform
Vor diesem Hintergrund diskutierten Ansprechpartner aus dem gesamten Gesundheitssystem sowie Vertreter von Patientenorganisationen und medizinischen Fachgesellschaften beim 1. Österreichischen Patientenrechte-Tag die Themen Leistungsrecht, Mitbestimmung und Verschreibungsfreiheit. Das Herzstück der Veranstaltung bildeten drei Workshop-Gruppen, die von prominenten ExpertInnen geleitet und moderiert wurden: nämlich von Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr, Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres, Patientenanwalt Gerald Bachinger und Angelika Widhalm, Vorsitzende des Bundesverbands Selbsthilfe Österreich.
Angelika Widhalm, Vorsitzende des Bundesverbands Selbsthilfe Österreich, nach der Veranstaltung: „Die Umfrage und auch die Diskussion haben deutlich gezeigt, dass eine strukturelle Verankerung von Patientenrechten von größter Bedeutung ist. Die Grundlage dafür ist ja bereits mit dem Bundesverband Selbsthilfe Österreich gelegt. Damit kann es auch gelingen, die Kompetenz von Patientenorganisation sichtbar zu machen. Sie sind die unverzichtbare, erste Anlaufstelle für PatientInnen und Angehörige.“
Gerald Bachinger, Sprecher der Patientenanwälte, ergänzt: „Patientenrechte sind heutzutage etabliert und selbstverständlich. Offenbar treten sie aber immer mehr in den Hintergrund und werden nicht reflektiert, weil sie schon zu selbstverständlich geworden sind. Es ist daher höchst an der Zeit, die Patientenrechte zu evaluieren, zu modernisieren, zu ergänzen und auf neuen Hochglanz zu polieren. Letztlich bedarf es einer aktuellen Informationsoffensive, um die Patientenrechte wieder dorthin zu rücken, wo sie hingehören, nämlich ins Zentrum der Aufmerksamkeit im Gesundheitswesen.“
Das FOPI versteht sich als Institution, die die Plattform für diese Diskussion bietet: „Als forschende pharmazeutische Industrie ist es für uns selbstredend ein Anliegen, dass Innovationen den Weg zu den PatientInnen finden und dass jeder die ausreichende sowie medizinisch zweckmäßige Therapie erhält“, betont Präsident Ingo Raimon. „Freilich im Kontext einer Kosten-Nutzen-Analyse, für die sinnvollerweise alle an einem Tisch sitzen sollten und alle Einflussfaktoren transparent vorliegen.“
„Eine sehr wirksame Vereinfachung des Zugangs zu Arzneimitteln wäre, die Aufgabe der Chefärzte neu zu definieren“, meint Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, dazu. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein von Experten verschriebenes Medikament durch rein bürokratische Schikanen den Patienten vorenthalten wird. Auch das ist Teil der Patientenrechte.“
Und Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, betont: „Die Leistungen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens müssen zum Wohle der Patienten laufend reformiert und weiterentwickelt werden. Regierung und Sozialpartner sind gut beraten, die Expertise von Apothekerinnen, Apothekern und Ärzten sowie auch die Anliegen der Patienten in sämtliche Verhandlungen frühzeitig aufzunehmen.“
Die Ergebnisse der Diskussion werden nun in einem Manifest zusammengefasst, das noch im Herbst 2018 präsentiert werden soll.
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