Bettwanzen galten schon einmal als ausgerottet, heute sind sie wieder auf dem Vormarsch und stellen weltweit ein ernst zu nehmendes Problem dar. Nicht nur in Hotels und Schlafwaggons kann man sie antreffen, auch in Studentenheimen, Krankenhäusern, Bussen und Flugzeugen ist man nicht vor ihnen sicher. Ist man einmal mit ihnen in Berührung gekommen ist die Gefahr groß, sie dann auch mit nach Hause zu nehmen. „So schnell man sich Bettwanzen einfangen kann, so schwer ist es, sie wieder los zu werden“, sagt Georg Duscher von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. „Speziell die Langlebigkeit der Bettwanzeneier machen eine wirksame und langfristige Bekämpfung so schwierig. Ein einziges befruchtetes Weibchen kann bis zu 500 Nachkommen haben, die nach jeweils 8 Wochen ebenfalls geschlechtsreif sind“, so der Parasitologe. Dazu kommt, dass einige Bettwanzen-Stämme Resistenzen gegen gängige Insektizide entwickelt haben. Obwohl es zahlreiche Bekämpfungsmethoden gibt, hat sich bisher keine für Mensch und Umwelt unbedenkliche Standardmethode durchgesetzt, bei der eine vollständige Inaktivierung der Bettwanzen in sämtlichen Entwicklungsstadien nachgewiesen werden konnte. Bis jetzt.
Wirksamkeit des neuen Verfahrens wird nachgewiesen
Die Firma Braincon Technologies, die auf die Bekämpfung von Spitalskeimen, Pilzen und Sporen spezialisiert ist, hat ein chemisches Behandlungsverfahren zur Beseitigung von Bettwanzen und deren Entwicklungsstadien (Eier, Nymphen, Adulte) entwickelt, das wirksam aber dennoch unbedenklich für Mensch und Umwelt ist. Mit dieser Technologie wird eine All-in-One Lösung angeboten, das heißt, sowohl Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze, Viren (insbesondere Noroviren) und Sporen, als auch Insekten und Kriechtiere werden inaktiviert. Forscherinnen und Forscher des Zentrums für Elektronenmikroskopie Graz (ZFE) und der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben die Wirksamkeit des Verfahrens in einem gemeinsamen ACR-Forschungsprojekt, das mit dem FFG-Innovationsscheck gefördert wurde, nun nachweisen können. „Die Ergebnisse sind äußerst überzeugend“, stellt Ferdinand Hofer, Geschäftsführer des Zentrums für Elektronenmikroskopie Graz (ZFE) und Professor an der TU Graz fest.
Die Wirkstoffkombination tötet auch resistente Wanzen
Die Behandlung erfolgt mittels feinster Vernebelung des befallenen Raumes mit einer speziellen Wirkstoffkombination aus DCXF-Flüssigkeit und H2O2 (Wasserstoffperoxid). Das Besondere dabei ist, dass der Wirkstoff auf eine Partikelgröße von 1µm vernebelt wird und dadurch auch in die kleinsten Ritzen eindringen kann. Eine Erwärmung der Räume ist nicht notwendig. Bei Kontakt mit dem Wirkstoff werden Nervenkanäle der Wanze blockiert, die inneren Abläufe werden gestört wodurch die Insekten verenden. Bei der Untersuchung zeigten sich bereits wenige Stunden nach der Behandlung bei allen Wanzen Schädigungssymptome, nach 6 Tagen waren sämtliche Bettwanzen inaktiv. Auch resistente Wanzen-Stämme konnten vernichtet werden. „Durch die Kombination von Permethrin mit der DCXF-Flüssigkeit kommt es offensichtlich zu einem Synergieeffekt, der auch den resistenten Bettwanzen keine Hochregulation der Entgiftungsmechanismen erlaubt“, erläutert Georg Duscher, Parasitologe an der Veterinärmedizinischen Universität Wien die Wirkungsweise.
Fehlgeburt bei Wanzeneiern
Besonders langlebig sind Wanzeneier. „Wir gingen davon aus, dass die Behandlung zu einer Änderung der Membranstruktur an der Oberfläche der Eier führen würde, dies war jedoch nicht der Fall“, räumt Ferdinand Hofer ein. Nach einer weiteren, eingehenden Untersuchung entdeckten die Forscher schließlich, dass bei den behandelten Wanzeneiern der Schlüpfprozess viel früher einsetzte, was dazu führte, dass die noch nicht lebensfähigen Nymphen verendeten. „Durch die Behandlung verlieren die Bettwanzen die Endkappen (Operculum), was vermutlich eine Art „Frühgeburt“ auslöst“, so Hofer. Bereits 8 Stunden nach erfolgter Dekontamination der Bettwanzeneier öffneten sich die ersten Kappen, was normalerweise erst nach fünf bis 20 Tagen geschieht. Insgesamt wurden bei den behandelten Gruppen 93 Prozent inaktiviert (Nymphen, Frühgeburten, verstorben im Ei).
„Durch die Kooperation mit dem ACR-Institut Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz (ZFE) und der Veterinärmedizinischen Universität Wien ist es uns gelungen, den eindeutigen Beweis für die Inaktivierung der Bettwanzen in allen ihren Daseinsformen, vom gelegten Ei bis zur ausgereiften Bettwanze zu erbringen“, freut sich Davul Ljuhar, Gründer und Geschäftsführer der Firma Braincon Technologies über das Ergebnis. Die DCX-Geräte sowie die Wirkstoffkombination, die für das Verfahren benötigt werden, sind für Schädlingsbekämpfungsunternehmen bei Braincon erhältlich.
Über die Austrian Cooperative Research
Die ACR – Austrian Cooperative Research ist Dachverband und Interessenvertretung für kooperative Forschungsinstitute. Die ACR-Institute betreiben angewandte Forschung, Entwicklung und Innovation, speziell für KMU. Dazu kommen Prüfen, Inspizieren und Zertifizieren sowie Technologietransfer und Wissenstransfer. Damit trägt die ACR dazu bei, dass Innovation auch in mittelständischen Unternehmen präsent ist und hier Hürden beim Zugang zu Forschung und Entwicklung abgebaut werden. Gleichzeitig sind ACR-Institute wichtige Schnittstellen von Wissenschaft und Großbetrieben (national und international) in Richtung KMU. 2017 erwirtschafteten die ACR-Institute einen Gesamtumsatz von 64,4 Millionen Euro. www.acr.ac.at
Über Braincon
Braincon GmbH & Co KG wurde 1992 gegründet und vertreibt im Hauptgeschäftsfeld digitale radiologische Geräte von renommierten Herstellern in Österreich und CEE Nachbarländern. Darüber hinaus werden Produkte der Firma IB Lab vertrieben, die in einer Kooperation entwickelt wurden und in der Orthopädie und Radiologie zur Anwendung kommen. Zudem bietet Braincon Lösungen und Prävention für Hygienestandards (Raum-und Flächendekontamination), IT & Consulting im Bereich der Informationssicherheit und e-Health an. www.braincon.com
Das Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz (ZFE) ist ein Forschungs- und Entwicklungspartner für die Industrie und für öffentliche Auftraggeber im Bereich der mikroskopischen Materialcharakterisierung. Das ZFE konzentriert sich auf die Entwicklung neuer mikroskopischer Untersuchungs- und Präparationsmethoden für die Mikro- und Nanoanalytik von Werkstoffen, Bauelementen und Biomaterialien mittels Elektronenmikroskopie und verwandter mikroskopischer Methoden. Das ZFE kooperiert mit dem Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der Technischen Universität Graz, sodass Grundlagenforschung und Anwendung Hand in Hand gehen. Im Forschungsverbund sind die leistungsfähigsten Elektronenmikroskope Mitteleuropas im Einsatz. www.felmi-zfe.at
Über die Vetmeduni Vienna
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist die einzige veterinärmedizinische, akademische Bildungs- und Forschungsstätte Österreichs und zugleich die älteste im deutschsprachigen Raum. Die Vetmeduni Vienna forscht an Themen, die für die Gesellschaft bedeutend sind. Ihr Augenmerk gilt der Tiergesundheit ebenso wie der präventiven Veterinärmedizin, dem öffentlichen Gesundheitswesen genauso wie der Lebensmittelsicherheit. Im Forschungsinteresse stehen die Schaffung wissenschaftlicher Grundlagen für das Wohlbefinden von Tieren, Themen der Tierhaltung, des Tierschutzes und der Tierethik. www.vetmeduni.ac.at