Mit der Genehmigung des Projektes D4Dairy durch die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) über das österreichische Kompetenzzentrenprogramm COMET (Competence Centers for Excellent Technologies) am 13. Juni 2018 bleibt in der österreichischen Rinderzucht kein Stein auf dem anderen. Unter enormer Konkurrenz von weiteren 20 Projektanträgen fand dieses Projekt den Weg in die Endauswahl. Der Projekttitel selbst steht für die 4 D's:
Digitalisation, Data integration, Detection and Decision support in Dairying ( Digitalisierung, Datenintegration, Erkennung und Entscheidungshilfe für die Milchproduktion). Um einen erfolgreichen Start zu garantieren, fand der offizielle Auftakt im Festsaal der Veterinärmedizinischen Universität Wien mit nahezu allen 31 Wirtschafts- und 13 Wissenschaftspartnern statt.
Digitalisierung in der Landwirtschaft ist ein sehr stark wachsender Bereich. Digitalisierung bedeutet aber auch eine enorme Anhäufung von Daten. Um diese Informationen sowohl für Landwirte, Tierärzte, Berater, Verarbeiter als auch für weitere Partner entlang der Wertschöpfungskette Milch nutzbringend einsetzen zu können, ist es ein wesentliches Ziel von D4Dairy, Daten und Know-how von Wirtschafts- und Wissenschaftspartnern zu vernetzen. Unter Nutzung moderner Datenanalysemethoden (BigData, Mid-Infra-Rot Spektra etc.) sollen neue Erkenntnisse zum praktischen Nutzen für die Bauern und Partner entlang der Wertschöpfungskette Milch erforscht beziehungsweise hervorgebracht werden.
Vorsprung durch Vernetzung
Die Leiterin des Konsortiums, Dr. Christa Egger-Danner (ZuchtData), ist überzeugt, dass dieses Netzwerk mit der Leitlinie "Vorsprung durch Vernetzung" aus unterschiedlichen Expertisen (Veterinärmedizin, Genetik, technische Informatik, Sensortechnik, Komplexitätsforschung, Lebensmittelsicherheit und -verarbeitung etc.) und einer umfangreichen Datengrundlage der Partner die bäuerlichen Familienbetriebe, aber auch die beteiligten Wirtschaftspartner und den Wirtschaftsstandort Österreich insgesamt stärken wird.
In den Impulsvorträgen im Rahmen des Kick-offs am 5. November wurde gezeigt, wie die rasanten technologischen Entwicklungen mit der bäuerlichen Landwirtschaft zusammenhängen und wie in D4Dairy diese Möglichkeiten zum Nutzen für die Bauern und die gesamte Branche eingesetzt werden können.
Prof. Dr. Kay Uwe Römer von der Technischen Universität Graz zeigte, wie das Internet der Dinge mit dem Internet der Kühe zusammenhängt. Prof. Dr. Peter Klimek vom Complexity Science Hub und der Medizinischen Universität Wien beleuchtete das Potenzial der Anwendung von neuen BigData-Methoden am umfangreichen Datensatz der Rinderwirtschaft für die Früherkennung und Ausarbeitung von Vorsorgemodellen für Erkrankungen. Prof. Dr. Martin Wagner von der VetMedUni Wien veranschaulichte, welches Potenzial all die technologischen Weiterentwicklungen der verschiedensten Analysemethoden für die Rinderwirtschaft bieten. Prof. Dr. Johann Sölkner (BOKU) zeigte am Beispiel der genomischen Selektion den rasanten Umbruch, der nur aufgrund eines Technologiesprungs und damit günstiger Genotypisierungskosten in der Rinderzucht ausgelöst worden ist. Die neuen Chancen, die mit der Digitalisierung entstehen, werden in der Rinderwirtschaft tiefgreifende Veränderungen bewirken - und genau da will D4Dairy ansetzen. Diese neuen Chancen und Herausforderungen sollen zum Wohle der bäuerlichen Familienbetriebe genutzt werden.
Ein gutes Fundament für eine erfolgreiche Projektarbeit
Die Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität Wien, Prof. Dr. Petra Winter, hieß das D4Dairy-Projektteam in ihrer Empfangsrede herzlich willkommen. "Die VetMed wurde bewusst als Ort des Auftakts gewählt, weil diese von Anfang an sehr eng mit der Entstehung dieses Projektes verbunden war", so Konsortialleiterin Egger-Danner. Nahezu alle 44 Projektpartner folgten der Einladung zur Kick-off-Veranstaltung auf der VetMedUni Wien, bei der Egger-Danner stellvertretend für alle Anwesenden die am weitesten angereisten Projektpartner, SCR by Allflex aus Israel, begrüßen konnte.
ZAR-Obmann Stefan Lindner sieht in seinem Statement die Zusammenarbeit nicht nur innerhalb dieses Netzwerkes als sehr wichtig an, sondern auch über die Projektpartner hinaus. Mit 5,5 Mio. Euro, wovon die Hälfte von den Wirtschaftspartnern kommt, konnte durch die Konsortialleitung eine schlagkräftige Projektsumme aufgestellt werden, um zahlreichen Fragestellungen möglichst viele Antworten zu liefern. "Dank spreche ich in diesem Zusammenhang dem ehemaligen ZAR-Obmann Anton Wagner für jenes Fundament aus, das er seinen Nachfolgern hinterlassen hat. Und Dank gilt allen Projektpartnern und vor allem dem Team, das es geschafft hat, die große Anzahl an Partnern für ein gemeinsames Projekt, das letztendlich dem Bauern zugutekommt, zu bündeln", so Lindner.
Mehrwert durch Datenzusammenführung
Ziel ist, über das Projekt die enormen Mengen an unterschiedlichen Daten am Milchviehbetrieb und entlang der Wertschöpfungskette zu sammeln, sich unter Berücksichtigung des Datenschutzes auszutauschen und Synergien einer gemeinsamen Nutzung auszuloten. Über komplexe Analysen sollen neue und umfangreiche Erkenntnisse auf Tiergesundheit und Tierwohl sowie neue Parameter zur Früherkennung von Krankheiten gewonnen werden. Letztendlich werden die Daten analysiert und dem Landwirt mittels praktikabler Softwaretools zur Verfügung gestellt. Für derartige Datenmengen ist der Wiener Complexity Science Hub (CSH) gefragt, um Nutzen aus den umfangreichen Informationen im Sinne von "n = all" zu generieren.
Partner in D4Dairy sind in- und ausländische Universitäten, Kompetenzzentren, Forschungseinrichtungen und Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette Milch (Landwirte, Zuchtorganisationen, Milchverarbeiter, Tiergesundheitsdienste, Interessenvertretungen u. a.) sowie nationale und internationale Technologieanbieter (Sensoren, Fütterung, Klimamessung, Datenverarbeitung).
Das 4D-Konzept im Detail
Digitalisierung: Optimierung der Produktionsprozesse in der Milchwirtschaft entlang der Wertschöpfungskette bei der Nutzung der neuen digitalen Möglichkeiten.
Datenintegration: Integration von Daten am Betrieb (RDV/LKV-Daten, Sensoren, Fütterung, Stallklima etc.) und Integration weiterer externer Daten (z. B. Schlachthofdaten usw.) mit dem Ziel der Schaffung von aussagekräftigen Tools für die Vorsorge und Produktionssteuerung, Qualitätssicherung, aber vor allem auch zur Arbeitserleichterung u. a.
Detection (Entdeckung/Früherkennung): Mit neuen Methoden (Big-Data-Analysen) Analysenergebnisse (Infrarot-Spektren der Milch, Resistenzuntersuchungen) und Daten zur Erforschung von Risikofaktoren und aussagekräftigen Parametern zur Früherkennung von Erkrankungen beziehungsweise zu Behandlungserfolgen nutzen.
Decision making (Unterstützung für Entscheidungsfindung):
Datenbasierte Entscheidungshilfen werden entwickelt, zum Beispiel elektronischer Vorschlag, ob ein Tier mit einem Antibiotikum trockengestellt werden soll oder nicht (Datengrundlage zum Erregerstatus am Betrieb, Krankengeschichte vom Tier, Umweltfaktoren etc. werden elektronisch aufbereitet und ein Vorschlag für den Tierarzt erstellt).