TU Wien: Neues CD-Labor: Proteine richtig falten

Wenn man in der Pharmaindustrie Proteine herstellt, sind sie zunächst oft falsch gefaltet und müssen umgebaut werden. An der TU Wien wird das in einem neuen CD-Labor im Detail untersucht.

Bestimmte Proteine zählen zu den wichtigsten Produkten der Pharmaindustrie – etwa Insulin oder auch Interferone, die etwa gegen Diabetes, Krebs oder auch gegen Viruserkrankungen eingesetzt werden. Bei der künstlichen Herstellung solcher Proteine stößt man aber immer wieder auf ein Problem: Sie sind zunächst falsch gefaltet. Statt eines funktionsfähigen Proteins bekommt man ein sogenanntes „Einschlusskörperchen“, das in mühsamen und teuren Arbeitsschritten erst in die korrekte Form gebracht werden muss.

An der TU Wien wurde nun ein neues Christian-Doppler-Labor eröffnet – mit Unterstützung des Unternehmenspartners Boehringer Ingelheim RCV und des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft. Dort wird nun daran geforscht, wie sich die Einschlusskörperchen am effizientesten in die richtige Form bringen lassen. Ziel ist es, den Prozess auf fundamentaler Ebene genau zu verstehen und als Computermodell nachzubilden. Dadurch soll die Herstellung dieser Proteine schneller, umweltfreundlicher und kostengünstiger werden.

„Dieses CD-Labor zielt darauf ab, die Produktion bestimmter Biopharmazeutika gezielter, effizienter sowie nachhaltiger zu machen und damit kürzere Entwicklungszeiten, umweltfreundlichere Prozesse und preislich günstigere Medikamente zu ermöglichen - ein großer Vorteil für Patientinnen und Patienten und darüber hinaus auch für den gesamten Life Science-Standort Österreich“, so Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher.

Richtiger Code, falsche Form

Proteine sind immer aus denselben Bausteinen aufgebaut – aus Aminosäuren, deren Abfolge vom Code der DNA vorgegeben wird. Ein maßgeschneidertes Protein herzustellen ist mittlerweile zur technisch relativ einfachen Aufgabe geworden: Man nimmt einen Mikroorganismus, wie etwa das Bakterium E. coli, und ändert seine DNA, sodass es das gewünschte Protein erzeugt. So kann das Bakterium dann die Aminosäuren-Abfolge produzieren, aus denen zum Beispiel das menschliche Insulin besteht.

Das heißt aber noch lange nicht, dass dabei das gewünschte Produkt entsteht: „Es kommt auf die Komplexität und dreidimensionale Struktur des Proteins an“, erklärt Prof. Oliver Spadiut vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU Wien, der Leiter des neuen CD-Labors. „Wenn sich das Protein falsch faltet, entsteht ein Einschlusskörperchen, ein mehr oder weniger funktionsunfähiges Knäuel aus Aminosäuren, das man nicht verwenden kann.“

Man muss die in diesen Einschlusskörperchen gefangenen Aminosäureketten erst umbauen. Dafür wird es mit Chemikalien zunächst entwirrt – so ähnlich, als würde man einen Wollknäuel zu einem geraden Faden auswickeln. Im nächsten Prozessschritt faltet sich das Protein wieder zusammen und kann seine endgültige, korrekte, medizinisch gewünschte Form einnehmen.

Optimale Planung statt Versuch und Irrtum

„Diese Technik spielt in der Pharmaindustrie eine wichtige Rolle“, sagt Oliver Spadiut. „Aber oft ist man hier auf Versuch und Irrtum angewiesen. Man weiß aus Erfahrung, wie man den Prozess steuert, um einigermaßen gute Ergebnisse zu erzielen – aber ein umfassendes, fundamentales Verständnis fehlt noch. Dieser Umstand macht es sehr schwer, den Prozess weiter zu verbessern.“

Das soll sich nun durch das neue CD-Labor ändern: Oliver Spadiut möchte mit seinem Team den Weg vom Einschlusskörperchen zum funktionstüchtigen Protein genau analysieren, am Computer einen sogenannten „digitalen Zwilling“ dieses Prozesses erstellen und dadurch herausfinden, wie man den Prozess optimal steuern kann.

Das ist gut für die Umwelt – der Prozess soll dadurch mit weniger Chemikalien auskommen und überhaupt ressourcenschonender werden. Das ist gut für die Industrie – man kann neue Prozesse dann schneller und zuverlässiger entwickeln, weil man die optimale Strategie am Computer ermitteln kann, ohne lange herumprobieren zu müssen. Und es ist auch gut für das Gesundheitssystem – die so entstehenden Pharmaprodukte sollen dadurch deutlich kostengünstiger werden und schneller auf den Markt kommen.

Über Christian Doppler Labors

In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben. Hervorragende Wissenschafter_innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel.

Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW).

Rückfragehinweis

Prof. Oliver Spadiut
Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften
Technische Universität Wien
+43 1 58801 166420

 

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