Pharmig: We drive digital: Innovation braucht Vernetzung

Das Health Care Symposium 2019 der Pharmig Academy gab einen Aus- und Überblick zu Innovationen und der fortschreitenden Digitalisierung in Gesundheitswesen und Medizin.

 „Innovationen passieren tagtäglich, auch in Österreich. Eine Fülle diagnostischer und therapeutischer Neuheiten warten auf ihren Einsatz in der Medizin.“ So eröffnete Pharmig Academy-Präsident, Prof. Dr. Robin Rumler, das Health Care Symposium 2019 im Hotel Das Triest. Unter dem Generalthema „Pharma & Health 4.0“ versammelte die Pharmig Academy nationale und internationale ExpertInnen aus den Bereichen Digitalisierung, Innovation, Regulatory und Ökonomie, um im Hinblick auf innovative Therapien und Digitalisierung den Status Quo und Trends der Zukunft aus Sicht von Verwaltung, Akademia, Industrie und Politik zu diskutieren.

Keynote-Speakerin Prof. Gaia Novarino, Group Leader am Institute of Science and Technology IST Austria, führte am Beispiel ihrer Autismus-Forschung vor Augen, welche großen Sprünge die Medizin in den letzten Jahren gemacht hat. Fast wie selbstverständlich werde heute mit Stammzellen und Organoiden gearbeitet, an CAR-T Zell- und Immuntherapien geforscht und die Onkologie durch aktuelle Entwicklungen rund um Checkpoint-Inhibitoren revolutioniert. Auch in Österreich entsteht aktuell viel Neues. Von der Arzneimittelforschung über diagnostische Neuerungen bis zu Pharmaceutical Engineering, wo Pharmazie und Ingenieurswissenschaften miteinander verbunden werden.

Personalisierte Medizin mit dem Ziel, Patientinnen und Patienten mit individuell maßgeschneiderten Medikationen zu heilen, erfordert eine neue Art der Kollaboration. Angesichts der zunehmenden Komplexität in Forschung und Entwicklung im Bereich der personalisierten Medizin sei dabei das wichtigste, dass „eine Vernetzung bisheriger Forschungsergebnisse mit zukünftigen Erkenntnissen stattfindet. Dabei sind Transparenz und interdisziplinäre Kollaboration die Basis für weitere Innovationen“, stellte Univ.-Prof. Dr. Renate Kain, Präsidentin der österreichischen Plattform für personalisierte Medizin, klar.

Zunehmend spielt künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle für den Fortschritt in der Medizin. Eine Pionierin auf diesem Gebiet ist Dr. Loubna Bouarfa. Die Gründerin von OKRA Technologies ist High-Level Expert on Artificial Intelligence der Europäischen Kommission. Sie zeigte in ihrem Vortrag jene Chancen auf, die Algorithmen und der Einsatz künstlicher Intelligenz bieten, um Therapien und Medikationen weiterzuentwickeln. Dabei helfen Digitalisierungsmaßnahmen und künstliche Intelligenz maßgeblich, Datenströme in ein digitales System zu strukturieren, aus dem neue Ansätze für die Arzneimittelentwicklung und die klinische Forschung gewonnen werden.

In der anschließenden Diskussion zum Thema „Digital Innovations“ hielt Prof. Dr. Elke Guenther, Head of Center for Health & Bioresources am Austrian Insititute of Technology GmbH, fest, dass Daten nur mit Sinn und Verstand genutzt werden sollen und die Verwendung stehts auf das Outcome, also die Frage nach dem Ziel, ausgerichtet sein müsse. Einen Einblick in die Welt des Darknets gab Dr. Cornelius Granig, Unternehmensberater im Bereich Cyber Security, der sich ebenfalls für den respektvollen Umgang mit Gesundheitsdaten aussprach, denn „aus der missbräuchlichen Verwendung können nicht nur Gesundheitsprobleme für die betroffenen Patienten resultieren, sondern auch Rechtsstreitigkeiten und finanzielle Sanktionen.“

Das Gesundheitswesen der Zukunft braucht Plattformen, um Daten aus wissenschaftlichen, medizinischen, unternehmerischen und persönlichen Quellen zusammenzuführen, zu kombinieren und zu teilen. Die ExpertInnen sind sich einig, dass aktuell Public Health-Daten zu wenig genutzt werden, obwohl sie anonymisiert verfügbar sind. Generell spielen in der Entwicklung eines nachhaltigen Gesundheitssystems jene Daten eine wichtige Rolle, die im Kontext des Lebenszyklus der Patientinnen und Patienten generiert werden, wie zum Beispiel über elektronische Gesundheitsakten und ELGA. Dabei ortet man in Österreich eine große Skepsis vor missbräuchlicher Verwendung. Tatsächlich aber überwiegen die Vorteile, die eine Vernetzung und das Teilen von Daten sowie das gemeinsame, fächerübergreifende Arbeiten für die Patientenversorgung bringen würde. Eine stärkere Vernetzung würde auch bedeuten, dass sich pharmazeutische Unternehmen und weitere Beteiligte im Gesundheitssystem zu Gesundheitsprovidern entwickeln könnten.

Bei der Betrachtung der ökonomischen Seite der vielen Innovationen in Medizin und Gesundheit zeigt sich, wie wichtig es ist, dass alle Beteiligten, wenn sie über Wert und Nutzen sprechen, eine gemeinsame Sprache finden. Gesundheitsökonom Dr. Ernest Pichlbauer beleuchtete, wie unterschiedlich die Definition von Kosten, Ressourcen, Profit oder die Bewertung von Lebenszeit sein können, wenn es um das Thema Finanzierung neuartiger Arzneimittel geht. MMag. Maria Hofmarcher-Holzhacker, Direktorin der Denkfabrik HS&I, spricht sich im Rahmen der Diskussion ganz klar dafür aus, Innovationen weniger als schmerzhafte Ausgaben zu betrachten, sondern ihren Nutzen für die gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung wahrzunehmen.

Dass es in Österreich ein klares Bekenntnis zu medizinischer Innovation gibt, es aber für neue Medikationen und Therapien, deren Kosten sich auf bis zu eine Mio. Euro belaufen, andere Methoden in der Finanzierung braucht, hält a.o. Univ.-Prof. Dr. Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH, fest. In einem tatsächlich integrierten Gesundheitssystem würden Grenzen zwischen dem intra- und extramuralen Bereich aufgebrochen und ein solches würde Prävention, Pflege und Disease-Awareness berücksichtigen. In diesem Zusammenhang sehen die ExpertInnen auch die Notwendigkeit zur Definition konkreter Ziele und Leuchtturmprojekte.

Mit den Worten „die Politik muss der Biologie folgen und nicht umgekehrt“ leitete Prof. Dr. Hans-Georg Eichler, Senior Medical Officer der European Medicines Agency, seine Keynote zu den regulatorischen Fragestellungen im Kontext von neuen Therapien und Digitalisierung ein. Wenn die Vorteile neuartiger Therapien möglichst allen Patientinnen und Patienten in Europa offenstehen sollen, müssen Standards in der Forschung, technische Infrastruktur und Entscheidungsprozesse mit der Geschwindigkeit in der Wissenschaft Schritt halten können. Auch dies erfordere im Gesundheitssystem die Zusammenarbeit zwischen den Interessengruppen, eine gemeinsame Planung und den Daten- und Erfahrungsaustausch. Als zentralen Erfolgsfaktor beschreibt Eichler das lernende Gesundheitssystem, damit Patientinnen und Patienten Schritt für Schritt besser behandelt werden können.

In seinen abschließenden Worten fasste Rumler die Kernaussagen des Symposiums zusammen: „Wir müssen uns für ein nachhaltiges Gesundheitssystem der Zukunft stärker vernetzen und eine gesunde Basis für die vernünftige Nutzung von Daten finden. Mit Neugier als treibender Kraft und Transparenz als Grundlage für erfolgreiche Kollaborationen haben wir die Chance, etwas für die Menschen zu bewegen. Dafür müssen wir mutig Ziele definieren und uns auf allen Ebenen des Gesundheitssystems mit neuen Dingen auseinandersetzen.“

Bilder und weitere Details zu den Panel-Teilnehmern finden Sie hier.
Credits: Pharmig Academy / K. Prokofieff

Über die Pharmig Academy:

Die Pharmig Academy ist das Aus- und Weiterbildungsinstitut der Pharmig, des Verbands der pharmazeutischen Industrie Österreichs. Sie bietet Seminare, Lehrgänge und Trainings zu allen Themen des Gesundheitswesens. Das Angebot orientiert sich an aktuellen Entwicklungen und richtet sich an alle, die Interesse am Gesundheitsbereich haben bzw. darin tätig sind. Das Format des Health Care Symposium ermöglicht den Wissenstransfer spezieller Themen, die von mehreren Fachexperten behandelt und in anschließender Diskussionsrunde erläutert werden.

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