Liposomales Bupivacain wurde vor zwölf Jahren auf den Markt gebracht, um eine lang anhaltende lokale Schmerzkontrolle zu ermöglichen. Das Mittel wird als Lokalanästhetikum insbesondere bei orthopädischen Eingriffen eingesetzt. Eine Forschungsarbeit der MedUni Wien zeigt nun die begrenzte Wirksamkeit der Substanz auf. Die Studie wurde aktuell im Fachjournal „Anesthesiology“, der von Fachleuten begutachteten Zeitschrift der „American Society of Anesthesiologists“ (ASA), publiziert.
Die Studie wurde als Zusammenarbeit von Wissenschafter:innen der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie und der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie mit 25 freiwilligen, gesunden Proband:innen randomisiert, kontrolliert und dreifach verblindet durchgeführt. Bei den Studienteilnehmer:innen wurden zur Schmerzkontrolle nach Zufallsprinzip jeweils zwei Nervenblockaden mit Bupivacain durchgeführt, einmal in der herkömmlichen und einmal in der liposomalen Form. Liposomal bedeutet, dass der Wirkstoff in Liposomen genannten Bläschen eingekapselt ist, was eine langsamere Freisetzung über einen längeren Zeitraum ermöglichen soll. „Da die Kombination von beiden Bupivacain-Formen empfohlen wird, wusste man bisher kaum über die Wirksamkeit von alleiniger Verwendung von liposomalem Bupivain in der Schmerztherapie während und unmittelbar nach Operationen Bescheid“, umfasst Co-Erstautor Peter Marhofer die Ausgangslage.
Wie die Untersuchungen ergaben, führte die Verabreichung von liposomalem Bupivacain bei etwa einem Drittel der Proband:innen zu einer erfolgreichen Blockade der Schmerzleitung, im Vergleich zu 100 Prozent nach Gabe der herkömmlichen Form. „Daraus lässt sich schließen, dass liposomales Bupivacain allein nicht ausreicht, um die Schmerzen während einer Operation zu kontrollieren“, so das Fazit von Anästhesist Peter Marhofer. Was die länger andauernde postoperative Wirksamkeit betrifft, so führte liposomales Bupivacain im betroffenen Bereich des Körpers zwar zu einer über 3,5 Tage anhaltenden reduzierten Schmerzempfindlichkeit. „Allerdings kann diese Wirkung aufgrund unserer Messungen nicht als verlässlich angesehen werden“, so Marhofer, „da die Wirksamkeit auch innerhalb eines Probanden unberechenbar war und über die Zeit teilweise mehrmals ab- und wieder zunahm.“
Weitere Forschung für sicheren Einsatz
Als spezielle Form des bereits 1963 eingeführten Bupivacain wurde liposomales Bupivacain mit dem Ziel entwickelt, eine lang anhaltende regionale Schmerzkontrolle zu gewährleisten. Seine Funktionsweise beruht auf der lokalen Blockierung der Nervenleitung, wodurch keine Schmerzsignale vom betäubten Bereich zum Gehirn weitergeleitet werden können. Durch die Verlängerung der Wirkungsdauer sollten Patient:innen nach der Operation weniger Schmerzen haben und weniger Opioide benötigen, was wiederum das Risiko von Abhängigkeit und anderen unerwünschten Nebenwirkungen senken sollte. In der medizinischen Praxis wird liposomales Bupivacain typischerweise zur lokalen Betäubung insbesondere bei orthopädischen Operationen verwendet. „Unsere Studie zeigte unvorhersehbare Effekte von liposomalem Bupivacain in Bezug auf Nervenblockade und damit einhergehender Schmerzlinderung. Basierend auf unseren Erkenntnissen kann die Substanz somit derzeit nicht für den Gebrauch in der Schmerztherapie während und nach Operationen empfohlen werden“, betont Studienleiter Markus Zeitlinger.
Publikation: Anesthesiology
Liposomal Bupivacaine for Peripheral Nerve Blockade: A Randomized, Controlled, Crossover, Triple-Blinded Pharmacodynamic Study in Volunteers
Markus Zadrazil, Peter Marhofer, Philipp Opfermann, Werner Schmid, Daniela Marhofer, Mira Zeilberger, Lena Pracher, Markus Zeitlinger;
DOI: 10.1097/ALN.0000000000004988
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38558118/