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Austrian Health Forum Gastein 2025: Top-Expert:innen arbeiteten am „Patienten Gesundheitssystem“

Beim Austrian Health Forum in Bad Hofgastein (AHF-Gastein 2025) trafen sich am 21. und 22. Oktober über 200 Expert:innen und Entscheidungsträger:innen aus den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft, Technologie und Politik, um an den Herausforderungen des österreichischen Gesundheitssystems zu feilen. Dabei ging es mit eHealth und Prävention um zwei zentrale Themen, die die Zukunft des österreichischen Gesundheitssystem prägen.

Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig skizzierte in ihrer Eröffnungsrede die aktuelle Situation: „Wir haben auf mehreren Ebenen große finanzielle und personelle Herausforderungen übernommen.“ Um diese zu meistern, brauche es Anstrengungen in vielen Bereichen, etwa auch in der Vorsorge, wo es großen Nachholbedarf gebe: „Nur 5% der Gesamtkosten werden in Österreich für Prävention ausgegeben, das ist zu wenig. Wir müssen Menschen ermächtigen, ihre eigene Gesundheitskompetenz zu stärken, auch mit Hilfe der Gesundheitsnavigation 1450.“ Darüber hinaus arbeite sie mit dem Bildungsministerium und dem Sportstaatssekretariat zusammen, „um Gesundheit schon in den Schulen zu thematisieren und Bewegung zu fördern.“

Peter Lehner, Obmann der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS), betonte in seiner Eröffnungsrede: „Die Digitale Transformation und die Vorsorge-Transformation sind die entscheidenden Entwicklungen für die Zukunft unseres Gesundheitssystems. Dies wird uns nur gelingen, wenn alle – die Stakeholder und die Gesellschaft – Verantwortung übernehmen. Die Devise kann nicht „Opt-Out“ sein, sie muss All-in heißen.“

KI-Chatbots als Gesundheitsberater? 

„Toll, dass Du einen Kaktus umarmen willst!“

Wie schwierig Kommunikation rund um Gesundheitsthemen und Wissenschaft seien, zeigte Molekularbiologe und Science Buster Martin Moder in seiner Keynote – und das werde durch aktuelle Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz (KI) nicht gerade leichter: „Chatbots loben die Leute für die dümmsten Ideen, das kann tatsächlich medizinisch problematisch werden“, sagte Moder – und zitierte zur Illustration eine Antwort von ChatGPT: „Toll, dass Du einen Kaktus umarmen willst.“

Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom Institute for Advanced Studies schilderte in seiner Keynote, wie sich der Diskurs um Gesundheitsvorsorge verändert habe: „Wir haben es nicht geschafft, die tägliche Turnstunde einzuführen. Jetzt reden wir nur noch von der täglichen Bewegungseinheit, und manche verstehen das so, dass man sich fürs Mittagessen zur Mensa bewegt.“ Der IHS-Experte präsentierte Daten und Fakten zu möglichen Einsparungen durch Prävention: Sowohl Adipositas als auch Rauchen verursache jährlich je etwa 2,4 Milliarden Euro an Folgekosten. „Wenn Sie das zurückdrängen, steigt die Lebensqualität, und die Kosten fürs Gesundheitssystem sinken“, so Czypionka.

Nadja Pecquet gab in ihrer Keynote Erfahrungen als Geschäftsführerin der Telemedizin-Anwendungsplattform Virtuelles Krankenhauses Nordrhein-Westfalen weiter: „Das Virtuelle Krankenhaus hat gezeigt, dass Telemedizin funktioniert. Die Verankerung solcher Strukturen in der Fläche scheitert leider nach wie vor an den unterschiedlichen Partikularinteressen der verantwortlichen Akteure." Digitalisierung funktioniere nur, wenn man das auch wirklich wolle, so Pecquet: „Digitalisierung ist keine App, sondern ein Organisationsprinzip, das man mit entsprechenden Finanzmitteln ins Rollen bringen muss.“

Das große Bild zeichnete Katharina Reich, Sektionschefin im Gesundheitsministerium und Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit, bei der Podiumsdiskussion am ersten Kongresstag des Austrian Health Forum in Gastein: „Es braucht ein strategisches, strukturiertes Vorgehen, um mit den vorhandenen Ressourcen möglichst stringente und innovative Präventionsprogramme planen und umsetzen zu können. Die Integrierte Versorgung ist ein tolles, vielschichtiges Projekt, das über Bundesländergrenzen hinausgeht und für eine umfassende, effiziente Versorgung aller Patient:innen sorgt. Hier braucht es die Zusammenarbeit aller Akteure und vor allem ein System, das über ELGA hinausgeht. Dabei darf die Patient:innensicht natürlich nicht fehlen, um die nötige Akzeptanz zu gewährleisten. Hier setzt der Bund auf ein begleitendes, umfassendes Patient:innen- und Bürger:innenbeteiligungsformat, an dem derzeit intensiv gearbeitet wird.“

Gesundheitskompetenz als Teil der Prävention: Höhere Kompetenz und mehr gesunde Lebensjahre in Westösterreich

In Hinblick auf aktuelle Forderungen, bundesweite Lösungen fürs Gesundheitssystem zu finden, betonte ÖGK-Chef Andreas Huss, dass man dennoch auch auf regionale Gegebenheiten Rücksicht nehmen müsse: „Wir dürfen nicht den Fehler machen, für ganz Österreich dasselbe zu tun, sondern wir sollten uns fragen: Wo braucht es denn was?“. So sei die Gesundheitskompetenz in Ostösterreich schlechter ausgeprägt als in Westösterreich, auch verbringen die Menschen im Westen Österreichs mehr gesunde Lebensjahre.

Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, plädierte für mehr Maßnahmen, die auf die Patient:innen zugeschnitten sind: „Wir schlagen ein individuelles Präventionskonto für alle in Österreich vor. Damit könnte man im budgetären Rahmen sehr zielgerichtet Maßnahmen setzen.“ Mursch-Edlmayr plädiert dafür, dass im Rahmen des E-Rezepts künftig alle Gratisimpfungen automatisch auf die E-Card aufgespielt werden, da Apotheker:innen und Ärzt:innen dann bei jedem Treffen mit Patient:innen auf die mögliche Impfung aufmerksam machen könnten.

Ella Rosenberger, Geschäftsführerin von Pro Rare Austria, kritisierte, wie lange es oft dauere, bis Patient:innen diagnostiziert und gut versorgt sind, nicht nur bei den von ihr vertretenen Menschen mit seltenen Erkrankungen: „Es ist alles sehr kompliziert im Gesundheitssystem. Es muss einfacher für die Patienten werden, damit sie in diesem System gut versorgt sind“, erklärte Patientenvertreterin Rosenberger.

Dass komplizierte Strukturen und schlechte Kommunikation zu einer ungünstigen Patientenlenkung führen, wurde am zweiten Kongresstag diskutiert. „Wir haben ein System, das die Patientinnen und Patienten zur teuersten Behandlung führt, und nicht in den gut leistbaren niedergelassenen Bereich“, so SVS-Generaldirektor Alexander Biach. In die gleiche Kerbe schlug auch Elisabeth Bräutigam, Vorständin der NÖ Landesgesundheitsagentur: „Wir lenken die Patienten nicht nur an den teuersten Punkt, sondern auch an den für sie ungünstigsten Punkt. Wir transportieren Patienten ins Spital, zahlen auch den Transport. Der Patient muss Zeit investieren und Wege auf sich nehmen, obwohl man es wohnortnahe einfacher und günstiger anbieten könnte.“ Als besseres Modell für wohnortnahe Versorgung nannte sie die Gesundheitsklinik Gmünd, ein „Spital ohne Betten“, das von tagesklinischen Operationen über Endoskopie bis hin zu Röntgen ein breites Spektrum medizinischer Versorgung anbiete. Im Rahmen des AHF wurde auch das Konzept des „Spitals der Zukunft“ präsentiert, das nicht mehr nur auf große, zentrale Einrichtungen setzt.

Für höhere Produktivität und bessere Kompetenzverteilung: eHealth und Telemedizin als Teil der Lösung

Einig waren sich die AHF-Expert:innen, dass eHealth ein kluges Steuerungssystem ermögliche. Vinzenz Gruppe-Geschäftsführer Michael Heinisch: „Telemedizin hilft uns dabei, produktiver zu werden, um den steigenden Bedarf mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nachhaltig zu decken. Wenn wir die Chancen der Telemedizin nicht nutzen müssen wir uns in ein paar Jahren etwas vorwerfen.“ Als Beispiel nannte er „Hallo Gesundheit“, das eHealth-Patientenportal der Vinzenz Gruppe, das als digitaler Assistent für Termine, Befunde und Sprechstunden dient.

Alexander Kollmann, eHealth-Beauftragter des Landes Salzburg, stellte beim AHF-Gastein 2025 die Umsetzung der eHealth-Strategie in Salzburg vor und erklärte, dass man die Beteiligten im Gesundheitssystem nicht überfordern dürfe: „Wir müssen die Leute mitnehmen im Prozess der Digitalisierung. Wir steigen nicht gleich in den Porsche mit fünfhundert PS. Vielleicht nehmen wir zuerst das Skateboard oder das Moped, und dann das Auto, und führen die Leute so an die Veränderungen heran.“

Bessere Rahmenbedingungen für Prävention: Beispiele Krebs-Nachsorge und Diabetes Typ 1-Früherkennung

Ein großes Thema beim Austrian Health Forum in Gastein waren auch moderne Ansätze der Prävention wie etwa frühzeitige Intervention. Unter anderem ging es um strukturelle Prävention, die Rahmenbedingungen für ein „gesünderes“ System schaffe, das den Fokus verlagere von der „Reparatur-Medizin“ hin zur Vorsorge. Und im Rahmen der selektiven Prävention sei es nötig und technisch möglich, Personen mit erhöhtem Risiko für genetische Erkrankungen zu identifizieren, um frühzeitig präventive Maßnahmen zu ergreifen.

Das helfe zum Beispiel bei Diabetes Typ 1, wo Früherkennung das Risiko für eine diabetische Ketoazidose bei Diabetes Erstmanifestation erheblich reduzieren kann. „Kinder und Jugendliche mit Typ 1 Diabetes haben zu 90% keine erstgardigen Verwandten mit Diabetes in der Familie, es ist den Eltern also nicht bewusst, dass ihre Kinder Diabetes bekommen könnten. Über ein Autoantikörper-Screening, das weniger als 30 Euro kostet, Wird nach dem Vorliegen eines Typ 1 Diabetes gesucht. Findet man Betroffene, so gibt es in Österreich Diabeteszentren, die im Rahmen von Studien Immuntherapien anbieten werden. Diese Therapien zielen darauf ab, jenen Autoimmunprozess zu verlangsamen, der die insulinproduzierenden Beta-Zellen zerstört“, erklärte Elke Fröhlich-Reiterer, Leiterin des Bereichs Diabetes und Endokrinologie der Universitätsklinik Kinder- und Jugendheilkunde Graz. Um das als wirksame präventive Maßnahme umzusetzen, brauche es strukturiertes Screening.

Auch neue Therapien bei Multipler Sklerose (MS) sind wichtig in der Sekundärprävention, wie Gerhard Traxler, leitender Oberarzt am Kepleruniversitätsklinikum Linz, im Rahmen des AHF-Gastein 2025 erklärte: „Bei der chronisch entzündlichen Erkrankung MS wirken bisherige Therapien primär auf die entzündliche Komponente der Erkrankung wie Schübe, die zu Beginn der Erkrankung im Vordergrund stehen. Die Progression in Form einer schleichenden Verschlechterung kann im Laufe der Erkrankung auftreten – hier wirken die bisher zugelassenen Therapien unzureichend. Durch frühzeitige Erkennung und Therapiestart mit hocheffizienten Medikamenten konnte die Wahrscheinlichkeit von Behinderungsakkumulation durch Schübe oder das Auftreten einer Progression deutlich reduziert werden. Dennoch benötigen wir neue Therapien, die gezielt die schleichende Behinderung verzögern. Diese sind auch finanziell rentabel, weil Menschen länger im Erwerbsleben bleiben können, was auch sozial und psychisch gut für die Patient:innen ist.“

Auch medizinische Ernährungstherapie sei ein wichtiges tertiärpräventives Instrument in der Nachsorge bei Krebspatient:innen, betonte Primar Hannes Kaufmann, Abteilungsvorstand an den Kliniken Favoriten und Landstraße Wien und Programmdirektor beim Vienna Cancer Center. Medizinische Ernährungstherapie könne die Rückfallquoten verringern, werde den Patient:innen in Österreich aber noch zu wenig angeboten. Dabei wäre Ernährung gerade bei älteren Betroffenen wichtig, denn in dieser Gruppe ist in Österreich jeder Fünfte mangelernährt. „Mangelernährung ist einer der stärksten Risikofaktoren für Komplikationen, Therapieabbruch und kurzes Überleben – frühzeitige Ernährungstherapie kann hier entscheidend sein“, so Onkologe Kaufmann.

Ermutigung und Ergebnisse am AHF-Gastein 2025: Katalog mit 10 konkreten Fragen an die Politik

Insgesamt plädierte Meinhild Hausreither, Sektionschefin im Gesundheitsministerium, für konstruktive Diskussionen: „Es braucht Kompromissbereitschaft und den Willen, gemeinsam zu gestalten“. Die aktuelle Kompetenzverteilung in der Bundes-Verfassung ist historisch gewachsen, für Veränderungen brauche es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament und damit einen breiten Konsens auf politischer Ebene.

AHF-Gründer Christoph Hörhan über Grundtenor und Ergebnisse des AHF-Gastein 2025. „Während sich der Druck im Gesundheitssystem erhöht, verstreicht kostbare Zeit, weil von den wichtigen Innovationen in der Praxis noch wenig angekommen ist.“ Er betonte, dass verbindliche Entscheidungen gefragt seien, um gute Ideen möglichst rasch und umfassend in die Praxis zu bringen. „Wir haben in Gastein die wichtigsten Veränderungen aufgezeigt, die angestoßen werden sollen“, so Hörhan. In diesem Sinn wurden beim Austrian Health Forum die folgenden Fragen an die Politik formuliert:

eHealth: wichtigste Fragen und Themen

  • 1450 und Kompetenz zur Patientenlenkung
  • Innovation & Risiko (nicht alle Projekte können bis ins Detail geplant werden)
  • eHealth Literacy
  • „No na ned“-Projekte (Projekte, die offensichtlich sinnvoll sind, auch umsetzen)
  • Umsetzung als PPP-Projekte (Public Private Partnership)

Prävention: wichtigste Fragen und Themen

  • Digitale Unterstützung (z.B. Tools) skalieren, statt pilotieren
  • Gute und niederschwellige Begleitung von Patient:innen durchs System
  • Berufsübergreifende Zusammenarbeit und Prozesse
  • Integrierte Prävention, Koordination Spitalsambulanzen/niedergelassener Bereich
  • stärkere Incentivierung für sektorenübergreifende Prävention

Über das AHF

Beim Austrian Health Forum (AHF) dreht sich alles um die Gesundheitsversorgung in Österreich: Wie kann diese verbessert und nachhaltig gesichert werden? Ideen und konkrete Maßnahmen werden auf den AHF-Kongressen entwickelt, die im Frühling in Schladming und im Herbst in Gastein stattfinden. Mit rund 600 hochkarätigen Teilnehmer:innen und Speaker:innen jährlich hat sich das AHF als führendes Netzwerktreffen im heimischen Gesundheitswesen etabliert. Details zum AHF-Gastein 2025 unter https://www.austrianhealthforum.at/kongresse/gastein-2025 

Weitere Informationen: www.austrianhealthforum.at

Das Austrian Health Forum dankt folgenden Partnern für ihre Unterstützung:

  • Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
  • Fresenius Kabi Austria GmbH 
  • Genesys International B.V.
  • HÖRHAN Strategy Consultants GmbH
  • Novartis Pharma GmbH
  • Österreichischer Apothekerverband
  • Roche Diagnostics GmbH
  • Sanofi-Aventis GmbH
  • Siemens Healthcare Diagnostics GmbH
  • SVS - Sozialversicherung der Selbständigen

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