Eine umfassende Studie von Wissenschafter:innen der Human- und Veterinärmedizin aus der DACH-Region liefert nun wichtige neue Erkenntnisse zum Verbreitungsweg dieser Viruserkrankung. Dabei zeigte sich auch, dass die Todesfälle beim Menschen zahlreicher sind als bisher angenommen. Erschienen ist die unter Beteiligung der Veterinärmedizinischen Universität Wien entstandene Studie soeben in der führenden Fachzeitschrift „Nature Communications“.
Das Borna Disease Virus 1 (BoDV-1) ist der Erreger der Bornaschen Krankheit, die bei Haussäugetieren wie Pferden und selten auch beim Menschen zu meist tödlichen Entzündungen des Gehirns führt. Verursacht wird die Spillover-Infektion von seinem natürlichen Reservoirwirt, der Feldspitzmaus (Crocidura leucodon). Die bekannten BoDV-1-Endemiegebiete sind auf Teile von Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein beschränkt. Zwar ist das Virus bereits seit langem bekannt, Daten dazu waren bisher jedoch spärlich und lückenhaft.
Zahl der Erkrankungen beim Menschen höher als bisher angenommen
Nun wurde die bisher größte Studie zur Verbreitung von BoDV-1 veröffentlicht. Daran beteiligt waren mehr als 25 Institutionen der Veterinär- und Humanmedizin in Deutschland, Österreich, und der Schweiz (DACH-Region). Um Daten über das Vorkommen von BoDV-1 zu erhalten, untersuchten die Forscher:innen Gehirnproben von aktuellen und archivierten BoDV-1-Infektionen bei Menschen und Tieren. Dazu Norbert Nowotny und Jolanta Kolodziejek (Zentrum für Pathobiologie der Vetmeduni): „Eine BoDV-1-Infektion wurde mittels Genanalyse bei 207 Haussäugetieren, 28 Menschen und sieben wildlebenden Feldspitzmäusen bestätigt. Damit erhöht sich die Zahl der veröffentlichten, im Labor bestätigten menschlichen BoDV-1-Infektionen deutlich und zwar auf 46 Fälle.“
Ausschließlich regionale Ansteckungen
Zusätzlich ermöglichte die Generierung von 136 neuen BoDV-1-Genomsequenzen von Tieren und Menschen eine eingehende Analyse der Virus-Verbreitung. „Die Definition von Risikogebieten für die zoonotische BoDV-1-Übertragung und die Bewertung geografischer Infektionsquellen bringt unser Wissen zum Bornavirus auf ein völlig neues Niveau. Wesentlich, insbesondere auch für die Prävention, ist die regionale Eingrenzung der Verbreitungsgebiete. Wie bereits bisher angenommen, beschränken sich diese auf Teile Österreichs und der Schweiz sowie auf die südlichen und östlichen Landesteile Deutschlands“, erklärt Nowotny.
Im Einklang mit der geringen Mobilität der Feldspitzmaus zeigen die BoDV-1-Sequenzen zudem eine bemerkenswerte geografische Assoziation. Die engsten genetischen Verwandten der meisten vom Menschen stammenden BoDV-1-Sequenzen befanden sich in einer Entfernung von weniger als 40 km. Dazu Nowotny: „Das deutet darauf hin, dass die Spill-over-Übertragung aus dem natürlichen Reservoir in der Regel in der Heimatregion der erkrankten Menschen und Tiere stattfindet.“
Service:
Der Artikel „Lethal Borna disease virus 1 infections of humans and animals – in-depth molecular epidemiology and phylogeography“ von Arnt Ebinger, Pauline D. Santos, Norbert Nowotny et al. wurde in „Nature Communications“ veröffentlicht.
Lethal Borna disease virus 1 infections of humans and animals – in-depth molecular epidemiology and phylogeography | Nature Communications
Rückfragehinweis:
Univ.-Prof. Dr. Norbert Nowotny
Zentrum für Pathobiologie
Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni)
norbert.nowotny(at)vetmeduni.ac.at