Vetmeduni Vienna: „Krebsgen“ verringert Metastasenbildung bei Prostatakrebs

Ein für Krebswachstum verantwortliches Gen spielt bei Prostatakrebs eine völlig andere Rolle als erwartet. Das Gen Stat3 fördert normalerweise das Wachstum von Krebszellen. Bei Prostatatumoren ist es umgekehrt. Ein aktives Stat3-Gen unterdrückt das Tumorwachstum. Dies könnte das „missing link“ für eine essentielle Rolle des Stat3- und IL-6-Signalwegs im Prostatakarzinom sein. Das hat eine internationale Studiengruppe rund um den Wiener Pathologen Lukas Kenner von der Med Uni Wien, der Vetmeduni Vienna sowie des Ludwig Boltzmann Instituts für Krebsforschung (LBI-CR) nun herausgefunden.

Interleukin-6 (IL-6) ist ein wichtiges Zytokin, das Wachstum und Überleben von Tumorzellen kontrolliert. Ein hyperaktives IL-6 wird allgemein als krebsfördernd angesehen, vor allem weil es im IL-6-Signalweg STAT3 steuert, das in den meisten Tumoren als Onkogen bekannt ist. Viele Therapien zielen daher auf eine Unterdrückung von IL-6 oder STAT3 ab.

Bei Prostatakrebs verhält es sich allerdings anders. Eine Studiengruppe um den Pathologen Lukas Kenner hat nun herausgefunden, dass ein aktives STAT3, entgegen der bisherigen Annahme, bei Prostatatumoren das Zellwachstum unterdrückt. Es aktiviert das Gen P14ARF, das die Zellteilung der Tumorzellen blockiert und so das Tumorwachstum hemmt.

“An Knockout-Mäusen, die ein präklinisches Modell für Prostatakarzinome darstellen, konnten wir eine Verbindung zwischen dem IL-6/Stat3- und ARF-Signalweg herstellen, der für die Metastasierung von Prostatakarzinomen verantwortlich ist”, erklärt der Erstautor Jan Pencik.

Damit eignen sich STAT3 und P14ARF hervorragend als Biomarker für eine Prognose der Krankheitsentwicklung. Wenn diese beiden Faktoren im Gewebe fehlen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Tumor- und Metastasenbildung. „Die Vorhersagekapazität dieser Proteine als Biomarker ist doppelt so gut wie der bisherige Gold-Standard“, betont Kenner. Da nur etwa zehn Prozent aller an Prostatakarzinom erkrankten Patienten an dem Tumor sterben, lassen sich so unnötige Operationen vermeiden, die schwere Nebenwirkungen wie Inkontinenz und Impotenz verursachen können. Eine darauf basierende nuklearmedizinische Untersuchungsmethode könnte die schmerzhaften operativen Gewebeentnahmen zur Untersuchung bald ersetzen.

Rezeptorblocker können Prostatakrebs fördern
Die umgekehrte Rolle von Interleukin-6 als Hemmer des Prostatakarzinoms hat noch eine andere Bedeutung. Eine Blockade von Interleukin-6 wird bei Behandlungen von verschiedenen Krankheiten angewendet. So wird ein solcher Rezeptorblocker etwa zur Behandlung der Rheumatoiden Arthritis eingesetzt. „Unsere Studienergebnisse legen nahe, dass Krankheitsbehandlungen, die den IL-6 Signalweg blockieren, als Begleiterscheinung das Wachstum von Prostatakrebs fördern könnten“, beschreibt Kenner diesen nun aufgedeckten Zusammenhang. „Der Wirkstoff, der zur Therapie einer entzündlichen Krankheit eingesetzt wird, fördert also die Entstehung einer anderen, möglicherweise bösartigen Erkrankung. Aus diesem Grund raten wir zur Vorsicht bei der Behandlung mit IL-6/Stat3 Inhibitoren in der klinischen Praxis bei Patienten mit tumorösen Erkrankungen.“

„Weitere Studien sind jetzt notwendig, um das Karzinomrisiko dieser Substanzen abzuklären“, sagt Helmut Dolznig von der Medizinischen Universität Wien.

Die Studie wurde vor allem vom LBI-CR und dem FWF finanziert. Die Ergebnisse wurden soeben im renommierten Fachjournal „Nature Communications“ publiziert. Lukas Kenner leitet die Abteilung für Labortierpathologie am Klinischen Institut für Pathologie an der MedUni Wien und der Vetmeduni Vienna und ist Deputy Director am Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung.

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Der Artikel „STAT3 regulated ARF expression suppresses prostate cancer metastasis“ von Jan Pencik, Michaela Schlederer, Wolfgang Gruber, Christine Unger, Steven M. Walker, Athena Chalaris, Isabelle J. Marié, Melanie R. Hassler, Tahereh Javaheri, Osman Aksoy, Jaine K. Blayney, Nicole Prutsch, Anna Skucha, Merima Herac, Oliver H. Krämer, Peter Mazal, Florian Grebien, Gerda Egger, Valeria Poli, Wolfgang Mikulits, Robert Eferl, Harald Esterbauer, Richard Kennedy, Falko Fend, Marcus Scharpf, Martin Braun, Sven Perner, David E. Levy, Tim Malcolm, Suzanne D. Turner, Andrea Haitel, Martin Susani, Ali Moazzami, Stefan Rose-John, Fritz Aberger, Olaf Merkel, Richard Moriggl, Zoran Culig, Helmut Dolznig und Lukas Kenner wurde in Nature Communications veröffentlicht.
DOI: 10.1038/ncomms8736

Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. Im Jahr 2015 feiert die Vetmeduni Vienna ihr 250-jähriges Bestehen. www.vetmeduni.ac.at

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