Seit 2016 ist in der EU der Wirkstoff Palbociclib für post-menopausale Brustkrebspatientinnen mit fortgeschrittenem Hormonrezeptor-positivem, metastasierenden Brustkrebs zugelassen. In den USA ist der Wirkstoff bereits seit 2015 auf dem Markt: Eine Studie hatte gezeigt, dass im Zuge der Kombinationstherapie – Palbociclib in Kombination mit Letrozol – Patientinnen doppelt so lange ohne Fortschreiten der Krankheit lebten wie jene, die nur die klassische Hormontherapie erhielten.
Das Team um Lead-Autor Benedikt Warth hat nun die klinischen Ergebnisse über die deutlich höhere Wirksamkeit der Kombinationstherapie auf molekularer Ebene bestätigt: "Mittels neuartiger Technologien haben wir die Gesamtheit der zellulären Stoffwechselprodukte, das sogenannte Metabolom, in Brustkrebszellen untersucht. Es hat sich gezeigt, dass eine Kombination beider Wirkstoffe viel stärkere Effekte auslöst, als es im Zuge der alleinigen Antihormontherapie der Fall ist", sagt Erwin Schrödinger-Stipendiat Warth, der mittlerweile aus den USA an die Universität Wien zurückgekehrt ist und am Institut für Lebensmittelchemie und Toxikologie eine Forschungsgruppe aufbaut.
Effizienz der Kombinationstherapie
Der Wirkstoff Letrozol, ein Aromatasehemmer, blockiert die Produktion von natürlichen Östrogenen und damit das Krebszellenwachstum; Palbociclib hemmt bestimmte Enzyme, die den Zellzyklus und das Zellwachstum regulieren. Wie die Wirkstoffe auf molekularer Ebene wirken und die Stoffwechselprozesse in den Zellen verändern, haben Warth und Gary Siuzdak vom renommierten Scripps Research Institute in San Diego, Kalifornien, mit KollegInnen mittels Metabolomics-Technologien, die auf dem Prinzip der Massenspektrometrie basieren, untersucht.
"Wenn allerdings Substanzen mit östrogener Aktivität über die Nahrung aufgenommen werden, sogenannte Xenoöstrogene, könnten diese durch ihre hormonelle Wirkung im menschlichen Körper die Wirksamkeit der Therapie, insbesondere den antihormonellen Effekt von Letrozol, beeinflussen. Die Xenoöstrogene haben offensichtlich das Potenzial, die Wirkung der Therapie auf Ebene der Stoffwechselprodukte zu verringern. In Zellkultur reichen schon geringe Dosen aus, um die Effizienz der Behandlung deutlich zu senken", sagt Warth.
Einfluss der Xenoöstrogene
Die Forscher haben Brustkrebszellen, die unter dem Einfluss von Palbociclib/Letrozol standen, zwei Hauptvertretern der Xenoöstrogene ausgesetzt: dem Pilzöstrogen Zearalenon, das von einem Schimmelpilz produziert wird und regelmäßig in kontaminiertem Mais oder Weizen nachgewiesen werden kann, sowie dem Pflanzenöstrogen Genistein, das etwa in Soja vorkommt und unter anderem als Nahrungsergänzungsmittel gegen Beschwerden in den Wechseljahren vermarktet wird.
Die Resultate im Zellmodell legen Warth zufolge nahe, dass Brustkrebspatientinnen, die Palbociclib und Letrozol einnehmen, "nicht exzessiv" Produkte mit östrogenwirksamen Substanzen essen und Phytoöstrogene als Nahrungsergänzung zu sich nehmen sollten: "Unsere Ergebnisse müssen aber erst noch im Tiermodell und im Menschen bestätigt werden, um hier konkrete Ernährungsempfehlungen ableiten zu können", so Warth. Diese neue Therapieform für Brustkrebs sei äußerst effektiv und "wer sich ausgeglichen ernährt, sollte sich derzeit keine Gedanken machen".
Publikation in "Cell Chemical Biology":
Metabolomics Reveals that Dietary Xenoestrogens Alter Cellular Metabolism Induced by Palbociclib/Letrozole Combination Cancer Therapy. Benedikt Warth, Ana Granados, Tao Huan, Mingliang Fang, Erica M. Forsberg, H. Paul Benton, Laura Goetz, Caroline H. Johnson, Gary Siuzdak, Cell Chemical Biology, 2018.
www.cell.com/cell-chemical-biology/fulltext/S2451-9456(17)30459-2
DOI: https://doi.org/10.1016/j.chembiol.2017.12.010
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