TU Wien: Weniger Gold ist manchmal besser

Mit einer ultradünnen Goldschicht gelang es an der TU Wien, einen fast optimalen Infrarot-Absorber zu erzeugen. Mögliche Anwendungen reichen von der Astrophysik bis zur Virendetektion.

Infrarot-Detektoren spielen in der Forschung eine wichtige Rolle: Viele Moleküle absorbieren auf ganz charakteristische Weise elektromagnetische Strahlung im Infrarotbereich. Daran kann man Moleküle ähnlich präzise erkennen wie Menschen an ihrem Fingerabdruck. Infrarot-Spektroskopie verwendet man in ganz unterschiedlichen Bereichen – von der Astrophysik über die Umweltanalytik bis zur Suche nach Viren.

Wichtig ist es dabei, auch winzig kleine Strahlungsdosen zuverlässig messen zu können. Dafür braucht man ein Material, das die Strahlung möglichst gut absorbiert. Das wurde an der TU Wien nun gefunden: Mit einem speziellen technischen Trick gelang es, eine ultradünne Goldschicht herzustellen, die nur 2 Nanometer misst. So lässt sich ungefähr die Hälfte der Strahlungsenergie einfangen und in Wärme umwandeln – und zwar auf völlig gleichmäßige Weise, in einem breiten Bereich des Infrarot-Spektrums.

Dünnere Schichten – mehr Widerstand

„Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, eine elektromagnetische Welle möglichst gut zu absorbieren. Man kann sich spezielle Antennengeometrien ausdenken oder mit speziell strukturierten Oberflächen arbeiten“, sagt Niklas Luhmann, Dissertant in der Forschungsgruppe von Prof. Silvan Schmid am Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme der TU Wien. „Damit kann man fast perfekte Absorber für eine bestimmte Wellenlänge herstellen. Aber was man eigentlich braucht, ist ein Absorber, der Strahlung ganz unterschiedlicher Wellenlängen möglichst gleich gut aufnimmt.“

Daher entschied sich das Team für einen anderen Ansatz: „Schon lange weiß man, dass eine elektromagnetische Welle dann am besten aufgenommen wird, wenn sie auf ein Material mit genau dem passenden Flächenwiderstand trifft – nämlich 188 Ohm“, erklärt Niklas Luhmann. Das Problem ist nur: Dieser Flächenwiderstand ist schwer zu erreichen.

Der Flächenwiderstand eines Materials hängt von seiner Dicke ab: Je dicker die Schicht, umso besser kann sie elektrischen Strom leiten und umso kleiner wird der Widerstand. Bei Metallen wie etwa Gold erreicht man den gewünschten Flächenwiderstand nur, wenn die Schichtdicke extrem dünn ist – und bisher waren selbst die dünnsten Goldschichten viel zu dick.

Kupferoxid hilft gegen Goldklumpen

„Normalerweise hat Gold die Tendenz, zusammenzuklumpen“, sagt Luhmann. „Wenn man Gold auf Siliziumnitrid aufdampft, gehen die Goldatome zum Teil eine Verbindung mit Silizium-Atomen ein, und genau dort kommen bevorzugt weitere Gold-Atome dazu. Auf der Oberfläche bilden sich kleine Inseln, ähnlich wie man das aufgrund der Oberflächenspannung bei Wassertropfen an der Glasscheibe beobachten kann.“ Eine geschlossene, durchgehende Goldschicht entsteht erst, wenn man ziemlich viele Goldatome verwendet hat, und dann ist die Dicke der Schicht bereits so groß, dass der Flächenwiderstand zu klein geworden ist.

Doch inspiriert von anderen Arbeiten, in denen unterschiedliche Materialien mit Erfolg kombiniert worden waren, entwickelte man an der TU Wien eine Lösung für dieses Problem: Auf Siliziumnitrid wurde zunächst Kupfer aufgebracht. Das Kupfer reagiert an der Luft zu Kupferoxid. Auf diese Kupferoxid-Oberfläche kann man dann in einer Vakuumkammer eine Goldschicht aufdampfen. Dabei hindert das Kupferoxid effektiv die Bindung einzelner Goldatome an das Siliziumnitrid und vermindert somit die Inselbildung. So lässt sich eine extrem dünne Goldschicht erzeugen: Während man sonst nur Schichten mit einer Dicke von mindestens 7  Nanometern herstellen kann, entsteht so eine 2-Nanometer-Goldschicht. Das entspricht etwa 7 Goldatomschichten.

Wie die Gitarre in der Sonne

„Dieser neuartige Goldabsorber kann ungefähr die Hälfte der Energie von Infrarotstrahlen direkt in Wärme umwandeln – das ist ein bemerkenswert hoher Anteil. Und entscheidend ist vor allem: Das gelingt auf sehr gleichmäßige Weise in einem extrem breiten Bereich von Wellenlängen, von 2 µm bis zu mehr als 20 µm“, sagt Niklas Luhmann.

Die Wärme wird dann abtransportiert und führt dazu, dass der Detektor sein Schwingungsverhalten ändert. „Man kann sich das so ähnlich vorstellen, als würde man eine Gitarrensaite mit einer dünnen Goldschicht ummanteln und die Gitarre in die Sonne legen“, sagt Luhmann. „Die Saite wird wärmer, dehnt sich aus und verändert ihren Klang. Und das kann man dann messen.“ Auf diese Weise entwickelt das Institut für Sensor- und Aktuatorsysteme derzeit neuartige Infrarot-Sensoren, die eine Vielzahl wichtiger Forschungsergebnisse liefern können.

Originalpublikation

N. Luhmann et al., Ultrathin 2 nm gold as impedance-matched absorber for infrared light, Nature Communications, 2020.

 

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