TU Wien: Staatspreis für Peter Ertl: Biochips statt Tierversuch

Prof. Peter Ertl arbeitet an Biochips, die kleine Gewebeproben enthalten und bei der Entwicklung von Medikamenten Tierversuche ersetzen sollen. Dafür erhielt er nun einen Staatspreis.

Ungefähr so groß wie eine Scheckkarte sind die Biochips, die an der TU Wien entwickelt werden – im Labor der Cell-Chip-Forschungsgruppe, geleitet von Prof. Peter Ertl. Diese Chips dienen dazu, auf genau kontrollierte Weise Versuche mit winzigen Zellproben durchzuführen. In Zukunft sollen sie bei der Entwicklung von Medikamenten eine tierfreundliche und wissenschaftlich präzisere Alternative zum Tierversuch darstellen.

Für seine Forschungsarbeit wurde Peter Ertl nun am 13. April mit dem Staatspreis zur Förderung von Ersatzmethoden zum Tierversuch ausgezeichnet, vergeben vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Neben Peter Ertl wurde auch Prof. Doris Wilflingseder von der Medizinischen Universität Innsbruck mit diesem Staatspreis geehrt.

Winzige Zellkügelchen im Mini-Labor

Wenn man ein neues Medikament entwickelt, kann man es klarerweise nicht sofort an Menschen ausprobieren. Oft führt man zunächst Tierversuche durch. In den letzten Jahren haben auch Studien an Gewebeproben an Bedeutung gewonnen. „Man kann heute aus Stammzellen kleine Organoidkulturen herstellen – kugelförmige Zellaggregate, an denen man dann verschiedene Medikamente testen kann“, sagt Peter Ertl.

Das Hauptproblem dabei ist allerdings, dass solche Versuche lange Zeit nur schlecht reproduzierbar waren. Die Größe dieser Minigewebe ist schwer zu kontrollieren: Üblicherweise reicht der Durchmesser der Proben von einem Zehntelmillimeter bis zu einem Millimeter. Die Größe beeinflusst wichtige Zellreaktionen wie Sauerstofftransfer, Nährstoffversorgung oder den Abbau von Stoffwechselprodukten. Daher können unterschiedlich große Proben zu ganz unterschiedlichen Testergebnissen führen.

Peter Ertl und seinem Team an der TU Wien gelang es allerdings mit Hilfe eigens dafür entwickelter Biochips dieses Problem zu lösen: In diesen Chips lassen sich auf genau kontrollierte Weise Minigewebe unterschiedlicher Größen gleichzeitig erzeugen. Durch ein ausgeklügeltes System extrem feiner Mikrokanäle kann die chemische Umgebung der Minigewebe in unterschiedlichen Kammern genau kontrolliert werden: Man kann sie auf präzise definierte Weise etwa mit Nährstoffen oder mit bestimmten Konzentrationen des Medikaments versorgen. So werden die Zell-Experimente reproduzierbar und aussagekräftiger.

„Diese Technik kann nicht nur Tierversuche ersetzen, sie kann sogar deutlich bessere Daten liefern als ein Tierversuch“, erklärt Peter Ertl. Mit Hilfe von Stammzellen könnte man sogar personalisierte Tests durchführen und im Chip ausprobieren, wie die Zellen einer ganz bestimmten Person auf unterschiedliche Medikamente reagieren. Derzeit wird daran gearbeitet, Gewebe unterschiedlicher Organe in ein und demselben Chip zu kombinieren – damit lassen sich auch Wechselwirkungen zwischen ihnen präzise untersuchen.

Prof. Peter Ertl

Peter Ertl studierte zuerst an der Universität für Bodenkultur in Wien, dann promovierte er in Chemie an der Universität Waterloo (Kanada). Als Postdoc ging er danach an die renommierte Universität Berkeley in den USA. 2003 war Ertl an der Gründung des Biotech-Startups RapidLabs beteiligt, einige Jahre lang arbeitete er dort als Direktor der Produktentwicklung. 2006 kehrte er schließlich nach Österreich ans Austrian Institute of Technology (AIT) zurück. Auch während dieser Zeit zog es ihn allerdings wiederholt ins Ausland, so ging er mit einem Fulbright-Stipendium nochmals an die UC Berkely, an die Nanyang Technological University in Singapur und ans Medical Center der Universität von San Francisco. An der BOKU Wien wurde er im 2014 habilitiert, 2016 schließlich wurde er als Leiter der Lab-on-a-Chip Gruppe ans Institut für Angewandte Synthesechemie der TU Wien geholt.

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