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LBI-HTA: Gesundheitszentren für Obdachlose: Evaluation braucht Vertrauen!

Ergebnisse einer von neunerhaus initiierten internationalen Analyse durch das Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment jetzt publiziert

Vertrauen ist ein wesentlicher Faktor, wenn es um die Evaluation von Gesundheitszentren für Sozialbenachteiligte geht. Das ist eine grundlegende Empfehlung des Ludwig Boltzmann Instituts für Health Technology Assessment (LBI-HTA), das jetzt die Resultate einer großen, internationalen Analyse zu diesem Thema veröffentlicht. Darin wurden 19 relevante Evaluationen aus 7 Ländern miteinander verglichen. Initiiert hat diese Arbeit neunerhaus, eine Sozialorganisation für Obdachlose und armutsgefährdete Menschen in Wien, das seit 2017 auch ein Gesundheitszentrum betreibt. Mit der Durchführung der Studie beauftragte es das LBI-HTA, das seit 13 Jahren auch für die Analysen sozialmedizinischer Interventionen einen hervorragenden Ruf besitzt und auf europäischer Ebene bestens vernetzt ist.

Geschätzte 100.000 Personen leben in Österreich ohne Krankenversicherung – davon sind viele sogar wohnungs- oder obdachlos. Gesundheitsleistungen sind für diese Menschen nur schwer zu bekommen. Einrichtungen wie neunerhaus in Wien bieten sozialbenachteiligten Personen Hilfe – und seit 2017 sogar ein eigenes Gesundheitszentrum. Zum besseren Verständnis der Evaluierung solcher niederschwellig gestalteter und ambulanter Zentren beauftragte neunerhaus im vergangenem Jahr 2018 das Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment (LBI-HTA) mit der Erstellung einer internationalen Übersicht von Evaluationsmethodiken. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden jetzt veröffentlicht – und mit konkreten Empfehlungen abgerundet, die auch den Rat zum Aufbau von Vertrauen zwischen EvaluatorInnen und PatientInnen umfasst.

INDIVIDUELL & HETEROGEN

„Generell stellten wir fest, dass die Evaluation von Gesundheitszentren für Sozialbenachteiligte sehr individuell erfolgt“, sagt Dr. Roman Winkler, Wissenschafter am LBI-HTA, und seine Kollegin Mag. Inanna Reinsperger ergänzt: „Durch die jeweils unterschiedlichen thematischen Hintergründe und Zielsetzungen der einzelnen Einrichtungen herrschte bei den Evaluationsmethoden eine große Heterogenität.“ Insgesamt analysierte das Team des LBI-HTA 12 Evaluationsstudien in englischer Sprache und 7 deutschsprachige Berichte aus 7 Ländern. Auffällig war, dass in den englischsprachigen Studien die Evaluationen meistens summativ waren, also sich auf die Qualität der von den Zentren erzielten Ergebnisse bezogen während die deutschsprachigen Berichte zusätzlich auch eine Bewertung derer internen Prozesse (formativ) umfasste. Weiter konnte festgestellt werden, dass in vielen dieser Evaluationen verschiedene Methoden parallel zum Einsatz kamen. So wurden beispielweise sowohl qualitative wie auch quantitative Methoden eingesetzt und Interviews sowie Fragebögen zu Erhebung von Daten genutzt.

In einem weiteren Schritt verglichen die WissenschafterInnen Indikatoren, die in den einzelnen Evaluationen von niederschwelligen, ambulanten Gesundheitszentren als Kriterien dienten. Dazu zählten der Gesundheitszustand der PatientInnen, die Inanspruchnahme von Gesundheits- und Sozialleistungen sowie soziodemographische Daten. Aber auch die Zufriedenheit der PatientInnen mit dem Spektrum angebotener Leistungen wurde als Indikator bei den Evaluationen eingesetzt.

Andere Indikatoren wiederum wurden nur spärlich verwendet. „Interessanterweise setzten nur wenige der Evaluationen gesundheitsökonomische Indikatoren ein“, kommentiert Dr. Roman Winkler „Das wären zum Beispiel Daten zur Wirtschaftlichkeit der angebotenen Gesundheitsleistungen.“ Auch gab es wenig Angaben zur Verwendung standardisierter Messinstrumente. Am häufigsten noch wurden der psychische Gesundheitszustand von PatientInnen mittels Selbstauskünften erhoben.

NIEDERSCHWELLIGKEIT & VERTRAUEN ALS EMPFEHLUNG

Aus der Analyse der insgesamt 19 Studien und Berichte konnte das Team des LBI-HTA auch konkrete Empfehlungen ableiten. Wichtig unter diesen ist der Rat, Vertrauen zwischen den EvaluatorInnen und PatientInnen aufzubauen. Dieses spielt eine wesentliche Rolle für den Erfolg einer Evaluation niederschwelliger, ambulanter Gesundheitszentren. Denn so können PatientInnen erfolgreich über den Zeitraum einer Evaluation „bei der Stange“ gehalten werden. Insgesamt müssen aber auch Evaluationen selbst bzw. deren Methoden niederschwellig gestaltet werden. Denn obdach- und wohnungslose sowie nicht-krankenversicherte Personen sollen jedenfalls in die Gestaltung solcher Erhebungen eingebunden sein – und das Design einer Evaluation sollte das ermöglichen.

Insgesamt demonstriert das LBI-HTA mit diesem Bericht einmal mehr, dass es auf Grund seiner Expertise mit der Analyse sozialmedizinischer Interventionen ein gesuchter Ansprechpartner ist. Das Institut leistet damit auch einen Beitrag die Effizienz dieser kostenschonenden Interventionen zu demonstrieren – in Zeiten in denen „High-Tech-Medizin“ immer kostenintensiver wird.

Originalpublikation:

Winkler, R., Reinsperger, I. Evaluierungsmethoden zur Nutzenbewertung niederschwelliger, ambulanter Gesundheitszentren für vulnerable Personengruppen – Zielgruppen-Fokus: obdachlose, wohnungslose und nicht-versicherte Personen. LBI-HTA Projektbericht Nr.: 114; 2019. Wien: Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment.

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