ÖAW: Die Geheimnisse der Pflanzenwelt entschlüsseln

Pflanzenforschung war lange Zeit das Mauerblümchen unter den Naturwissenschaften. Das hat sich inzwischen geändert. Einen großen Anteil daran hat auch das Gregor Mendel Institut der ÖAW in Wien. Nun feierte es sein 15jähriges Bestehen.

Was auch immer beim Abendessen auf den Tisch kommt – es besteht auf jeden Fall direkt oder indirekt aus Pflanzen. Denn Pflanzen sind die wichtigste Nahrungsquelle von Menschen und Tieren. Doch nicht nur in unserem Essen, auch für Arzneimittel sind die vielseitigen Alleskönner die bedeutendste Ressource. Bevölkerungswachstum, Klimawandel sowie eine immer älter werdende Gesellschaft rücken damit eine Wissenschaft in den Mittelpunkt, die bislang oft unterschätzt wurde: die Pflanzenbiologie.

Es war daher durchaus visionär, vor 15 Jahren ein Institut zur Erforschung von Pflanzen zu gründen, das inzwischen zu den weltweit führenden Einrichtungen auf diesem Gebiet zählt: Das Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Beheimatet in einem modernen Laborgebäude am Campus des Vienna Biocenter im dritten Wiener Gemeindebezirk erforschen mehr als 100 Mitarbeiter/innen aus über 25 Ländern die Grundlagen der Pflanzenbiologie – von epigenetischen Mechanismen über Chromosomenbiologie und Stressresistenz bis hin zur Entwicklungsbiologie.

Nun feierte das ÖAW-Institut am 30. November 2016 sein Jubiläum und blickte nicht nur zurück in die eigene Geschichte sondern vor allem voraus auf zukünftige Herausforderungen der Menschheit, zu deren Bewältigung Pflanzenforschung wichtige Beiträge leisten kann.

Wissenschaft für die Herausforderungen der Zukunft
Denn wenn es in wenigen Jahren mehr als zehn Milliarden Menschen auf der Erde gibt, wird es eine der größten Herausforderungen sein, diese zu ernähren. Bereits heute ist Hunger das größte Gesundheitsrisiko weltweit. Gleichzeitig bedroht der Klimawandel durch Dürre, Trockenheit aber auch Überflutung die wichtigste Nahrungsquelle, die Pflanzen.

Pflanzen sind sehr anpassungsfähig – sie sind an einen Ort gebunden und können diesen nicht verlassen, wenn die Lebensbedingungen schlechter werden. Das GMI erforscht daher, wie sich Pflanzen an Stress durch veränderte Bedingungen anpassen und liefert damit neue Erkenntnisse über Pflanzen, die auch unter veränderten Umweltbedingungen die Menschheit ernähren können.

„Weltweit sind mehr Menschen unterernährt als an Krebs leiden“, erklärt GMI-Forscher Michael Nodine seine Beweggründe, als Molekularbiologe in der Grundlagenforschung zu arbeiten. „Ich dachte mir, mit dieser Forschung kann ich den meisten Menschen helfen.“ Am GMI erforscht er als einer der Gruppenleiter den Bauplan der Pflanzen, um Mais, Reis, Weizen und andere Getreide resistenter gegen die Folgen des Klimawandels zu machen.

Mauerblümchen Pflanzenforschung
Angesichts der Bedeutung der Pflanzenbiologie für die Menschheit erscheint es erstaunlich, dass diese Wissenschaft im Vergleich zu anderen Gebieten, wie der Medizin, lange eher ein Schattendasein führte. Zumal sich zahlreiche zentrale naturwissenschaftliche Entdeckungen in der Geschichte des Faches finden: Der Zellkern? Entdeckt durch den Botaniker Robert Brown. Erstes entdecktes Virus? Das Tabakmosaikvirus TMV. Eine Liste, die sich noch lange fortführen ließe.

Ein Unkraut als Forschungsschatz
Es ist vielleicht geradezu passend, dass im Mittelpunkt der Pflanzenforschung eine kleine, unscheinbare und wirtschaftlich völlig uninteressante Pflanze steht, die in der Regel als Unkraut bezeichnet wird: Arabidopsis thaliana, die Ackerschmalwand. Die Forschung an dieser Pflanze liefert die wesentlichen Grundlagen für das Verständnis der Kulturpflanzen. Die Pflanzenbiolog/innen verstehen den komplexen Organismus mit fast 30.000 Genen in seiner Gesamtheit inzwischen so umfassend, wie dies bei kaum einem anderen Organismus in anderen Bereichen der Biologie der Fall ist.

Auch hier ist das GMI in der Welt der Forschung vorne dabei. Erst heuer hat Forschungsdirektor und ÖAW-Mitglied Magnus Nordborg das erstaunliche Ergebnis des seit 2008 laufenden internationalen Forschungsprojekts „1001 Genome“ publiziert. Die kleine, aber extrem anpassungsfähige Pflanze hat mehr genetische Varianten als der Mensch. Darauf aufbauend kann nun erforscht werden, welche Gene für die Anpassungsfähigkeit von Pflanzen an die Umwelt verantwortlich sind.

Vor wenigen Wochen entdeckten die ÖAW-Wissenschaftler/innen am GMI um Matt Watson zudem anhand der Forschung an Arabidopsis, warum auch tausende Jahre alte Pflanzen fitte Nachkommen haben – obwohl sich durch häufige Zellteilung normalerweise viele Abschreibfehler ins Erbgut einschleichen: Pflanzen bilden ihre Fortpflanzungsorgane – also die Blüten – deshalb aus junggebliebenen, unverbrauchten Zellen, so die Wiener Forscher/innen in der Fachzeitschrift „PNAS“.

App und Pflanzenwebsite für Kids
Apropos jung: Mit 15 Jahren ist das GMI derzeit im besten Teenageralter. Was liegt also näher, als sich als junges Institut besonders an Jugendliche zu wenden. Mit seinen Vermittlungsaktivitäten will das GMI zeigen, dass Pflanzen alles andere als uninteressant sind.

So wurde gemeinsam mit der Universität Wien die App „Botanic Quest“ entwickelt, mit der Jugendliche mit dem Handy den Botanischen Garten beim Belvedere erkunden und Forschungsaufgaben bewältigen müssen.

„Als eines der führenden Pflanzenforschungsinstitute der Welt wollen wir dazu beitragen, Kinder und Jugendliche für dieses wichtige Thema zu begeistern“, sagt Markus Kiess, Managing Director des GMI. Daher hat das GMI vor kurzem auch die Website „gmi4kids.at“ mit unterrichtsbegleitenden Spielen vorgestellt. Damit können Schüler/innen ganz einfach in die faszinierende Welt der Pflanzen eintauchen. Aber auch Lehrer/innen und eigentlich allen wissenschaftlich interessierten Menschen sei die Website empfohlen. Zeigt sie doch spielerisch wie wichtig Pflanzen für den Planeten und unser Überleben auf ihm sind – heute, genauso wie in den nächsten 15, 50 oder 100 Jahren.

Das Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie der ÖAW wurde im Jahr 2000 gegründet, um herausragende Forschung in der molekularen Pflanzenbiologie zu fördern. Gründungsdirektor war der Biologe Dieter Schweizer, der u.a. ÖAW-Mitglied und Ehrenbürger der Universität Wien ist. Seit 2009 wird das Institut vom Biologen Magnus Nordborg geleitet. Es beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiter/innen aus über 25 Ländern und gehört zu den größten Forschungsinstituten der ÖAW.

Das 15jährige Bestehen des Instituts wurde am 30. November 2016 mit einem wissenschaftlichen Symposium und einer Festveranstaltung gefeiert. Keynote Speakerin war die südafrikanische Molekularbiologin und TED-Talkerin Jill Farrant.Pflanzenforschung war lange Zeit das Mauerblümchen unter den Naturwissenschaften. Das hat sich inzwischen geändert. Einen großen Anteil daran hat auch das Gregor Mendel Institut der ÖAW in Wien. Nun feierte es sein 15jähriges Bestehen.

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