Unter dem Titel „,Impfen schützt!‘ Von neuen Impfstoffen bis zu künstlicher Intelligenz“ werden am 20. Jänner unter dem medizinisch-wissenschaftlichen Vorsitz von Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien, von zahlreichen Top-Expertinnen und -Experten aktuelle Fragen rund um das Thema Impfen beleuchtet.
Bei einer Pressekonferenz am heutigen Mittwoch, 13. Dezember 2023, beschrieben Ursula Wiedermann-Schmidt, Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer, und Gerhard Kobinger, 2. Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer, u.a. was die zahlreichen Studien im Rahmen der Corona-Pandemie an Fortschritten brachten. „Die Pandemie führte aufgrund der zahlreichen immunologischen Studien zu einem großen Erkenntnisgewinn“, erklärt Ursula Wiedermann-Schmidt, „wir wissen nun deutlich mehr etwa über die immunologischen Effekte von Impfungen, wie Langzeitimmunitäten aufgebaut werden und wie Risikogruppen auf Impfstoffe reagieren.“
Auch der ökonomische Effekt von Impfungen sei im Zuge der Pandemie offensichtlich geworden: „Gerade während der Pandemie haben wir deutlich gesehen, dass die Prävention durch Impfungen dem Gesundheitssystem eine klare Kostenersparnis gegenüber der reparativen/therapeutischen Medizin im Falle einer Erkrankung bringt.“
Es sei notwendig, weiter über den Sinn von Impfungen und die vorhandenen Angebote aufzuklären. Dazu müsste auch verstärkt die junge Generation angesprochen werden, die vorrangig digital im Internet über soziale Netzwerke und Apps kommuniziert. „Für junge Leute müssen Informationsangebote zunehmend digital verfügbar sein“, ist Wiedermann-Schmidt überzeugt, „das führt in letzter Konsequenz auch bis zum Online-Arztgespräch.“
Neue Impfstoffe verfügbar
Ebenfalls am Programm des Impftages stehen Neuerungen bei Impfstoffen. So gibt es ein neues Vakzin gegen das Respiratorische-Synzytial-Virus (RSV). Hier sind einerseits Säuglinge und Kleinkinder betroffen, aber auch Menschen ab 60 Jahren sowie immunsupprimierte Menschen sollen sich impfen lassen, da dies für diese Personen eine schwerwiegende Erkrankung darstellen kann. Auch gegen Pneumokokken steht eine neue Generation an Impfstoffen zur Verfügung. Und im Bereich der Reiseimpfungen gibt es ebenfalls Neuerungen. „Tropenkrankheiten fassen aufgrund des Klimawandels zunehmend Fuß in ehemals gemäßigteren Klimazonen, wie auch in Europa, wie Fälle von Chikungunya und Dengue in Spanien und Frankreich zeigen. Diese werden in Zukunft vermehrt eine Rolle spielen“, erklärt Wiedermann-Schmidt. Und auch einer „klassischen“ Infektionskrankheit widmet sich der Impftag: „Derzeit haben wir einen Anstieg an Fällen von Keuchhusten (Pertussis) in Österreich und Deutschland“, sagt Wiedermann-Schmidt, „Pertussis und Parapertussis sind beides bakterielle Infektionskrankheiten und klinisch schwer voneinander zu unterscheiden, aber nur gegen Pertussis hervorgerufen durch Bordetella pertussis gibt es eine Impfung.“ Es müsse mindestens alle zehn Jahre aufgefrischt werden um den Impfschutz nicht zu verlieren. Genetische Veränderungen der Bakterien bzw. deren Toxine stellen aber die Wirkung der Impfung zunehmend in Frage – Antworten dazu werden am Impftag erwartet.
Impfen als Teil der Vorsorgemedizin
Eines der wichtigsten Ziele müsste jetzt sein, die Impflücken, die auch aufgrund der Pandemie größer geworden sind, zu schließen. Der stärkere Fokus auf Vorsorge sei nicht nur für die Gesundheit jedes Einzelnen, sondern für das gesamte Gesundheitssystem vorteilhaft.
Dabei spiele die Ärztin oder der Arzt des Vertrauens eine große Rolle, betont Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referats für Impfangelegenheiten der Österreichischen Ärztekammer: „Impfungen sind ein Teil der Präventionsmedizin, daher sollten auch die jährlichen Vorsorgeuntersuchungen dafür verwendet werden, den Impfpass des Patienten durchzugehen und auf für den Patienten passende Impfungen hinzuweisen und idealerweise gleich vor Ort den Impfstatus zu komplettieren“, sagt er.
Den „One-Stop-Shop“ bei der Impfärztin oder dem Impfarzt gebe es etwa heuer durch das bundesweite Influenza-Impfprogramm: „Die Influenza-Impfstoffe sind in den Ordinationen gelagert und Patientinnen und Patienten bekommen sie direkt und niederschwellig beim Arzt ihres Vertrauens“, sagt Schmitzberger.
Organisatorisch sei bei Beschaffung und Verteilung der Impfstoffe in den Ordinationen Luft nach oben: „Wir müssen hier in der praktischen Durchführung des Influenza-Impfprogramms besser werden“, betont Schmitzberger. Es sei aber der richtige Weg, Impfungen wie die Influenza-Impfung im bundesweiten Impfprogramm anzubieten – und zwar direkt bei den Ärztinnen und Ärzten in den Ordinationen.
Erweiterung des Impfprogramms
Überhaupt sei eine Erweiterung des öffentlichen Impfprogramms sinnvoll und müsste auch das Ziel einer Gesundheitspolitik sein, die stark auf Prävention setze: „Wir sind Weltmeister in Impfempfehlungen, aber es fehlt der Schulterschluss zwischen den Impfungen bei Kindern und Jugendlichen und den Erwachsenen“, sagt Schmitzberger. Als Beispiel nennt der Impfexperte die Pneumokokken-Impfung, die erfolgreich im Kinder-Impfprogramm aufgenommen ist – aber nicht bei Erwachsenen: „Das wäre eine sinnvolle Maßnahme, denn Impfen ist eine der wichtigsten Vorsorgemaßnahmen im Gesundheitssystem“, betont Schmitzberger. Die Erweiterung des HPV-Impfprogramms bis zum 21. Lebensjahr sei daher auch eine begrüßenswerte Entwicklung. Er bedauere, dass Impfungen gegen RSV oder auch Herpes Zoster zu hochpreisig seien: „Als Arzt ist es auch schwierig, Patientinnen und Patienten Impfungen zu empfehlen, die derart kostenintensiv sind“, sagt er.
Keine Angst vor Impfungen!
„Es ist kein Geheimnis, dass in Österreich die Durchimpfungsraten nicht besonders hoch sind. Ein Grund dafür ist, dass es unzählige Mythen und Falschinformationen rund um das Thema Impfen gibt“, erklärt Gerhard Kobinger von der ÖAK. Mit täglich bis zu 500.000 persönlichen Kontakten in den mehr als 1.400 heimischen Apotheken kommt den Apothekerinnen und Apothekern hier eine ganz wesentliche Rolle zu. „Ihnen vertrauen die Menschen und ihnen hören die Menschen auch zu. Impfberatungen in der Apotheke ums Eck sind deshalb ein ganz wesentlicher Bestandteil dafür, dass unnötige Ängste genommen und mehr Impfungen durchgeführt werden“, so Kobinger weiter.
Das Alter des Impflings spielt dabei keine Rolle. Genauso wichtig wie Erstimpfungen bei Kindern und Jugendlichen sind nämlich auch die Auffrischungsimpfungen im Erwachsenenalter. Etwa ab dem 60. Lebensjahr nimmt die Dauer des Impfschutzes ab und die Impfintervalle wie beispielsweise bei FSME oder Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio nehmen ab. „Viel zu oft wird der Blick in den Impfpass vergessen und die dringend nötigen Auffrischungsintervalle sind zum Teil weit überschritten. Auch dieser Problematik nehmen sich die mehr als 6.800 Apothekerinnen und Apotheker gerne an und beraten dementsprechend“, fasst Kobinger zusammen.
Als zusätzlicher Booster bei Impfungen stellt sich in zahlreichen Ländern innerhalb und außerhalb Europas die Möglichkeit, sich in Apotheken impfen lassen zu können, dar. Als zusätzliches Angebot zu Praxen und Ordinationen könnten aktuell rund 2.000 bestens ausgebildete Apothekerinnen und Apotheker bei Impfungen von Erwachsenen unterstützen.
Elektronischen Impfpass nützen
Um die Übersicht über die eigenen Impfungen nicht zu verlieren, empfiehlt Kobinger die Übertragung sämtlicher Stiche in den eImpfpass. „Impflücken können nur dann erfolgreich geschlossen werden, wenn die Menschen über ihren Impfstatus auch Bescheid wissen. Mit dem eImpfpass gibt es eine einzige, personalisierte Version, die von Vertreterinnen und Vertretern des öffentlichen Gesundheitssystems eingesehen werden kann. Die in einem zentralen Impfregister abgespeicherten Informationen dienen der besseren Übersicht und der damit verbundenen besseren Betreuung der Betroffenen – etwa bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten.“