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MedUni Wien: Neue Therapie-Option bei Diabetes: „Schutzschild“ für B-Zellen entdeckt

Absterbende B-Zellen als eine der Ursachen für die Erkrankung

Die Langerhans-Inseln in der menschlichen Bauchspeicheldrüse regulieren durch die Ausschüttung von Insulin den Blutzuckerspiegel. Das Insulin, das sich in den B-Zellen bildet, dient vor allem dazu, Traubenzucker (Glukose) aus dem Blut in die Zellen weiter zu schleusen und so den Blutzuckerspiegel automatisch zu senken. Bei einer Diabetes-Erkrankung ist dieser Kreislauf durch den frühzeitigen Tod der Beta-Zellen gestört. Katarzyna Malenczyk von der Abteilung für Molekulare Neurowissenschaften am Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien konnte mit einem internationalen Forscherteam in einer aktuellen Studie zeigen, dass der Verlust des Proteins Secretagogin zu einem schnelleren Tod der B-Zellen führt und dass man bei Diabetes durch Steigerung des Proteins die B-Zellen schützen kann.  

„Obwohl bereits Jahrzehnte danach geforscht wurde, gibt es derzeit noch kein Mittel, um Beta-Zellen bei Diabetes zu schützen. Daher ist das Verständnis für jeden Mechanismus, der zur Entwicklung eines Medikaments führen könnte, von enormem Wert“, sagt Malenczyk.

„Wir konnten im Tiermodellen und ebenfalls in B-Zellen von Diabetikern erstmals zeigen, dass bei einer Diabetes-Erkrankung ein deutlich niedrigeres Niveau an Secretagogin vorliegt, das ließ den Schluss zu, dass der Level dieses Proteins in direktem Zusammenhang mit der Erkrankung stehen kann.“, erklärt Tibor Harkany; Leiter der Abteilung für Molekulare Neurowissenschaften am Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien. „Wenn wir die Beta-Zellen aktiv halten können, können wir auch deren Überleben sichern.“

Das Protein Secretagogin selbst ist noch wenig erforscht. Erstautorin Malencyzk und ein Team von der Abteilung für Molekulare Neurowissenschaften am Zentrum für Hirnforschung konnten nun aber einerseits herausfinden, dass das Protein die B-Zellen schützt und damit ein potenzielles Ziel für die Entwicklung einer effektiven Therapie für Diabetes – egal ob präventiv oder während einer aktuellen Erkrankung – ist.

Mechanismus geklärt
Das wichtigste Ergebnis der nun publizierten Studie ist, dass gezeigt werden konnte, dass Secretagogin reguliert ob und wie die Beta-Zellen jene Proteine loswerden, die sie nicht für die Aufrechterhaltung ihrer physiologischen Funktionen benötigen. Harkany: „Wenn Secretagogin ausgeschaltet ist, können sich toxische Proteine in den Beta-Zellen vermehren – und das führt unweigerlich zu deren Tod.“ Wenn also die Ausschüttung von Secretagogin in Beta-Zellen bei Diabetes angekurbelt werden könnte, gäbe es einen aktiven und wirksamen Schutz der Zellen.   

Secretagogin – eine Wiener Entdeckung
Das Protein Secretagogin ist eine Wiener Entdeckung und wurde erstmals im Jahr 2000 von Ludwig Wagner (Universitätsklinik für Innere Medizin III) nachgewiesen, der auch Co-Autor des aktuellen Papers ist. Die nun vorliegende Studie demonstriert 17 Jahre danach, die genaue Rolle des Proteins. Wagner: „Es ist schön zu sehen, dass die Entdeckung dieses Proteins eine Stufe erreicht hat, auf der das molekulare Verständnis seiner Funktion dazu führen wird, neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.“  

Treibstoff für Secretagogin
Aber wie kann das Protein angekurbelt werden? Malenczyk und das internationale Forscherteam konnten zeigen, dass die Aktivität des Proteins durch die Stimulation von TRPV-Ionenkanälen gelingen kann.  TRPV1 ist ein Transmembranprotein, das neben dem Nervensystem auch in beta-Zellen der Pankreas ausgeschüttet wird. Wird dieser Rezeptor angeregt, kommt es zu einer erhöhten Ausschüttung von Secretagogin. Das gelingt durch die Gabe von Capsaicin, einem Alkaloid, das in verschiedenen Paprika- und Chili-Arten vorkommt. Capsaicin bindet direkt an die TRPV1-Ionenkanäle und regt sie an, eine Vielzahl an Proteinen zu regulieren. Eines der wichtigsten ist Secretagogin. Malenczyk: „Unsere Entdeckung könnte ein erster Schritt zu einer effizienten Diabetes-Therapie sein, dazu sind natürlich noch Folgestudien nötig – und es könnte auch dazu führen, den vermehrten Verzehr von Paprika oder Chili für Diabetiker zu empfehlen.“ TRPV-1 ist auch deshalb ein viel versprechendes Ziel für potenzielle Medikamente, weil es bei Diabetes in den Beta-Zellen weiterhin vorhanden bleibt.   

Service: EMBO Journal
„A TRPV1-to-secretagogin regulatory axis controls pancreatic beta-cell survival by modulating protein turnover.“ Katarzyna Malenczyk, Fatima Girach, Edit Szodorai, Petter Storm, Åsa Segerstolpe, Giuseppe Tortoriello, Robert Schnell, Jan Mulder, Roman A. Romanov, Erzsébet Borók, Fabiana Piscitelli, Vincenzo Di Marzo, Gábor Szabó, Rickard Sandberg, Stefan Kubicek, Gert Lubec, Tomas Hökfelt, Ludwig Wagner, Leif Groop and Tibor Harkany EMBO Journal, 2017. DOI: 10.15252/emboj.201695347.

http://emboj.embopress.org/cgi/doi/10.15252/emboj.201695347


Rückfragehinweis
Medizinische Universität Wien
Mag. Johannes Angerer
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