Mit der steigenden Zahl an Menschen mit Beeinträchtigungen am Gehör wächst der Bedarf an Forschungen zur Entwicklung verbesserter Maßnahmen für die Patient:innenversorgung. Im heute an der MedUni Wien eröffneten Christian Doppler Labor werden die zugrundeliegenden Mechanismen von Innenohrerkrankungen sowie die vielfältigen Therapieansätze zur Behandlung von Hörminderung und Hörverlust erforscht. Im Fokus steht dabei der translationale Forschungsansatz mit dem Ziel, neues Wissen aus der Grundlagenforschung möglichst rasch in die klinische Anwendung einzubringen.
Bei anhaltender funktioneller Gehörlosigkeit gilt das Cochlea-Implantat seit mehr als 30 Jahren als erfolgreichste Behandlungsmethode. Bei mit Hörminderung assoziierten Innenohrerkrankungen stehen neben implantierbaren Hörsystemen auch Medikamente und mikrochirurgische Eingriffe zur Verfügung. Die Forschungen am neuen Christian Doppler Labor sollen dazu beitragen, das Therapiespektrum zu erweitern und zu verbessern: „Bis heute sind die Vorgänge im Innenohr, die zu Hörschäden oder Tinnitus führen, nicht gänzlich verstanden. In unserem Labor werden die Grundlagen zum Funktionserhalt und zur Regeneration des Innenohrs erforscht“, sagt Christoph Arnoldner von der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der MedUni Wien, der das neue CD-Labor leitet. „In Kooperation mit dem Unternehmenspartner MED-EL sollen neue Cochlea-Implantat-Technologien in Kombination mit aussichtsreichen Wirkstoffen unter Anwendung von viraler Gentherapie überprüft werden.“
Die zu erforschenden Therapieoptionen beschränken sich nicht nur auf Implantate und Medikamente, sondern inkludieren auch verschiedene Verabreichungsformen wie neuartige Applikationsgeräte oder Trägerstoffe wie virale Vektoren, die im Rahmen der Gentherapie eingesetzt werden. Dabei sollen klinisch relevante Hörtraumata simuliert und innovative Therapieansätze auf ihre Eignung für die klinische Anwendung überprüft werden.
Mit seinem translationalen Ansatz ist das neu etablierte Christian Doppler Labor für Innenohrforschung ein weiteres Beispiel für die gelebte Praxis an der MedUni Wien, Grundlagenforschung und klinische Anwendung eng miteinander zu verbinden. So werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse unmittelbar zur Grundlage für die Entwicklung innovativer Therapien für unsere Patient:innen“, unterstreicht Markus Müller, Rektor der MedUni Wien, die Bedeutung von CD-Labors.
Arbeits- und Wirtschaftsministerium fördert Zusammenarbeit von Wissenschaft und Unternehmen
„Das neue Christian Doppler Labor erforscht die wichtige Behandlung von Hörminderung und Hörverlust. Dieses neu gewonnene Wissen wird bei den Unternehmenspartnern in der Entwicklung besserer Behandlungslösungen eingesetzt. Davon profitieren besonders die Patientinnen und Patienten, die Unternehmen sowie die universitären Einrichtungen“, betont Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher.
„Moderne Cochlea-Implantate sind das Ergebnis jahrzehntelanger intensiver internationaler translatorischer Forschung. Dabei hat die Zusammenarbeit der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der MedUni Wien mit den späteren Gründern des jetzigen Unternehmenspartners MED-EL beginnend mit dem weltweit ersten mehrkanaligen mikroelektronischen Cochlea-Implantat (Erstimplantation Wien 16. Dez. 1977) bereits mehrere Meilensteine, darunter Elektrodenabdeckung der gesamten Cochlea und entscheidende Erfolge beim Hörerhalt, gesetzt. Unsere Erwartung ist, dass die anwendungsnahe Grundlagenforschung im neuen CD-Labor für Innenohrforschung die Basis dafür sein wird, neue innovative Cochlea-Implantate zu entwickeln und die klinischen Möglichkeiten der Therapie von Hörstörungen mit Hörimplantaten entscheidend zu erweitern“, so Ingeborg Hochmair-Desoyer, CEO MED-EL Elektromedizinische Geräte GmbH.
Hohe Relevanz des Forschungsgebiets
Die Relevanz der Innenohrforschung wird durch aktuelle Daten untermauert: So schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO, dass derzeit weltweit rund 1,5 Milliarden Menschen von Hörbeeinträchtigungen oder Hörverlust betroffen sind. Bis 2050 soll diese Zahl auf 2,5 Milliarden ansteigen. Gründe dafür sind die messbar zunehmenden Lärmbelastungen im Alltag, Lebensgewohnheiten wie die Dauerberieselung in hohen Lautstärken über In-Ear-Kopfhörer, Lärm an Arbeitsplätzen bei fehlendem Lärmschutz und die immer älter werdende Gesellschaft. Entsprechend soll die Forschungsleistung am Christian Doppler Labor für Innenohrforschung der MedUni Wien nicht nur dem aktuellen, sondern vor allem dem künftigen Bedarf an Therapiemöglichkeiten zugutekommen.
Über Christian Doppler Labors
In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Wissenschafter:innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel. Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft.