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Austromed: Nach wie vor Defizite bei EU-Verordnungen über Medizinprodukte und In-vitro Diagnostika

Austromed fordert, Kapazitäten der Zertifizierungsstellen auszubauen und Fast-Track-Verfahren für innovative Medizinprodukte

Die Europäische Verordnung für In-vitro-Diagnostika (IVDR) erlangt heute, Donnerstag, Gültigkeit. Die IVDR wurde 2017 zusammen mit der Verordnung über Medizinprodukte (MDR), die bereits am 26. Mai 2021 Gültigkeit erlangt hat, von der EU-Kommission verabschiedet. „Wir begrüßen alle Schritte in Richtung der Sicherstellung von qualitativ hochwertigen Medizinprodukten, die nicht zuletzt ganz im Sinne höchstmöglicher Patientensicherheit stehen. Als Interessensvertretung der Medizinprodukte-Unternehmen in Österreich ist es für uns unumgänglich darauf hinzuweisen, dass die Umsetzung von IVDR und MDR unzureichend ausgestaltet ist. Unsere Branche ist bereit, das Regulierungssystem ist es jedoch bei weitem noch nicht,“ erklärt AUSTROMED-Präsident Gerald Gschlössl.

Probleme durch Kapazitätsengpässe vorprogrammiert

Besonders problematisch ist die zu geringe Zahl von aktuell europaweit lediglich sieben Zertifizierungsstellen, sogenannte „Benannte Stellen“. Während bisher rund 20 Prozent der In-vitro-Diagnostika über eine solche Benannte Stelle zertifiziert werden mussten, sind es künftig etwa 85 Prozent. Ein Zulassungsstau ist absehbar, eine Vielzahl von Medizinprodukten und In-vitro Diagnostika wird nicht mehr verfügbar sein. Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen kommen zudem besonders kleine und mittelständische Hersteller an ihre Grenzen, die als Arbeitgeber einen wichtigen und stabilisierenden Wirtschaftsfaktor darstellen ─ gerade auch in Österreich. Dazu Präsident Gschlössl: „Um die Produktvielfalt zu erhalten, müssen die Kapazitäten der Benannten Stellen dringend und massiv erhöht werden. Außerdem muss der Zugang zu den Zertifizierungsstellen für alle Hersteller gleichermaßen ermöglicht werden, da ansonsten die Innovationskraft der Unternehmen weiter leidet. Um den Innovationsstandort Europa nicht zu verlieren, braucht es ein Fast-Track-Verfahren für innovative Medizinprodukte.“

Versorgung muss sichergestellt sein

Gemeinsam mit dem Dachverband der europäischen Medizinprodukte-Industrie (MedTech Europe) ist es der Branche zwar gelungen, eine Verlängerung der Übergangsfristen für bestimmte Produktkategorien der In-vitro-Diagnostik durch die EU-Kommission zu erwirken; aufgrund der Kapazitätsengpässe und weiterhin fehlender Vorgaben und Leitlinien sind jedoch auch die neuen Fristen nicht dazu geeignet, die prinzipiell sinnvolle Neugestaltung der europäischen Vorschriften für Medizinprodukte und In-vitro Diagnostika praxistauglich zu gestalten.

„Oberster Anspruch muss es sein, eine unterbrechungsfreie Versorgung mit Medizinprodukten und In-vitro Diagnostika höchster Qualität sicherzustellen. Der Prozess, den die EU-Kommission zur Implementierung der MDR und IVDR vorsieht, gefährdet diese Versorgungssicherheit. Es ist zu befürchten, dass viele etablierte Produkte vom Markt verschwinden ─ auch Bereiche wie die Kinderheilkunde, beispielsweise Stents für Babys, sind betroffen“, so Präsident Gschlössl.

Die europäische Medizinprodukte-Hersteller nehmen den symbolträchtigen Tag des Inkrafttretens der IVDR zum Anlass, sich in Wahrnehmung ihrer Verantwortung für Gesundheit und Versorgungssicherheit auch mit einer gemeinsamen Erklärung von MedTech Europe an die Öffentlichkeit zu wenden. Sie stehen bereit, ihr Know-how im Sinne einer praxistauglichen Lösung der komplexen Herausforderungen einzubringen. Die Patienten würden davon ebenso profitieren wie Gesundheitseinrichtungen und der europäische Wirtschaftsstandort insgesamt.

Über IVDR und MDR

Bei einem In-vitro-Diagnostikum (IVD) handelt es sich um Medizinprodukte zur medizinischen (Labor)Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben. Sie ermöglichen anspruchsvolle Diagnosen in klinischen Labors. Darüber hinaus zählen aber auch Blutzuckertests für Diabetiker, Schwangerschaftsselbsttests und COVID-19-Tests, die tagtäglich von vielen Menschen in Anspruch genommen werden, zu den In-vitro Diagnostika.

Ziel der neuen europäischen Regulativen IVDR und MDR ist es, die Sicherheit von In-vitro Diagnostika sowie Medizinprodukten und damit auch den Schutz der Patienten sowie der Anwender solcher Produkte zu erhöhen. Ebenso soll die weltweite Führungsrolle europäischer Unternehmen in diesem innovationsträchtigen Bereich gefestigt werden. Maßnahmen wie die eindeutige Rückverfolgbarkeit von Produkten oder schärfere Kontrollen für In-vitro-Diagnostika und Medizinprodukte mit hohem Risiko sollen qualitätssichernd wirken, die Etablierung einer umfassenden EU-Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) mehr Transparenz bringen.

Über AUSTROMED

Die AUSTROMED ist die Interessensvertretung für Unternehmen, die in der Entwicklung, der Produktion, der Aufbereitung und dem Handel von Medizinprodukten in Österreich tätig sind. AUSTROMED ist Partner der Gesundheitspolitik und versteht sich als Service- und Anlaufstelle für rund 120 Mitglieder. Insgesamt gibt es über 500.000 Medizinprodukte. Sie bilden einen fixen Bestandteil des täglichen Lebens und einen wesentlichen Grundpfeiler der heutigen Medizin. Das Medizinprodukte-Angebot der AUSTROMED-Mitgliedsunternehmen ist vielfältig. Es reicht von Einmalprodukten bis zu Hightech-Geräten. Medizinprodukte-Unternehmen sind als wesentlicher Versorger des Gesundheitswesens ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber mit einer Bruttowertschöpfung von 4,5 Mrd. Euro und rd. 56.000 Beschäftigten (direkt und indirekt).

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