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MedUni Wien: Epilepsie: Neuer Ansatz für ursächliche Therapie erforscht

Epilepsie wird bislang vorwiegend symptomatisch behandelt – das heißt, die verfügbaren Medikamente zielen darauf ab, Anfälle zu unterdrücken, ohne die zugrunde liegenden Ursachen der Erkrankung zu beeinflussen. Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien hat nun im Rahmen einer Studie einen molekularen Mechanismus identifiziert, der schon bei der Entstehung von Anfallsaktivität eine Rolle spielt. Diese Erkenntnisse eröffnen den Weg für die Erforschung und Entwicklung ursächlicher Therapien, die über die rein anfallshemmende Wirkung hinausgehen könnten. Die Ergebnisse wurden aktuell im „Journal of Neuroscience“ veröffentlicht.

In den Mittelpunkt seiner Untersuchungen stellte das Forschungsteam um Helmut Kubista und Matej Hotka (Zentrum für Physiologie und Pharmakologie, Abteilung für Neurophysiologie und -pharmakologie, MedUni Wien) die sogenannten paroxysmalen Depolarisationsschübe (PDS). Dabei handelt es sich um eine Form gesteigerter elektrischer Aktivität in Nervenzellen, die als Folge von Hirnschädigungen auftreten kann. Bisher gelten PDS in der Forschung als Vorboten, in manchen Studien auch als Teilelemente von epileptischen Anfällen. Dass PDS eine Rolle bei der Entstehung der Erkrankung selbst spielen, wurde erst in jüngster Zeit vermutet. Die MedUni Wien-Wissenschafter:innen konnten diese Hypothese nun nicht nur bestätigen, sie haben auch einen dahinter liegenden Mechanismus entschlüsselt.

Um zu den aktuell publizierten Ergebnissen zu gelangen, untersuchten die Forscher:innen die Auswirkungen von PDS auf Nervenzellen in einem speziell entwickelten Zellkulturmodell. „Unsere Beobachtungen ergaben, dass PDS temporär zu einem völlig veränderten Energiestoffwechsel in den Neuronen einer bestimmten Hirnregion, dem Hippocampus, führen“, berichtet Helmut Kubista. Diese Veränderung aktiviert zwar zunächst einen Schutzmechanismus gegen weitere Schädigungen, ebnet aber langfristig den Weg für anfallsartige elektrische Entladungen.

65 Millionen Betroffene weltweit

Epilepsie ist eine chronische neurologische Erkrankung, von der weltweit rund 65 Millionen Menschen betroffen sind. Die damit verbundenen „Anfälle“ werden auf eine Störung der Erregungskontrolle in Gehirnzellen zurückgeführt. Sowohl die angeborene als auch die (zumeist als Folge von Hirnschädigungen) erworbene Form der Epilepsie werden vorwiegend mit Medikamenten behandelt, die auf eine Unterdrückung epileptischer Anfälle abzielen. Aufgrund der bisherigen Wissenslücken über die Entstehung fehlen Strategien, um die Entwicklung der Erkrankung zu verhindern. Mit den nun gewonnenen Erkenntnissen wurde ein neuer Ansatz zur Erforschung und Entwicklung ursächlicher Therapiemöglichkeiten gefunden: „Unsere Studie weist PDS als einen möglichen Angriffspunkt aus, um in den Entstehungsmechanismus von Epilepsie und epileptischen Anfällen einzugreifen. Dies könnte für die Prävention von Epilepsieformen relevant werden, die durch Hirnschädigungen wie Schlaganfall, Hirnblutung oder Schädel-Hirn-Trauma entstehen können“, blickt Helmut Kubista auf weitere Studien, die den eingeschlagenen Forschungsweg fortsetzen sollen.

Publikation: Journal of Neuroscience

Mitochondrial glutamine metabolism drives epileptogenesis in primary hippocampal neurons.
Helmut Kubista, Francesco Gentile, Klaus Schicker, Thomas Köcher, Stefan Boehm and Matej Hotka.
https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.0110-25.2025
Die Studie wurde vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) gefördert.

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