Dekadenrückblick am IMBA

Das waren die letzten 10 Jahre am Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

In den letzten 10 Jahren hat sich das IMBA- Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichisch Akademie der Wissenschaften - zu einem bedeutendem Life-Science-Zentrum Europas entwickelt, an dem mittlerweile 15 Forschungsgruppen an den fundamentalen Mechanismen des Lebens, Ursachen der Krankheitsentstehung und neuen Technologien für die Medizin von morgen forschen. Über 580 Publikationen wurden in den letzten 10 Jahren veröffentlicht, darunter 49 in den renommierten Fachzeitschriften Nature, Science und Cell.

Fördererfolge und Preise

17 Förderungen des Europäischen Forschungsrates (ERC), die als „Ritterschlag“ unter ForscherInnen gelten, konnten von WissenschaftlerInnen am IMBA gesichert werden. Aktuell werden 75% aller GruppenleiterInnen am IMBA über zumindest einen ERC Grant gefördert.

Drei Wittgenstein-Preise, mit denen WissenschafterInnen für ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen und ihre Rolle für die internationale Scientific Community ausgezeichnet werden, gingen seit Gründung an das IMBA (Dickson, 2005; Knoblich, 2009; Penninger, 2014).

Zusätzlich erhielt IMBA- Gründungsdirektor Josef Penninger 2012 den begehrten "Innovator Award" mit 7,4 Millionen US-Dollar (5,68 Millionen Euro) für die Erforschung der Beteiligung des für den Knochenstoffwechsel wichtigen Proteins RANKL an der Brustkrebsentstehung. Aktuell wird die Forschung am IMBA auch durch die Human Frontier Science Programm Organisation (HFSPO) gefördert, die zu den renommiertesten internationalen Fördergebern im Bereich der Lebenswissenschaften – mit Fokus auf internationale Kooperationen und besonders innovative und kreative Forschungsansätze – zählt. 2018 ging der Houskapreis, Österreichs größter privater Preis für wirtschaftsnahe Forschung, an den Gruppenleiter Stefan Ameres.

Jürgen Knoblich und sein Labor sind zudem seit 2019 Teil des internationalen Konsortiums LifeTime, das bahnbrechende Technologien für das Fortschreiten menschlicher Krankheiten einsetzt und dabei auf innovative Methoden für personalisierten Prävention, Früherkennung und Behandlung setzt.

Neue Einblicke ins Universum Zelle

Die Zellteilung, genannt Mitose, ist ein komplexer und kritischer Prozess: wird sie nicht korrekt gesteuert, können die Zellen entarten, schlimmstenfalls ist Krebs die Folge. Der Forschungsgruppe um Daniel Gerlich am IMBA gelang es, ein wichtiges molekulares Rätsel der Zellteilung zu entschlüsseln. Zum ersten Mal wurde eine „oberflächenaktive“ Fähigkeit von Proteinen nachgewiesen, die den Chromosomen beim Teilungsprozess hilft, aneinander vorbei zu gleiten und nicht zu „verkleben“.

Gruppenleiterin Kikue Tachibana konnte neues Wissen zu den biomolekularen Ursachen des „Maternal-Age-Effect“ gewinnen und herausfinden, wie sich väterliches und mütterliches Erb-Paket direkt nach der Befruchtung verhalten, sodass aus einer einzigen Zelle ein ganzer Organismus entstehen kann.

Die Gruppe rund um Julius Brennecke konnte in den letzten 10 Jahren neue Erkenntnisse über ein besonderes Abwehrsystem gewinnen, mit dem sich die Zelle vor Erbgut-Parasiten schützt. Dabei werden sogenannte „piRNAS“ gebildet, das sind sehr kleine RNA-Sequenzen, die unser Erbgut vor Mutationen schützen, indem sie sich auf „springende Gene“ legen, und diese blockieren. Diese Mechanismen helfen nicht nur, den Wirt-Parasit-Konflikt, der auch in unserer DNA passiert, besser zu verstehen. Für ihre Bildung und Funktion umgehen die piRNAS nämlich konventionelle Signalwege der Zelle. Man nimmt an, dass sich Retroviren, die eine große Zahl verschiedenartiger Krankheiten, darunter Tumoren, neurologische Erkrankungen und Immunschwächen auslösen können, ähnlicher Strategien bedienen.

Krankheiten verstehen

„Um Krankheiten zu heilen, müssen wir sie erst verstehen,“ so IMBA Gründungsdirektor Josef Penninger, der 2018 den Ruf der University of British Columbia annahm, um deren LifeScience Institute zu leiten, und gleichzeitig ein Labor am IMBA weiterführt. Mit seinem Team konnte er in den letzten 10 Jahren wichtige Zusammenhänge für die Krebsforschung erschließen- so etwa wie Knochenstoffwechsel und Hormonsystem durch einen Signalweg namens RANKL miteinander in Verbindung stehen und wie dies bei BRCA-Mutationen die Entstehung von Brustkrebs fördert. Diese Erkenntnis ist wegweisend für eine präventive Therapie für RisikopatientInnen, die Trägerinnen der BRCA Mutation sind.

Außerdem entdeckten die ForscherInnen am IMBA einen völlig neuartigen Weg zur Bekämpfung von Autoimmunkrankheiten und Krebs. Ein Protein namens BH4, das eigentlich aus der Neurobiologie als Baustein des Glückshormons bekannt ist, scheint eine Schlüsselrolle für die Immunabwehr bei T-Zellen einzunehmen und Anwendungsmöglichkeiten sind breit gefächert – von Autoimmunerkrankungen, Asthma und Allergien bis hin zu Krebs.

Umfangreiche Stammzellinitiative am IMBA

Das IMBA genießt mittlerweile Weltruf in der Stammzellforschung. Bereits 2013 sorgte der Stammzell-Pionier Jürgen Knoblich mit seinen Gehirn-Organoiden für eine wissenschaftliche Sensation. Die erstmals am IMBA entwickelte Technologie wird mittlerweile weltweit angewandt und erlaubt, neurologische Krankheiten direkt am menschlichen Gewebe zu erforschen. 2018 wurden am IMBA die weltweit ersten Organoide für Blutgefäße entwickelt, die es nun ermöglichen, Volkskrankheiten wie Diabetes zielgerichtet zu studieren. Aktuell wird auch an Herz- und Magen-Darm- Organoiden gearbeitet.

Dank einer zusätzlichen öffentlichen Spezialförderung konnte der Stammzellfokus am IMBA kontinuierlich ausgebaut werden. In der hauseigenen „Stem Cell Core Facility“ werden seit 2016 iPS Zellen gezüchtet. Das sind Körperzellen, etwa aus einer Blut- oder Hautprobe, die zu Stammzellen umprogrammiert werden. Sie sollen künftig nicht nur der IMBA Stammzellforschung zugute kommen, sondern für die gesamte österreichische Wissenschaftsgemeinde verfügbar sein.

Seit 2017 steht „Haplobank", eine am IMBA entwickelte Biobank aus haploiden Stammzellen, für WissenschaftlerInnen auf der ganzen Welt bereit, um Funktionen einzelner Gene und Wechselwirkungen zwischen Genen noch effizienter zu erforschen.

An unterschiedlichsten Themen der Stammzellbiologie forschen mittlerweile am IMBA 7 Gruppen. Jürgen Knoblich arbeitet an der ständigen Weiterentwicklung der Gehirnorganoide, um Krankheiten wie Epilepsie, Autismus, Schizophrenie oder Gehirntumoren eingehender erforschen zu können. Zu einigen diesen Projekten gibt es bereits Kollaborationen mit klinischen Partnern. „Die moderne Biologie orientiert sich immer mehr in Richtung Medizin – und Stammzellforschung ist dabei eine wichtige Triebfeder. Innerhalb von wenigen Jahren hat diese neue Technologie die Forschung geradezu revolutioniert und eröffnet neue Möglichkeiten für eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten. Wir freuen uns, dass in Österreich die Signifikanz von Stammzellforschung für Forschung und Gesellschaft erkannt und dementsprechend bewertet wird, und dass wir dadurch dieses Zukunftsfeld für die Medizin am IMBA mitgestalten dürfen,“ so Jürgen Knoblich, der seit 2018 Wissenschaftlicher Direktor des IMBA ist.

Wenn Forschung Früchte trägt

Für biomedizinische Innovationen braucht es – neben gesellschaftlich relevanten wissenschaftlichen Erkenntnissen – auch einen optimalen Übergang dieser Technologien in die Produktentwicklung.

Gruppenleiter Stefan Ameres entwickelte mit seinem Team am IMBA eine innovative Technologie namens SLAMseq, mit welcher man die Genexpression in hoher zeitlicher Auflösung verfolgen kann. Die auslizenzierte Technologie wurde 2017 von dem Wiener Biotech Unternehmen Lexogen auf den Markt gebracht und wird inzwischen weltweit als Laborkit verkauft. Diese Technologie ist vor allem für die Pharmabranche hochinteressant, weil damit neue Medikamente viel schneller, billiger und effizienter getestet werden können. Im aufstrebenden Bereich der Krebs-Immuntherapie bildet am IMBA erschlossenes Wissen die Basis für eine neuartige Therapie, indem die Immunantwort des Körpers durch ein Protein namens CBL-B moduliert wird. Das Wiener Biotech-Unternehmen Apeiron Biologics lizenzierte diese neue Technologie, um ein neuartiges Krebsmedikament zu entwickeln.

Auch im Bereich der Organoid-Technologie konnte das Know-how vom IMBA weltweit vermarktet werden. So wurde in Partnerschaft mit dem kanadischen Unternehmen StemCell Technologies ein einzigartiger Toolkit entwickelt, den nun ForscherInnen in der ganzen Welt verwenden können, um psychiatrische und neurodegenerative Defekte im Detail an Organoiden zu erforschen. 2019 wurde das Biotech Unternehmen a:head als Spin-Off des IMBA gegründet, um menschliche Organoide für die Medikamentenentwicklung im Bereich von komplexen Erkrankungen des zentralen Nervensystems nutzbar zu machen.

„Die jüngsten Vermarktungen unserer IMBA-Forschungsergebnisse beweisen, dass Grundlagenforschung und Wertschöpfung erfolgreich Hand in Hand gehen“, freut sich Michael Krebs, Kaufmännischer Direktor des IMBA, über die „wirtschaftlichen“ Früchte der Forschung am IMBA.

Über IMBA

Das IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie ist das größte Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit dem Fokus auf zukunftsweisende Grundlagenforschung. 16 Forschungsgruppen stellen sich den molekularen Rätseln und unerforschten Gebieten der Molekularbiologie und Medizin. Erkenntnisse aus den Bereichen Zell- und RNA- Biologie, molekularer Medizin und Stammzellbiologie bilden den Nährboden für eine Medizin der Zukunft. Die Stammzellinitiative am IMBA wird durch eine Förderung des Bundesministeriums für Wissenschaft sowie durch die Stadt Wien finanziert.
www.imba.oeaw.ac.at

Über das Vienna BioCenter

Das Vienna BioCenter ist ein führender Life-Science-Standort in Europa, der eine außergewöhnliche Kombination aus Forschung, Lehre und Wirtschaft bietet. Rund 1.800 Mitarbeiter, 1.500 Forschende, 96 Forschungsgruppen, 25 Biotech-Unternehmen und Wissenschaftler aus mehr als 70 Nationen bieten ein hochdynamisches Umfeld mit internationalen Standards. www.viennabiocenter.org

Die inhaltliche Verantwortung für diesen Beitrag liegt ausschließlich beim Aussender. Beiträge können Vorhersagen enthalten, die auf Erwartungen an zukünftige Ereignisse beruhen, die zur Zeit der Erstellung des Beitrags in Aussicht standen. Bitte verlassen Sie sich nicht auf diese zukunftsgerichteten Aussagen.

Als Life Sciences Organisation mit Sitz in Wien möchten Sie, dass LISAvienna auf Ihre News und Events hinweist? Senden Sie uns einfach Ihre Beiträge an news(at)lisavienna.at.