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CeMM: Abwehrzellen aufrüsten: Neue CRISPR-Methode stärkt CAR-T-Zellen im Kampf gegen Krebs

CAR-T-Zellen haben die Behandlung bestimmter Blutkrebserkrankungen revolutioniert – doch allzu oft reicht ihre Wirkung nicht aus. Ein Forschungsteam am CeMM und an der Medizinischen Universität Wien hat nun eine neue Strategie entwickelt, um CAR-T-Zellen gezielt zu verbessern: Durch den Einsatz der „Genschere“ CRISPR gelang die Entdeckung unerwarteter genetischer Veränderungen, die CAR-T-Zellen zu deutlich wirksameren Krebstherapeutika machen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature (DOI: 10.1038/s41586-025-09507-9) veröffentlicht.

Sie gelten als Meilenstein der modernen Krebstherapie: CAR-T-Zellen sind körpereigene Immunzellen von Patient:innen, die im Labor scharf gemacht werden und dann als „lebende Medikamente“ im Körper nach Krebszellen jagen. Genauer: T-Zellen, die auch an der Abwehr von Infektionen beteiligt sind, werden gentechnisch mit einen sogenannten „Chimeric Antigen Receptor“ (abgekürzt: CAR) ausgestattet, mit dem sie Krebszellen erkennen.

Dieser Ansatz hat bereits vielen Menschen mit schwer behandelbarem Blutkrebs das Leben gerettet. Doch bei einem Großteil der Patient:innen verlieren CAR-T-Zellen ihre Schlagkraft oder wirken nicht stark genug. Um diese Schwäche zu überwinden, haben Wissenschaftler:innen am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der ÖAW und an der Medizinischen Universität Wien eine Methode entwickelt, mit der die Funktion der CAR-T-Zellen verstärkt und optimiert werden kann.

Die im Fachjournal Nature veröffentlichte Studie beschreibt eine Plattform namens CELLFIE, die CAR-T-Zellen mit der CRISPR-Genschere systematisch verändert und dann ihre Fähigkeiten untersucht. „Unsere Plattform testet genetische Veränderungen in allen menschlichen Genen parallel und zeigt auf, welche davon die CAR-T-Zellen fitter, effektiver oder weniger erschöpft machen“, erklärt Paul Datlinger, Co-Erstautor und Co-Studienleiter und inzwischen Leiter einer Forschungsgruppe am Arc Institute in Kalifornien.

Weniger ist mehr: Immunfaktor hindert CAR-T-Zellen bei der Arbeit 

Dabei stießen die Forscher:innen auf eine Überraschung: Das Ausschalten des Gens RHOG – eigentlich ein wichtiger Teil unseres Immunsystems – machte CAR-T-Zellen in präklinischen Modellen deutlich wirksamer gegen Leukämie. Im Gegensatz zu natürlichen T-Zellen, die von der Evolution über Millionen Jahre optimiert wurden, sind CAR-T-Zellen künstlich erzeugt, um Krebszellen ins Visier zu nehmen. Daher können sich Gene, die in der natürlichen Immunabwehr essenziell sind, in CAR-T-Zellen als hinderlich erweisen.

„RHOG ist ein perfektes Beispiel dafür“, so die Co-Erstautorin und PhDStudentin am CeMM Eugenia Pankevich. „Es erfüllt eine zentrale Funktion in unserem Immunsystem, schwächt aber paradoxerweise die Wirksamkeit von CAR-T-Zellen. Indem wir dieses Gen mithilfe von CRISPR ausgeschaltet haben, konnten wir das therapeutische Potenzial der CAR-T-Zellen deutlich steigern.“

Mit der CELLFIE-Plattform testeten die Forscher:innen das Ausschalten von tausenden Gene („Knockout“) in CAR-T-Zellen und validierten die besten Resultate mit einer neu entwickelten CRISPR-Screening-Methode in Mäusen. Das Ergebnis war eindeutig: CAR-T-Zellen mit ausgeschaltetem RHOG-Gen vermehrten sich stärker, erschöpften sich später und kontrollierten Leukämie deutlich effektiver als herkömmliche CAR-T-Zellen.

Knockout-Kombination heilt Mäuse von Leukämie 

„Wir haben zwei Gen-Knockouts mit sich ergänzenden Eigenschaften gefunden – und gemeinsam wirkten sie noch stärker“, beschreibt Cosmas Arnold, Co-Erstautor und wissenschaftlicher Projektmanager am CeMM die Ergebnisse. „Durch gleichzeitiges Ausschalten von RHOG und FAS erzielten wir einen überraschend synergistischen Effekt: Die genetisch veränderten CAR-T-Zellen vermehrten sich schneller, blieben länger aktiv, zerstörten sich weniger gegenseitig – und konnten Mäuse von einer aggressiven Leukämie heilen.“

Mit CELLFIE steht nun eine vielseitige Plattform zur Verfügung, um CAR-TZellen und andere Zelltherapien systematisch weiterzuentwickeln. Neben klassischen Knockout-Experimenten lassen sich damit auch kombinatorische Genveränderungen und die präzise Editierung einzelner Positionen in der DNA-Sequenz testen. Diese Plattform eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung von maßgeschneiderten Immunzellen – mit Potenzial weit über die Behandlung von Blutkrebs hinaus, etwa bei soliden Tumoren, Autoimmunerkrankungen oder in der regenerativen Medizin.

„Unsere Studie liefert nicht nur einen hochinteressanten Kandidaten für künftige klinische Tests bei bestimmten Formen von Blutkrebs“, betont Christoph Bock, Principal Investigator am CeMM und Professor an der Medizinischen Universität Wien. „Wir präsentieren auch eine neue Methode zur systematischen Verbesserung zellbasierter Immuntherapien und zur Programmierung von Zellen, um sie als wirksame Krebstherapeutika und als ‚lebende Medikamente‘ für eine Vielzahl von Krankheiten einzusetzen.“

Das CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist eine internationale, unabhängige und interdisziplinäre Forschungseinrichtung für molekulare Medizin unter wissenschaftlicher Leitung von Giulio Superti-Furga. Das CeMM orientiert sich an den medizinischen Erfordernissen und integriert Grundlagenforschung sowie klinische Expertise, um innovative diagnostische und therapeutische Ansätze für eine Präzisionsmedizin zu entwickeln. Die Forschungsschwerpunkte sind Krebs, Entzündungen, Stoffwechsel- und Immunstörungen, sowie seltene Erkrankungen und Altern. Das Forschungsgebäude des Institutes befindet sich am Campus der Medizinischen Universität und des Allgemeinen Krankenhauses Wien. www.cemm.at 

Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien) ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit rund 8.600 Studierenden ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit mehr als 6.500 Mitarbeiter:innen, 30 Universitätskliniken und zwei klinischen Instituten, zwölf medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich. Die MedUni Wien besitzt mit dem Josephinum auch ein medizinhistorisches Museum. 

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