Activartis: Orphan Drug Designation von Europäischer Arzneimittel-Agentur

Das österreichische Biotech-Unternehmen Activartis hat vor kurzem die Orphan Drug Designation der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) für seine neuartige Krebsimmuntherapie erhalten.

Konkret bezieht sich die Orphan Drug Designation auf die Anwendung von Activartis’ AV0113- Arzneimittel in der Behandlung des Glioms, einer Form von Gehirntumor, die in der EU etwa eine von 10.000 Personen trifft. Als Orphan Diseases – verwaiste Erkrankungen – werden seltene Krankheiten bezeichnet, für die wenig Forschungs- und Entwicklungsinteresse besteht und für die daher keine angemessenen Behandlungen zur Verfügung stehen.

Prinzipiell ist Activartis’ AV0113-Technologie gegen alle Krebserkrankungen einsetzbar. Die therapeutische Technologie beruht auf einer in der klinischen Entwicklung neuen, patentgeschützten Strategie der Tumorimpfung mit Dendritischen Zellen. Die Dendritischen Zellen sind zentrale Regulationselemente des Immunsystems. Ziel ist es, das Immunsystem in die Lage zu versetzen, die Krebserkrankung unter die Kontrolle des Immunsystems zu stellen.

Aktive Krebsimmuntherapie auf Basis Dendritischer Zellen
Der Wirkmechanismus der aktiven AV0113-Krebsimmuntherapie von Activartis ist die Mobilisierung des Immunsystems der Patient/innen. Tumorzellen sollen anhand ihrer Antigene (Determinanten, die Tumorzellen von normalen Zellen unterscheiden) erkannt und zerstört werden. Die Wirkung der Therapie macht sich Elemente und Mechanismen des Immunsystems zunutze und setzt dort an, wo dieses in der Verteidigung gegen Krebs versagt. Als körpereigenes Gewebe werden Tumorzellen vom Immunsystem typischerweise nicht als Gefahr betrachtet. Die Activartis-Therapie „täuscht“ Dendritische Zellen das Richtige zu machen, nämlich den Tumor als Bedrohung wahrzunehmen und eine Immunreaktion in Gang zu bringen.

Die Dendritischen Zellen der Krebspatient/innen werden mit Tumorantigenen aus deren eigenem Krebsgewebe beladen. Diese Antigene werden von der Dendritischen Zelle prozessiert und an die Zellmembran transportiert, wo sie für die Präsentation an T-Zellen zur Verfügung stehen. Zur Auslösung einer Immunreaktion genügt das aber noch nicht. Die oben erwähnte Täuschung der Dendritischen Zellen besteht darin, dass sie mit mikrobiellen Gefahrensignalen in Kontakt gebracht werden. Bestimmte Moleküle, die in Mikroorganismen, nicht aber in höheren Organismen vorhanden sind, signalisieren der Dendritischen Zelle, dass in ihrer Umgebung Mikroorganismen eingedrungen sind und damit eine Gefahr für den Organismus darstellen.

Tumorzellen entstehen aus den normalen Körperzellen der Krebspatient/innen und verfügen daher nicht über Gefahrensignale für die Erkennung durch Dendritische Zellen. Der kritische und einzigartige Teil von Activartis’ AV0113-Technologie ist, dass die mit Tumorantigenen beladenen Dendritischen Zellen mit einem Gefahrensignal in Kontakt gebracht werden: Lipopolysaccharide, die bakteriellen Endotoxine. Das veranlasst die Dendritische Zelle einen potenten immunstimulatorischen und pro-inflammatorischen Funktionsmodus anzunehmen. Nach Retournierung der Dendritischen Zellen in den Körper des/der Patienten/in aktivieren sie tumorantigenspezifische T-Zellen, am wichtigsten darunter die zytotoxischen (zelltötenden) T-Zellen, die in die Lage versetzt werden, Tumorzellen zu erkennen und zu zerstören.

EMA: Erster Wirksamkeitsnachweis erwartet
Um eine Orphan Drug Designation zu verleihen, erwartet die EMA einen ersten Hinweis auf eine mögliche Wirksamkeit des betreffenden Arzneimittels – aber noch keinen endgültigen Beweis. Für Patient/innen mit einer besonders aggressiven Form des Glioms, dem Glioblastoma Multiforme, konnten solche Hinweise jetzt von Activartis dokumentiert werden. Weltweit sind pro Jahr 50.000 Menschen von einer Neuerkrankung mit dieser aggressiven Art des Gehirntumors betroffen. Im Durchschnitt leben Patient/innen mit einem Glioblastom wenig länger als ein Jahr. Im Fünf-Jahres-Zeitraum sterben deutlich über 90% der Patient/innen. Die klassischen Formen der Krebstherapie – Operation, Bestrahlung und Chemotherapie – bringen den Patient/innen nur eine geringfügige Lebensverlängerung von wenigen Monaten.

Der Leiter des Teams, das diese neue Form der Krebsimmuntherapie entwickelt hat, Thomas Felzmann, der jetzt CEO von Activartis ist, erklärt: „Die Orphan Drug Designation ist ein wichtiger Meilenstein für uns und ein starkes Signal nach außen. Wir sind überzeugt, dass dieser Ansatz großes Potenzial in sich birgt. Nun haben wir dafür eine Bestätigung von unabhängiger Seite, der European Medicines Agency. Es wird aber noch etwa ein Jahr dauern, bis wir robuste Evidenz haben, dass an Glioblastom leidende Patient/innen tatsächlich einen Überlebensvorteil haben.“

Die meisten neurochirurgisch/neuroonkologischen Kliniken in Österreich nehmen zurzeit an einer randomisierten Phase II-Wirksamkeitsstudie „GBM-Vax“ teil, deren Design darauf ausgelegt ist, Evidenz für die Wirksamkeit von AV0113 zu zeigen. GBM-Vax hat bisher beinahe 100 Patient/innen mit Glioblastom eingeschlossen. Jetzt muss abgewartet und beobachtet werden, ob die mit der Krebsimmuntherapie behandelten Patient/innen einen Überlebensvorteil haben. 

Stichwort: Orphan Drug Designation
Krankheiten, die wegen ihrer Seltenheit von der biomedizinischen Forschung & Entwicklung oft vernachlässigt werden, bezeichnet man als Orphan Diseases, verwaiste Erkrankungen, also Krankheiten, um die sich niemand kümmert. Eine so genannten Orphan Drug Designation wird einem medizinischen Wirkstoff von Europäischer und Amerikanischer Arzneimittelbehörde, EMA und FDA, dann zugesprochen, wenn damit eine dieser besonders seltenen Erkrankungen behandelt werden kann. Soll eine Orphan Drug Designation erteilt werden, prüfen die Arzneimittelbehörden neben der tatsächlichen Seltenheit der Erkrankung auch, ob der Entwickler des Arzneimittels erste Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit vorweisen kann. Vorteile einer Orphan Drug Designation sind ein beschleunigtes Zulassungsverfahren und die Marktexklusivität in Europa für 10 Jahre ab Zulassung, in den USA für 7 Jahre, falls die Amerikanische Arzneimittelbehörde FDA ebenfalls eine Orphan Drug Designation erteilt. Eine Orphan Drug Designation unterstützt so die Entwicklung von Arzneimitteln für Menschen, die an seltenen, lebensbedrohlichen Erkrankungen leiden.

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