CeMM entdeckt fundamentalen Genregulator

(Wien, 13.12.2012) Der Forschungsgruppe von Denise Barlow ist es am Wiener CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erstmals gelungen, jenen Schaltmechanismus in embryonalen Mauszellen zu entschlüsseln, der für die Produktionssteuerung des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors IGF2 in embryonalen Mauszellen verantwortlich ist. Die Ergebnisse der Studie werden am 14.12.2012 im renommierten Wissenschaftsjournal Science veröffentlicht.

IGF2 ist ein lebenswichtiges Hormon, das in der Embryonalentwicklung das Wachstum und die Differenzierung der Zellen anregt. Gegenspieler dieses Wachstumshormons ist der IGF2-Rezeptor, der an IGF2 bindet und damit die Menge des wirksamen Hormons steuert: Wird von der Zelle weniger IGF2-Rezeptor erzeugt, steht mehr IGF2 zur Verfügung: Das Wachstum wird angeregt, die Maus wird größer. Während das Wachstumshormon IGF2 von den väterlichen Genen der DNA-Doppelhelix produziert werden, konnte Denise Barlow bereits in früheren Studien1 zeigen, dass die Produktion des IGF2-Rezeptors in embryonalen Mauszellen nur durch das Ablesen jenes Stranges erfolgt, der von der mütterlichen DNA stammt, diese Region auf dem väterlichen Gen aber abgeschaltet ist. Welcher Mechanismus für das Stilllegen des väterlichen Gens verantwortlich ist, war Inhalt internationaler Untersuchungen und konnte nun am CeMM enträtselt werden.

„Wir haben beobachtet, dass an dieser Stelle am väterlichen Gen eine sogenannte lange nicht-kodierende RNA abgelesen wird, die rasch zerfällt und deren Sinn wir nicht verstehen konnten“, so Denise Barlow, Senior Autorin der Studie: „Wir haben uns wie Außerirdische verhalten, die große Mengen von Rauch einer Dampflok sehen, sprich die produzierte RNA, und deshalb denken, dass dieser wichtig sein muss.“ Erst ein grundsätzlicher Perspektiven-Wechsel konnte Licht in die Sache bringen. Florian Pauler, einer der Erstautoren der Studie hat vor wenigen Jahren vorgeschlagen den Schlüssel zum Verständnis nicht im Produkt selbst, sondern im Produktionsprozess zu suchen. Nach vielen Jahren Forschungsarbeit wissen wir nun, dass das die Antwort ist. Denise Barlow: „Die raucherzeugende Dampflok kickt im übertragenen Sinn die Lokomotive für die Produktion des IGF2-Rezeptors von den Schienen und verhindert dadurch dessen Herstellung.“

Giulio Superti-Furga, wissenschaftlicher Direktor des CeMM: „Die Studie von Denise Barlow stellt einen Durchbruch dar in der Aufklärung fundamentaler Genregulations-Mechanismen und liefert eine Erklärung für die Wirkungsweise von langen nicht-kodierenden RNA und wird Einzug in die Lehrbücher halten.“ Die Forschungsgruppe von Denise Barlow widmet sich am CeMM der Epigenetischen Grundlagenforschung und untersucht jene Mechanismen, die für das An- und Ausschalten von Genen verantwortlich sind. Die Erkenntnisse tragen wesentlich zum Verständnis der molekularen Netzwerke bei und können eine wichtige Basis für das Verständnis von Krankheiten und die Entwicklung möglicher Therapien sein. Die Studie wurde zum Teil aus Mitteln des Austrian Science Fund FWF F4302-B09 und W1207-B09 sowie von Genome Research in Austria GEN-AU 820980 finanziert und in Science veröffentlicht.

Paper
Paulina A. Latos, * Florian M. Pauler, * Martha V. Koerner, * H. Başak Şenergin, Quanah J. Hudson, Roman R. Stocsits, Wolfgang Allhoff, Stefan H. Stricker, Ruth M. Klement, Katarzyna E. Warczok, Karin Aumayr, Pawel Pasierbek, Denise P. Barlow. Airn
Transcriptional Overlap, but Not Its lncRNA Products, Induces Imprinted Igf2r Silencing. Science. In Press 2012 Dec. 10.1126/science.1228110
*diese Autoren haben zu gleichen Teilen zur Studie beigetragen.

CeMM - Kurzprofil
Das CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften arbeitet an einer patientengerechteren, personifizierten Medizin der Zukunft und an einer zielgerechteren klinischen Wertschöpfung der Grundlagenforschung. Es verfolgt eine anwendungsorientierte Forschung auf dem Gebiet der Molekularmedizin durch die Zusammenführung und gegenseitige Beeinflussung von Grundlagen- und klinischer Forschung, wobei Krebs, Entzündungsprozesse und immunologische Krankheiten zu den wichtigsten Forschungsgebieten zählen.

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