Rat für Forschung und Technologieentwicklung: Aufholdynamik des österreichischen Innovationssystems unzureichend

Forschungsrat legt "Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs" vor und fordert Reformen in Bildung und mehr Budgetmittel

Die Aufholdynamik in Sachen Leistungsfähigkeit des österreichischen Innovationssystems ist derzeit insgesamt unzureichend. Das ist das Ergebnis des umfassenden Innovationsmonitorings des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, das der Rat in seinem aktuellen Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs heute veröffentlicht hat. Zwar gibt es in den meisten Bereichen des Innovationssystems klare Aufwärtstrends zu verzeichnen, diese bleiben aber deutlich hinter den Entwicklungen der führenden Innovationsnationen zurück. "Da Länder wie die Schweiz, Schweden oder Deutschland, ganz zu schweigen von USA, Japan, Korea oder Singapur, eine stärkere Entwicklungsdynamik aufweisen, bleibt Österreich trotz der Verbesserungen in seiner Leistungsfähigkeit unter dem Niveau der Innovation Leaders", so der Vorsitzende des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, Hannes Androsch. Eine Fortschreibung des Status quo sei daher keine Option. Peter Skalicky, der stellvertretende Ratsvorsitzende ergänzt: "Österreich darf im globalen Wettbewerb nicht weiter zurückfallen und den Anschluss an die Spitzengruppe verlieren. Dabei geht es nicht nur um Prozentzahlen und deren internationalen Vergleich, sondern auch um mittel- und langfristige Strukturanpassungen in den Bereichen Bildung, Ausbildung und Forschung sowie deren Finanzierung - auch in absoluten Zahlen."

Die Ergebnisse des Innovationsmonitorings im Detail Bildungssystem (ohne Tertiärbereich): Trend in die richtige Richtung
Im Bildungssystem (ohne den tertiären Bereich) weisen fast alle Indikatoren durchwegs Verbesserungen auf. Das gilt in besonderem Maß für die PISA-Ergebnisse. Ausgenommen sind die Bildungsvererbung und das Betreuungsverhältnis in der Primarstufe. Zwar lassen diese Verbesserungen nach wie vor nicht darauf schließen, dass die entsprechenden Zielsetzungen der FTI-Strategie bis 2020 erreicht werden können. Zumindest aber weisen die Entwicklungstrends in die richtige Richtung.

Tertiäres Bildungssystem: Zielerreichungschance bei anhaltender Entwicklungsdynamik unrealistisch
Im Vergleich zum Vorjahr sind im Bereich des tertiären Bildungssystems einige positive Entwicklungen zu verzeichnen. So etwa stiegen der Anteil der HochschulabsolventInnen sowie der Anteil von Frauen in Naturwissenschaft und Technik. Dennoch weisen die meisten der verwendeten Indikatoren nach wie vor einen großen Abstand zu den führenden Innovationsnationen auf. Das einzige bereits erreichte Ziel der FTI-Strategie für den Tertiärbereich ist die gestiegene Zahl der HochschulabsolventInnen. Trotz der Verbesserungen in Bezug auf den Zielabstand besteht bei gleichbleibenden Entwicklungstrends in neun der 15 verwendeten Indikatoren aus heutiger Sicht keine realistische Chance, die gesetzten Ziele bis 2020 zu erreichen. Universitäten und Grundlagenforschung: Positive Trends in der Forschungsleistung durch sinkende finanzielle Ausstattung gefährdet Im Bereich "Universitäten und Grundlagenforschung" ist die Qualität der Forschungsleistung gestiegen. Das ist einerseits auf die hohe Anzahl erfolgreicher Projektanträge beim European Research Council zurückzuführen, die teils auf die hervorragende Leistung einzelner Forschungseinrichtungen zurückgehen (z.B. IST Austria, IMP, IMBA), und andererseits auf Verbesserungen einzelner Universitäten in internationalen Rankings. Die unsichere Finanzierungsperspektive für die Universitäten und die sinkende finanzielle Ausstattung des FWF könnte diese Errungenschaften jedoch ernsthaft gefährden.

Forschung und Innovation im Unternehmenssektor: Gemischte Signale
In den Bereichen "Unternehmensforschung und Innovation" gibt es im Großen und Ganzen eher gemischte Signale. Positiv zu vermerken ist, dass bei einem Drittel der Indikatoren das für 2020 gesetzte Ziel bereits erreicht wurde und bei etlichen anderen der Zielabstand zu den Innovation Leaders gering ist. Dies betrifft z.B. die positive Performance der Unternehmen im Export oder die relativ intensive Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft. Es fällt aber auch auf, dass bei der Mehrzahl der Indikatoren die Ziele noch nicht erreicht wurden und die Entwicklungsdynamik letztes Jahr bei einigen Indikatoren sogar negativ ausfiel, etwa in der Wissens- und Forschungsintensität der Wirtschaft. Die bereits in der Vergangenheit identifizierten Schwächen im Gründungsbereich und in der Risikokapitalintensität bestehen weiterhin. Auch die rückgängige Finanzierung von F&E durch ausländische Unternehmen sollte genau beobachtet werden, da sie ein Hinweis für Standortprobleme sein könnte.

Wissenschaft und Gesellschaft: Kein hoher Stellenwert bei den ÖsterreicherInnen
Für den Bereich "Wissenschaft und Gesellschaft" weisen die Indikatoren zur Einstellung der ÖsterreicherInnen zu Wissenschaft und Forschung im Vergleich zu 2013 einen deutlichen Abwärtstrend auf. Dadurch liegen nun alle diesbezüglichen Indikatoren klar unter der Zielvorgabe für 2020 und ohne ausreichende Dynamik, um den Abstand zu den Innovation Leaders bis 2020 aufzuholen.

F&E-Finanzierung: Stagnation ohne Aussicht auf Veränderung
Der Zielabstand des Indikators zur Messung der F&E-Quote hat sich im Vergleich zum Vorjahr etwas verringert. Gleichzeitig ist jedoch auch ein leichter Rückgang der Dynamik zu verzeichnen, was insgesamt darauf schließen lässt, dass das Ziel bis 2020 nicht erreichbar ist. Außerdem liegt der Anteil der privaten F&E-Finanzierung weiterhin klar unter dem Niveau der führenden Innovationsnationen. Der sehr langsame Anstieg des privaten Finanzierungsanteils von F&E ist eine besorgniserregende Entwicklung der letzten Jahre, die auf eine zu schwache Ausweitung von Unternehmensforschung und Innovationstätigkeit hindeutet.

Prioritäre Handlungsfelder und Empfehlungen
Will Österreich das Ziel erreichen, in die Gruppe der Innovation Leaders vorzustoßen, empfiehlt der Rat verstärkte Anstrengungen in den folgenden prioritären Handlungsfeldern:

  •  Intensivierung der Reformen des Bildungssystems
  •  Erhöhung der Mittel für die kompetitive Finanzierung der Grundlagenforschung
  •  Weitere Optimierung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen und -wachstum
  •  Forcierung der Maßnahmen zur Erhöhung des privaten Anteils der F&E-Finanzierung

Androsch: "Angesichts der Dringlichkeit einer umfassenden Bildungsreform ist es erschütternd, dass immer noch der Mut zum großen Wurf fehlt. Oberstes Ziel einer ideologiefreien, vernünftigen Bildungspolitik muss es sein, das Bildungssystem derart zu gestalten, dass die Talente und Begabungen der Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft so früh wie möglich festgestellt und gefördert werden. Die frühe Trennung der Kinder im Alter von 10 Jahren ist hier absolut kontraproduktiv." Der Rat empfiehlt daher einmal mehr eine Intensivierung der Reformen des Bildungssystems, vor allem durch eine Stärkung der Schulautonomie, durch Bereinigung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern, sowie die Einführung der gemeinsamen, ganztägigen Schule im Sekundarbereich. Skalicky: "Wissenschaft und Forschung zählen heute zu den tragenden Säulen hoch entwickelter Volkswirtschaften. Forschungsintensive Länder wie die Schweiz, Schweden, Dänemark und Deutschland legen daher den Fokus vermehrt auf die Förderung der Grundlagenforschung. Im Vergleich zu diesen Ländern ist das Volumen, das in Österreich in die Grundlagenforschung investiert wird, deutlich zu niedrig." Der Rat empfiehlt daher eine substantielle und nachhaltige Anhebung der kompetitiv vergebenen Mittel für die Grundlagenforschung, um die Spitze der exzellenten Forschung in Österreich zu verbreitern und die Forschungsbedingungen des Wissenschaftsstandorts zu verbessern. Andernfalls ist nicht nur die gestiegene Qualität der Forschungsleistung, sondern auch die Attraktivität des Standorts Österreich ernsthaft gefährdet.

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