In der Schwangerschaft an einer „echten“ Grippe zu erkranken kann das Leben von Mutter und Kind gefährden. Aber auch bei Klein- und Schulkindern ist mit einer Influenza-Infektion nicht zu spaßen. Einerseits kann sie massive Komplikationen mit sich bringen, andererseits sind Kinder besonders oft Überträger der Erkrankung. Aus diesem Grund konzentrieren sich Pilotprojekte zur Eindämmung der Influenza aktuell auf Impfprogramme für Kinder.
Schwangere landen bei Komplikationen auf der Intensivstation
Schwangere Frauen sind durch eine Influenza-Infektion besonders gefährdet. Sie haben ein höheres Risiko, schwere Komplikationen zu erleiden und sogar zu sterben als nicht schwangere Frauen. Das gilt besonders dann, wenn sie zusätzlich an chronischen Erkrankungen oder Übergewicht leiden (1). Daten aus den USA während der Influenza-Pandemie 2009 zeigen, dass zwei Drittel der registrierten infizierten Schwangeren stationär aufgenommen werden mussten, knapp ein Viertel davon auf der Intensivstation. 4,3 Prozent sind sogar verstorben. Für Schwangere im letzten Schwangerschaftsdrittel war die Gefahr für schwere Folgen besonders hoch (2). Schwangere, die an Influenza erkranken, verlieren ihr Kind etwa doppelt so oft wie Frauen, die ihr Kind außerhalb der Grippezeit austragen. Außerdem gebären sie öfter Kinder mit sehr niedrigem Geburtsgewicht oder benötigen einen Not-Kaiserschnitt. Dazu kommen mögliche, wenn auch glücklicherweise seltene Folgen für das ungeborene Kind wie Entwicklungsstörungen, neuropsychiatrische Erkrankungen und angeborene Defekte des Zentralnervensystems (3).
Impfung senkt Erkrankungsrisiko um 70 Prozent
Mit einer Influenza-Impfung reduzieren Schwangere nicht nur die Wahrscheinlichkeit, an Influenza zu erkranken um etwa 70 Prozent, sondern senken auch das Infektionsrisiko für ihr Kind bis zum Alter von sechs Monaten (4). „Werdende Mütter haben ein schwächeres Immunsystem und sind daher für Infektionen besonders anfällig. Bei der „echten“ Grippe ist nicht nur die Viruslast problematisch für Mutter und Kind, sondern auch das mitunter hohe Fieber und es kommt öfters zu einer Lungenentzündung. Allen schwangeren Patientinnen muss aufgrund der internationalen Impfpläne empfohlen werden, sich impfen zu lassen“, sagt Univ. Prof. Dr. Herbert Kiss, MBA von der Univ. Klinik für Frauenheilkunde der Medizinischen Universität Wien. „Eine Impfung während der Schwangerschaft birgt kein zusätzliches Risiko, sondern senkt sogar das allgemeine Krankheitsrisiko und vor allem langwierige Komplikationen durch eine Influenza. Außerdem entsteht dadurch der sogenannte „Nestschutz“ für das Kind. Dieser ist wichtig, weil erst eine Adaption des Immunsystems von Neugeborenen nach der Geburt erfolgen muss und es auch noch nicht selbst geimpft werden kann“, so Kiss weiter.
Influenzasymptome bei Kindern nicht immer eindeutig
Wenn Kinder an Influenza erkranken, wird die Ursache oft nicht sofort richtig erkannt. Der Grund: Erste Symptome sind oft anders als bei Erwachsenen. Kinder leiden zu Beginn der Erkrankung häufig unter Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Es folgen Fieber (oft über 39°C Grad), fast immer auch Husten und Schnupfen. Gerade bei Kleinkindern gesellt sich oft noch eine schmerzhafte Mittelohrentzündung dazu. Auch Fieberkrämpfe kommen immer wieder vor.
Normalerweise ist eine Influenza bei Kindern eine selbst-limitierende Erkrankung, aber schwere Komplikationen wie Lungenentzündung, Herzmuskelentzündung oder eine Entzündung des Gehirns können in seltenen Fällen auftreten. In den USA sind von 2004 bis 2012 794 Kinder an den Folgen einer Influenza gestorben. Nur etwas mehr als die Hälfte davon wies davor medizinische Risikofaktoren wie neurologische oder pulmologische Erkrankungen auf (5). „Bei Kindern ist besonders gefährlich, dass die Krankheit extrem schnell - d.h. innerhalb weniger Tage - fortschreitet. Das gilt besonders für jene, die davor völlig gesund waren“, erläutert MR Dr. Rudolf Schmitzberger, Facharzt für Kinder- u. Jugendheilkunde. „Der beste Schutz für alle Kinder, aber speziell jene im Kindergarten- und Schulalter, – egal ob kerngesund oder mit medizinischer Vorgeschichte – ist daher die Impfung.“
Kinder sind Krankheitsverbreiter
Ist das Influenza-Virus einmal in einem Haushalt angekommen, ist die Gefahr einer weiteren Ansteckung innerhalb der Familie relativ hoch. Untersuchungen sprechen von 30 bis 40 Prozent. Forscher haben mittlerweile Modelle zur Verbreitung des Virus entwickelt, die zeigen, dass Kinder im Alter von fünf bis 16 Jahren eine besondere Rolle in der Virusweitergabe spielen. Erste Pilotprojekte z.B. in Großbritannien versuchen daher gezielt, die Influenzaimpfung bei Kindern im Kindergarten- und Schulalter zu etablieren, um so möglicherweise die Ausbreitung der Erkrankung zu verlangsamen oder zumindest zu blockieren (6).
Aktuelle Impfempfehlungen
Erstmalige Impfung von Kindern bis acht Jahre:
2 Impfungen im Abstand von mindestens 4 Wochen. Möglich ist eine Impfung ab dem 6. Lebensmonat. Kinder bis 36 Monate bekommen eine halbe Erwachsenendosis. Kinder ab 2 Jahren können auch eine Lebendimpfung, die als Nasenspray verabreicht wird, erhalten.
Danach:
Einmal jährliche Impfung
Schwangere:
Empfohlen wird eine Impfung ab dem zweiten Trimenon. Bei besonderer Gefährdung ist sie auch im ersten Trimenon möglich.
(1) Hegermann-Lindencrone, Michaela, ESWI Flu Summit Report 2013, S. 13-15
(2) Siston, Alicia M.; et. Al.; Pandemic 2009 Influenza A(H1N1) Virus Illness Among Pregnant Women in the United States, JAMA 2010; 303(15), S. 1517-1525
(3) Trogstad, Lill, ESWI Flu Summit Report 2013, S. 16-18
(4) Trogstad, Lill, ESWI Flu Summit Report 2013, S. 16-18
(5) Wong, Karen K., et. Al., Influenza Associated Pediatric Deaths in the United States, 2004–2012, Pediatrics
November 2013; 132 (5).
(6) Österreichischer Impfplan 2016, S. 25