MedUni Wien: Jodmangel bei Schwangeren beeinträchtigt die Gehirnentwicklung des Embryos

Schwangere Frauen in Österreich leiden häufig unter Jodmangel. Dieser könnte sich ungünstig auf die Gehirnentwicklung des Kindes auswirken. Das sind die zentralen Ergebnisse einer gemeinsamen Studie der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel der Universitätsklinik für Innere Medizin III gemeinsam mit der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien und der AGES, die nun im European Journal of Clinical Nutrition veröffentlicht wurden.

Dieser Jodmangel tritt bei österreichischen Frauen auch dann auf, wenn sie während der Schwangerschaft beginnen, vom Arzt verordnete Jod-Präparate zu sich zu nehmen. "Das lässt den Schluss zu, dass Frauen bereits dann vermehrt Jod zu sich nehmen sollten, wenn sie planen, schwanger zu werden", sagen die Studienautoren Heidelinde Lindorfer und Alois Gessl von der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien. "Wenn sie schwanger sind, ist es zu spät. Dann sind die Jod-Speicher offenbar bereits so leer, dass sie während der Schwangerschaft aufgrund des um rund 50 Prozent höheren Bedarfs an Jod nicht mehr adäquat gefüllt werden können."

Das lässt auch den Schluss zu, dass bereits vorher ein Jod-Mangel vorgelegen hat. Generell, so die WissenschafterInnen der MedUni Wien, sei bei der österreichischen Bevölkerung ein gewisser Mangel an diesem wichtigen Spurenelement gegeben. Österreich hat laut Verordnung eine der niedrigsten Salzjodierungen der Welt, nämlich nur 15 bis maximal 20 Milligramm pro Kilogramm Salz, das wurde sogar über die Jahre hinweg in Österreich nach unten korrigiert. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt dagegen 20-40 Milligramm pro Kilo Salz.

Migrantinnen besser mit Jod versorgt
Urinmessungen mittels Massenspektrometrie ergaben höhere Jod-Konzentrationen bei Frauen mit Migrationshintergrund -unabhängig von der Schwangerschaftswoche und von dem Vorliegen eines Gestationsdiabetes.

"Jede schwangere Frau sollte laut WHO täglich rund 250 Mikrogramm Jod zu sich nehmen, was bis zum Ende der Stillperiode fortgeführt werden sollte", so die StudienautorInnen. Jod, das hauptsächlich über Kochsalz konsumiert wird, sei aber in der Bevölkerung teilweise negativ besetzt. Zusätzlich wird aus medizinischen Gründen generell eine Einschränkung der Salzaufnahme empfohlen. "Vor, während und nach der Schwangerschaft ist Jod aber extrem wichtig für die Gehirnentwicklung des Embryos. Schon ein milder Jod-Mangel beeinträchtigt die intellektuelle Entwicklung des Kindes, die Verringerung des Intelligenzquotienten um immerhin ein paar Punkte konnte in rezenten Studien in Großbritannien und Australien nachgewiesen werden."

Die extremste Ausformung von Jod-Mangel ist der so genannte Kretinismus mit Stoffwechselveränderungen, Missbildungen des Skeletts und einer Schilddrüsenunterfunktion. Dieses Krankheitsbild ist in Österreich aber gänzlich verschwunden.

Schwangere in Österreich sind Präventionsmuffel
Generell ist das Interesse an Spurenelementen und Vitaminen in der Schwangerschaft bei werdenden Müttern (und ihren betreuenden Ärzten) in Österreich noch verbesserungswürdig, wie die aktuelle Studie ebenfalls zeigt: Von den 246 interviewten Frauen in der Diabetesambulanz der Universitätsklinik für Innere Medizin III bzw. der Schwangerenambulanz der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien gab ein Drittel an, überhaupt keine Vitamine oder unterstützende Präparate wie etwa Folsäure zu nehmen, von den restlichen zwei Drittel wiederum nahm nur jede Zweite ein Jod-hältiges Präparat. Lindorfer und Gessl: "Die meisten Frauen sind sich der Bedeutung von Jod in der Schwangerschaft nicht ausreichend bewusst. Aber auch die Gesundheitsbehörden sind hier gefragt."
Fünf Forschungscluster an der MedUni Wien

Insgesamt sind fünf Forschungscluster der MedUni Wien etabliert. Dort werden in der Grundlagen- wie in der klinischen Forschung vermehrt Schwerpunkte an der MedUni Wien gesetzt. Die Forschungscluster umfassen medizinische Bildgebung, Krebsforschung/Onkologie, kardiovaskuläre Medizin, medizinische Neurowissenschaften und Immunologie. Die vorliegende Arbeit fällt inhaltlich in den Themenbereich des Clusters für kardiovaskuläre Medizin.

Service: European Journal of Clinical Nutrition
"Iodine deficiency in pregnant women in Austria." H. Lindorfer, M. Krebs. A. Kautzky-Willer, D. Bancher-Todesca, M. Sager, A. Gessl. European Journal of Clinical Nutrition, 10 December 2014, doi:10.1038/ejcn.2014.253.

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