MedUni Wien: Hohes Risiko für Beinvenenthrombosen und Lungenembolien bei PatientInnen mit COVID-19

In einer systematischen Übersichtsarbeit aller weltweit publizierten Daten zum Thema „Thrombose und Lungenembolie bei COVID-19-PatientInnen“ konnten Cihan Ay, Stephan Nopp, und Florian Moik von der Universitätsklinik für Innere Medizin I, Klinische Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie, nun erstmals genaue Daten zum Thromboserisiko von hospitalisierten COVID-19 PatientInnen ermitteln. Während PatientInnen, die zwar stationär, aber nicht auf einer Intensivstation betreut werden müssen, ein Risiko von fünf bis elf Prozent haben, erleiden zwischen 18 und 28 Prozent der COVID-19-PatientInnen mit schwerem Verlauf eine Beinvenenthrombose oder Lungenembolie.

„Bereits zu Beginn der COVID-19-Pandemie berichteten einige Studien von einer erhöhten Rate von Thrombosen und Lungenembolien. Auf Basis dessen, aber ohne entsprechende Evidenz aus kontrollierten Interventionsstudien, wurden internationale Therapiekonzepte erstellt und eine forcierte Gabe von blutverdünnenden Medikamenten empfohlen. Unsere Studie dient nun dem besseren Verständnis dieses Risikos und soll helfen, mit Hilfe einer genauen Risikoeinschätzung individuelle Therapieentscheidungen in den einzelnen Patientengruppen zu treffen“, berichtet Studienleiter Cihan Ay.

Für diese Übersichtsarbeit analysierten und begutachteten die Autoren insgesamt 5.951 Studien, davon berichteten 86 Studien über Thrombose- und Lungenembolie-Raten bei COVID-19-PatientInnen. Von diesen wiederum konnten 66 Studien (28.173 PatientInnen) für eine Meta-Analyse herangezogen werden, um eine robuste Einschätzung des Thromboserisikos zu berechnen.

Die zentralen Ergebnisse: Insgesamt liegt die Prävalenz von venösen Thromboembolien (VTE) bei 14 Prozent, obwohl in vielen der Studien eine Thromboseprophylaxe verabreicht wurde. In den Subgruppen zeigte sich eine gewisse Heterogenität. Während mit 23% die VTE-Rate bei intensiv-pflichtigen COVID-19-PatientInnen am höchsten war, lag die VTE-Rate bei PatientInnen auf der Normalstation bei 8 Prozent, ein Risiko, das höher ist als bei sonst hospitalisierten PatientInnen mit anderen internistischen Erkrankungen.

Ein weiteres besonderes Augenmerk der Meta-Analyse wurde auf die Bewertung des Risikos einer potenziell lebensbedrohlichen Lungenembolie gelegt. Das Resultat: „Dieses Risiko ist im Vergleich mit anderen schweren Erkrankungen deutlich erhöht und liegt zwischen 10 und 18% bei PatientInnen, die eine intensivmedizinische Betreuung benötigen. Erstaunlicherweise konnten außerdem bei beinahe der Hälfte der stationären COVID-19-PatientInnen, bei denen ein systematisches Thrombose-Screening mittels Ultraschall durchgeführt wurde, eine Thrombose detektiert werden.“ Dies unterstreicht neuerdings den Einfluss von COVID-19 auf das Blutgerinnungssystem. Zudem konnte gezeigt werden, dass PatientInnen, die im Verlauf der Erkrankung eine Thrombose oder Lungenembolie entwickelt haben, eine deutlich erhöhtes D-Dimer bei der Krankenhausaufnahme aufweisen, ein Laborwert, der auf ein aktiviertes Gerinnungssystem hinweist.

Diese Erkenntnisse, so die Autoren, bieten nun eine Grundlage, um in Abhängigkeit vom Schweregrad der COVID-19-Erkrankung das Risiko einer Thrombose abzuschätzen. Ob ein erhöhtes D-Dimer bei stationärer Aufnahme eine Intensivierung der Blutverdünnung rechtfertigt, muss in zukünftigen Studien gezeigt werden.

Service:  Research and Practice in Thrombosis and Haemostasis

„Risk of venous thromboembolism in patients with COVID‐19: A systematic review and meta‐analysis.” Stephan Nopp,  Florian Moik,  Bernd Jilma,  Ingrid Pabinger,  Cihan Ay.
https://doi.org/10.1002/rth2.12439. bzw. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/rth2.12439

 

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