KrebspatientInnen sind im Falle einer Ansteckung nicht nur anfällig für schwere COVID-19-Verläufe, sondern auch dem Risiko von Unterbrechungen der Krebsbehandlung oder des Monitorings ausgesetzt. Daher wird allen KrebspatientInnen eine SARS-CoV-2-Immunisierung und, weil mit der Zeit die Immunität abnimmt, eine dritte „Booster“-Impfung empfohlen.
Allerdings waren die Daten zur Wirksamkeit dieser dritten Impfung bei PatientInnen mit Krebs bisher begrenzt. Die ForscherInnen der MedUni Wien unter Leitung von Matthias Preusser (Klinische Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere Medizin I von MedUni Wien und AKH Wien) und in Kooperation mit dem Klinischen Institut für Labormedizin und der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin (Universitätsklinik für Innere Medizin I) der MedUni Wien, sowie der Hämato-Onkologischen Tagesklinik am Krankenhaus Franz Tappeiner in Meran (Italien), der Abteilung für Artificial Intelligence and Human Interfaces and Intelligent Data Analytics Lab Salzburg der Universität Salzburg, und der Abteilung für Produktionsmanagement und Logistik der Universität Klagenfurt untersuchten nun bei 439 KrebspatientInnen mittels Bluttests den Wert an Anti-SARS-CoV-2-Spike-Protein-Antikörpern nach der dritten Impfdosis.
Die Analyse ergab im Vorfeld eine Abnahme der Antikörperspiegel zwischen 3 und 6 Monaten nach der zweiten Impfung bei PatientInnen mit soliden Tumoren und jenen mit hämatologischen Malignomen ohne Anti-B-Zell-Therapien. „Nach der dritten Booster-Dosis stiegen die Antikörperspiegel der KrebspatientInnen wieder an“, berichten die beiden ErstautorInnen Julia Berger und Maximilian Mair von der Klinischen Abteilung für Onkologie, „zwar waren die neuen Antikörperspiegel nicht im gleichen Maße erhöht wie bei der gesunden Kontrollgruppe, aber reichten dennoch sehr wahrscheinlich für einen Schutz aus.“
PatientInnen mit Blutkrebs bauen keinen Schutz auf
PatientInnen mit hämatologischen Krebsformen wie Leukämie oder Lymphomen erhalten oft eine CD20-depletierende Therapie, bei der genau jene Zellen gehemmt werden, die für die Entwicklung der benötigten Antikörper zuständig sind. Hier brachte auch die dritte Impfung nicht die gewünschte Immunantwort. „Solche Betroffenen, die wahrscheinlich keinen adäquaten Schutz aufbauen können, sind gefährdet und müssen bei ihren Sozialkontakten besonders aufpassen und die entsprechenden Hygienemaßnahmen ganz besonders streng einhalten“, erklärt Matthias Preusser. Als mögliche Strategie zum besseren Schutz vor COVID-19-Erkrankung bei PatientInnen, welche keine ausreichende Impfantwort ausbilden können, können Medikamente, die die Virusvermehrung hemmen, oder die intravenöse Verabreichung von künstlich hergestellten Antikörpern erwogen werden. „Zur optimalen COVID-19 Prophylaxe bei immunsupprimierten PatientInnen fehlen aber noch ausreichende Studiendaten“, so Preusser.
Geringe Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen nach der dritten Dosis waren lokale Schmerzen (46,9 %), Müdigkeit (15,6 %) und Fieber/Schüttelfrost (10,0 %) und sind damit mit jenen bei Menschen ohne Krebserkrankung vergleichbar. „Wir empfehlen auf Basis dieser Studienergebnisse und aufgrund der akzeptablen Nebenwirkungen allen Krebspatientinnen und –patienten die dritte Booster-Impfung“, erklärt Matthias Preusser, „und zusätzlich zu B-Zellen, die Antikörper produzieren, konnten wir auch zelluläre Immunantworten bei NK-Zellen beobachten. Das kann eventuell bereits den Unterschied zwischen einem leichten und einem schweren Verlauf machen.“
Service: European Journal of Cancer
Third dose of SARS-CoV-2 vaccination in hemato-oncological patients and health care workers: immune responses and adverse events – a retrospective cohort study
Maximilian J. Mair, Julia M. Berger; Manfred Mitterer, Margaretha Gansterer, Arne C. Bathke, Wolfgang Trutschnig, Anna S. Berghoff, Thomas Perkmann, Helmuth Haslacher, Wolfgang W. Lamm, Markus Raderer; Selma Tobudic, Thorsten Fuereder, Thomas Buratti, Dominic Fong, Matthias Preusser
https://doi.org/10.1016/j.ejca.2022.01.019