"200 Jahre Institut für Pathologie sind schon etwas", sagte die Vizerektorin für Klinische Angelegenheiten der MedUni Wien, Christiane Druml. Der Grundstein war noch in der 1. Medizinischen Schule (Van Swieten) unter Maria Theresia gelegt worden. Es wurde angeordnet, dass jeder Verstorbene obduziert werden sollte. 1796 kam es im Umfeld des alten AKH zur Etablierung eines Leichenhauses und zur Installierung eines Prosektors. 1812 wurde diese Stelle erneut besetzt, im Jahr darauf gab es ein Hofdekret über das Anlagen einer pathologischen Sammlung - zum Lernen für die Zukunft.
Diese alte Pathologie wurde unter Carl Rokitansky (1804 bis 1878; er leitete das Institut von 1844 bis 1875) zur Geburtsstätte der modernen Medizin. Roland Sedivy vom heutigen Klinischen Institut als Pathologe und Historiker seines Fachs: "Er war's, der die Krankheiten strukturiert hat." Die klinische Beobachtung von Symptomen und Krankheitserscheinungen an Patienten wurde erstmals mit sichtbaren Organmerkmalen in Verbindung gebracht. In dem Klinikern Joseph Skoda und Ferdinand Hebra fand Rokitansky kongeniale Partner.
Basis für 2. Wiener Medizinische Schule
Pathologische Chemie, Histologie, die Entdeckung potenziell tödlicher Keime wie der Meningokokken und der Pneumokokken (durch Anton Weichselbaum) und viele, viele andere bahnbrechende Entdeckungen wurden damals von den Wiener Pathologen gemacht. Das war die Basis für die 2. Wiener Medizinische Schule, die im Endeffekt bis zum Nationalsozialismus international in Führungsrolle agierte. Mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Ende des 2. Weltkrieges sorgte schließlich - so Sedivy - Johann Heinrich Holzner (ab 1969 für 24 Jahre Vorstand des Instituts) für den Aufbruch in die Moderne mit Immunhistochemie, Zytochemie, Elektronenmikroskopie, EDV, Gefrierschnellschntten etc.
"Wir sind eines der größten Institute Europas mit 200 Beschäftigten, 36 Arztpositionen und neun Ausbildungsstellen. Wir erstellen die Diagnosen für 50.000 Patienten pro Jahr", sagte schließlich Dontscho Kerjaschki, seit 1993 Ordinarius und Leiter der Institution, stolz. Mit der Entdeckung des Proteins Podoplanin als Marker für Lymphgefäße und der Identifzierung des Mechanismus, wie es bei Krebs zu Lymphknotenmetastasen kommt, haben der Wissenschafter und sein Team international für Furore gesorgt. Die Molekularbiologie, Tumormodelle bei Mäusen und viele andere neue High-Tech-Verfahren wurden etabliert.
Analysesystem für einzelne Krebszellen
Ein aktuell faszinierendes Projekt: Gemeinsam mit der TU Wien wird ein Analysesystem entwickelt, mit dem man sogar schon einzelne Krebszellen auf ihre Protein-Zusammensetzung in Tumorproben untersuchen kann. Das soll zu einer noch viel genaueren Charakterisierung von Tumoren führen, die aus einem Gewebe durchaus unterschiedlicher Zellen bestehen. Die Zukunft liegt in der Vernetzung der modernsten Methoden, betonte Giulio Superti-Furga, wissenschaftlicher Leiter des Forschungszentrums für Molekulare Medizin (CeMM). Die Erforschung von Krankheitsmechanismen werde in Zukunft "prädelektiv" (vorhersagend), "personifiziert", "präventiv" und "partizipatorisch" sein.