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LBI-CR: Stresshormone beschleunigen Übergewicht und Zuckerkrankheit mit dem Alter

In Österreich leiden über 600.000 Menschen an Diabetes und eine noch höhere Anzahl der Bevölkerung ist stark übergewichtig, was viele Krankheiten auslösen oder beschleunigen kann. Vorbeugende Medikamente um typische Erkrankungen zu verhindern sind daher ein wichtiges Gesundheitsthema.

Glukokortikoide sind Hormone, die auf jede Zelle im Körper wirken. Der bekannteste Vertreter ist Kortison, dass seit vielen Jahren ein erfolgreiches Medikament in der Unterdrückung von Entzündungen, Autoimmunerkrankungen oder chronischen Allergien ist. Glukokortikoide haben auch eine wichtige Rolle im Stoffwechsel und man bezeichnet sie auch als Stresshormone.  Sie sind für die Mobilisierung von Energie wichtig, was bei Gefahrensituationen wie bei Infektionen oder bei langen Perioden von Nahrungsmangel entscheidend ist. Die Hormone koordinieren die komplexe Interaktion zwischen dem Gehirn, Drüsen, Fettdepots, der Leber oder auch dem Muskelgewebe. Hormone können große Veränderungen im Stoffwechsel verursachen, beispielsweise kann die typische Gewichtszunahme im Alter mit einhergehender Leberverfettung oder Zuckerkrankheit unter anderem eine Folge veränderter Hormonspiegel sein. Diese Gesundheitsprobleme werden durch komplexe Interaktionen zwischen verschiedenen Organen und Hormonen gefördert und diese besser zu verstehen war das wesentliche Ziel der Studie. So könnte man mit Medikamenten Stresshormone beeinflussen, um Übergewicht oder die Zuckerkrankheit zu behandeln.

Jetzt hat ein Forscherteam um Richard Moriggl vom Ludwig Boltzmann Instituts für Krebsforschung (LBI-CR), gemeinsam mit Jan Tuckermann von der Universität Ulm und Wissenschaftlern der Universität München untersucht, wie sich ein reduziertes Signal von Stresshormonen auf Fettzellen auswirkt. Die zentrale Beobachtung war, dass ein reduziertes Stresssignal in den Fettzellen zu schlankeren alten Mäusen führt und Altersdiabetes vorbeugt. Die Hormonwirkung wird über Rezeptoren vermittelt, die nahe der Zelloberfläche sitzen und im Zellinneren Signale auslösen, wenn Stresshormon ausgeschüttet wird. Um die Signalübertragung zu stören haben die Forscher Mäuse studiert, deren Fettzellen keine Stresshormonantwort ausüben konnten. Ihre Ergebnisse hat die Forschungsgruppe jetzt im renommierten Journal Diabetes veröffentlicht.

Das fehlen einer Stesshormonantwort führt zum Verlust von Energiereserven aus Fettzellen und diese Fettzellen waren nach einer Hungerperiode riesig, da das Fett nicht mobilisiert werden konnte. Zum Ausgleich wurde auf andere Energiequellen im Körper zugegriffen und so führt der Verlust des Rezeptors in den Fettzellen zu einer fundamentalen Störung des gesamten Stoffwechsels. Eine überraschende Folge war, dass die Mäuse nach einer besonders fettreichen Ernährung weniger übergewichtig waren wie Vergleichstiere. Auch im Alter zeigten die Mäuse ohne Stesshormonantwort ein deutlich reduziertes Körpergewicht. „Dass ein verringerter Fettabbau langfristig zu weniger Fettgewebe im Körper führt hat uns überrascht“, betont Moriggl. Es ist also nicht der fehlende Stress, sondern zu viel Stress, der zumindest alte oder ungesund ernährte Mäuse übergewichtig macht. Wir glauben, dass der Stresshormonhaushalt im späteren Leben anfälliger ist um typische Alterserscheinungen wie Übergewicht oder Diabetes bei Menschen zu beschleunigen. Interessant bei der Studie war, dass genetisch veränderten Mäuse ohne Stresshormonantwort einen verbesserten Zuckerhaushalt hatten. Ob dies therapeutisch bei Diabetes ausgenützt werden kann muß sich zeigen.

Service:
Mueller KM, Hartmann K, Kaltenecker D, Vettorazzi S, Bauer M, Mauser L, Amann S, Jall S, Fischer K, Esterbauer H, Müller TD, Tschöp MH, Magnes C, Haybaeck J, Scherer T, Bordag N, Tuckermann JP, Moriggl R.Adipocyte Glucocorticoid Receptor Deficiency Attenuates Aging- and Hfd-Induced Obesity, and Impairs the Feeding-Fasting Transition. Diabetes. 2016 Sep 20. pii: db160381. DOI: 10.2337/db16-0381
diabetes.diabetesjournals.org/content/early/2016/09/19/db16-0381.long

Über Richard Moriggl:
Richard Moriggl ist Direktor des Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung und Professor für Funktionelle Krebsgenomik in einer gemeinsamen Anstellung an der Medizinischen Universität Wien und der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Er ist ein international anerkannter Experte im Forschungsfeld onkogener Signalübertragungswege mit einem besonderen Fokus auf JAK/STAT Signalwegen. Moriggl studierte in Deutschland und Frankreich bevor er seinen PhD am Friedrich Miescher Institut in Basel machte. Nach Forschungsaufenthalten am St. Jude Children’s Research Hospital in Memphis (USA) und dem Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie in Wien gründete er das LBI-CR im Jahr 2005, dem er seither als Direktor vorsteht. Seine Publikationsliste umfasst inzwischen über 110 Veröffentlichungen.

Über das Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung (LBI-CR):
Das LBI-CR konzentriert sich auf die Entwicklung neuer Mausmodelle für Krebserkrankungen und deren Analyse um neue Einsichten über die Grundlagen von Krebserkrankungen zu erreichen. Das Institut forscht auf internationalem Niveau an den Grundlagen der Krebsentstehung mit modernsten genetischen Methoden. Mit einem besonderen Fokus für die Signalkooperation in Tumorzellen verfolgen die Forscher das Ziel wissenschaftliche Errungenschaften in neue therapeutische Ansätze zu übersetzen. Das LBI-CR führt seine Forschung in enger Zusammenarbeit mit seinen Partnern Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie, Medizinische Universität Wien, Verterinärmedizinische Universität, St. Anna Kinderkrebsforschung und der Firma TissueGnostics durch.

Über die Ludwig Boltzmann Gesellschaft:
Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) ist eine außeruniversitäre Forschungsorganisation mit Sitz in Wien und betreibt Forschungsinstitute (Ludwig Boltzmann Institute) in den Bereichen der Humanmedizin / Life Sciences sowie der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Sie initiiert gemeinsam mit akademischen und anwendenden Partnern innovative Forschungsthemen und ist spezialisiert auf translationale Forschung - die Brücke zwischen Grundlagenforschung und Anwendung. In den geistes- und sozialwissenschaftlichen Instituten werden die interdisziplinär erarbeiteten Forschungsergebnisse in Konferenzen und wissenschaftlichen Veranstaltungen dem Fachpublikum kommuniziert sowie mittels publikumswirksamer Aktivitäten der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

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