IMBA: Förderung für die „Mini-brains“

Das European Research Council (ERC) unterstützt den Wiener Top - Wissenschaftler Jürgen Knoblich dabei die Gehirn Organoide als Model für neurologische Erkrankungen zu positionieren.

Vor kurzem hat das ERC die 44 Wissenschaftler bekannt gegeben, die die diesjährigen "Proof of Concept" Förderungen erhalten. Diese Förderungen zielen darauf ab, das kommerzielle und innovative Potential jener Projekte zu untersuchen, die schon zuvor eine ERC Unterstützung erhalten haben. Sie sind mit jeweils Euro 150,000 dotiert und sollen dazu beitragen, dass die bereits erreichten Forschungsergebnisse eine kommerzielle Anwendung finden.

Unter den diesjährig ausgezeichneten Forschern ist auch Jürgen Knoblich, stellvertretender Direktor am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Schon im Jahre 2009 erhielt er einen der begehrten ERC Advanced Investigator Grants. Im Jahr 2013 veröffentlichten Knoblich und sein Team in der Zeitschrift Nature eine bahnbrechende Technologie die es erlaubt, Gehirngewebe aus menschlichen Stammzellen zu erzeugen. Diese sogenannten Gehirn Organoide stellen ein überraschend genaues Abbild des Gehirns eines frühen menschlichen Embryos dar und lassen sich im Labor in einer dreidimensionalen Organkultur einfach herstellen. Da Stammzellen von jedem Patienten gewonnen werden können, sind sie eine hervorragende Möglichkeit, neurologische Erbkrankheiten im Labor nachzuahmen und damit zu erforschen.

Die Organoide sollen in Zukunft dabei helfen, neue Einblicke in die Pathogenese von neurologischen Erkrankungen zu liefern. Bisher lag die größte Schwierigkeit darin Ergebnisse medizinischer Studien von Tiermodellen auf den Menschen zu übertragen. Dies ist im Besonderen bei Gehirnerkrankungen, wie etwa den neurodegenerativen Krankheiten, der Fall. Hier können Tiermodelle die Komplexität des menschlichen Gehirns nur unzureichend wiedergeben. "Das Problem ist, dass sich das menschliche Gehirn in seiner Physiologie und Entwicklungsbiologie sehr stark von beispielsweise einem Mäusegehirn unterscheidet", sagt Jürgen Knoblich. Durch die enorme Komplexität des menschlichen Gehirns fehlen geeignete Krankheitsmodelle und somit war es bisher schwierig oder gar unmöglich Erkrankungen des Gehirns zu untersuchen und geeignete Medikamente zu entwickeln.
"Unsere Methode hat großes Potenzial, Ergebnisse von Tierversuchen auf den Menschen zu übertragen und damit gezieltere Medikamente zu entwickeln", erklärt Knoblich.

Heutzutage werden in der Psychiatrie für Krankheiten wie etwa der Schizophrenie, medikamentöse Therapien angewendet, deren experimentelle Grundlagen zum Teil aus den 1950er Jahren stammen. Somit besteht ein dringender Bedarf, neue Modelle zu entwickeln, die diese Krankheiten ausreichend darstellen können.

"Wir konnten bereits Gehirn Organoide als Krankheitsmodell für Mikrocephalie herstellen." Bei dieser Krankheit kommt es zu einer extremen Verkleinerung des Gehirns, die natürlich zu starken Beeinträchtigungen führt. "Nagetiere sind hierfür als Modell ungeeignet, weil sie viel geringere Defekte zeigen und somit die Krankheit nicht wirklich widerspiegeln", so Knoblich.
Mit der Förderung des ERC wollen Jürgen Knoblich und sein Team die kommerziellen Möglichkeiten der Organoide als eine neue und kosteneffektive Anwendung testen, um einen Beitrag zur Entwicklung dringend notwendiger Therapien für neurologische Erkrankungen zu leisten. Diesbezüglich haben bereits führende pharmazeutische Firmen ihr Interesse bekundet.

Jürgen Knoblich
studierte Biochemie in Tübingen und London und forschte mehrere Jahre als Postdoc in San Francisco. Seit 2004 ist Knoblich Senior Scientist und seit 2005 stellvertretender Direktor am Institut für
Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er ist ein international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Stammzellbiologie.
IMBA

Das IMBA - Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften kombiniert Grundlagen‐ und angewandte Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin. Interdisziplinär zusammengesetzte Forschergruppen bearbeiten funktionsgenetische Fragen, besonders in Zusammenhang mit der Krankheitsentstehung. Ziel ist es, das erworbene Wissen in die Entwicklung innovativer Ansätze zur Prävention, Diagnose und Therapie von Krankheiten zu implementieren.

(Quelle: APA-OTS)

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