Menschliche Prothesen sind heute in den vielfältigsten, mitunter hochtechnologischen Ausführungen verfügbar. Auch für Tiere gibt es seit einigen Jahren Prothesen am Markt, allerdings handelt sich dabei häufig um einfache, Stab-artige Konstruktionen. Im Rahmen seiner Master-Arbeit im Studiengang Gesundheits- und Rehabilitationstechnik an der FH Technikum Wien entwickelt Dominik Schneeberger derzeit einen Prototypen für eine neuartige Hundeprothese, die eine bessere, an der natürlichen Bewegung orientierte Versorgung der verlorenen Gliedmaße ermöglichen soll.
Derartige funktionale Eigenkraftprothesen werden bei Menschen schon seit längerem erfolgreich verwendet. Eine wichtige Voraussetzung, um das Prinzip auf Hunde zu übertragen ist, dass sie ein intaktes Ellbogengelenk haben. Vom diesem geht die Bewegung der Prothese aus, die auf diese Weise wie eine künstliche Pfote den fehlenden Teil des Beins ersetzen kann. „Ein Problem in der Tiermedizin ist, dass häufig die ganze Gliedmaße bis zum Schulterblatt abgenommen wird. Dies passiert auch, um die Infektionsgefahr zu vermindern. Ein neues Prothesensystem könnte einen Teil dazu beitragen, diese Praxis zu ändern“, sagt Schneeberger.
Entlastung für gesunde Gliedmaßen
Die FFG-geförderte Master-Arbeit wird an der FHTW von Junior Lecturer/Researcher Agnes Scheibenreif betreut. Dominik Schneeberger arbeitet im Rahmen seines Projekts außerdem mit der Chirurgin Eva Schnabl-Feichter von der Veterinärmedizinischen Universität sowie der Orthopädietechnik-Firma Kerkoc zusammen.
Tiere mit amputierten Gliedmaßen leiden häufig unter einer Überbelastung der gesunden Gliedmaßen aufgrund der ungleichmäßigen Gewichtsverteilung. Prothesen unterstützen die Tiere nicht nur bei der Bewegung, sondern sorgen durch eine bessere Verteilung des Körperwichts für Entlastung. Für sein erstes Konzept entwickelte Dominik Schneeberger eine Konstruktion, bei der die Kraftableitung über den Brustkorb des Hundes erfolgt, um den Stumpf zu schonen und die Bildung von Druckstellen zu vermeiden.
Aufwändiger Entwicklungsprozess
Die Entwicklung und Konstruktion der 3D-gedruckten Prototypen erfolgen in einem aufwändigen Prozess: Gipsmodelle von Brustkorb und Stumpf müssen erstellt werden, diese werden dann 3D-gescannt, um die Daten im CAD-Programm weiterbearbeiten zu können. Um den Prototyp an die Maße des Hundes anzupassen, müssen für jedes Tier individuelle Röntgenbilder angefertigt werden. Dazu sind außerdem eine orthopädische Analyse sowie eine Ganganalyse ohne bzw. mit einer bereits bestehenden Prothese vorgesehen. Die Besitzer*innen müssen zudem Fragebogen ausfüllen, um die Funktionseinschränkungen sowie die Schmerzen ihrer Hunde zu beurteilen.
Bei den Tests des ersten Prototyps stellte sich heraus, dass die Kraftableitung über den Brustkorb in der Praxis doch nicht so gut funktioniert wie geplant. Die Gesamtkonstruktion erwies sich als zu groß und klobig, zudem zog der Hund zog den Stumpf häufig wieder aus der Prothese heraus. Schneeberger, der für seine Versuche die Infrastruktur von Kerkoc nutzen kann, entwickelte deshalb ein weiteres Konzept, bei dem die Kraftableitung möglichst schonend über den Stumpf läuft. „Die neue Konstruktion ist wesentlich filigraner, wir verwenden Edelstahlgelenke und der 3D-Druck kommt nur mehr da zum Einsatz, wo es unbedingt notwendig ist.“
Der finale Prototyp ist mittlerweile fertiggestellt. In einem weiteren Schritt muss noch in einem mehrwöchigen Test analysiert werden, wie der Hund mit der Prothese zurechtkommt und wie gut das neue System im Vergleich zur alten Prothese funktioniert. Mit den gewonnenen Erkenntnissen hofft Dominik Schneeberger jedenfalls zeigen zu können, dass seine künstliche Pfote eine echte Verbesserung zu den bestehenden Tierprothesen am Markt ist.
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