Die „CeMM Library of Unique Drugs“ (CLOUD) ist mit nur 308 Substanzen die weltweit kleinste Wirkstoffsammlung, die das komplette Wirkungsspektrum aller zugelassenen klinischen Substanzen repräsentiert. Ihr Potential für die Entdeckung neuer Wirkstoffkombinationen zeigte sich in einer neuen Studie in Nature Chemical Biology: Mit Hilfe der hochautomatisierten chemischen Screeningplattform des CeMM wurden zwei Medikamente identifiziert, die gemeinsam therapieresistente Prostatakrebszellen effektiv bekämpfen. Die einzigartige CLOUD-Bibliothek in Verbindung mit Hochdurchsatzanalysen ist ein Durchbruch in der ansonsten extrem schwierigen Suche nach Kombinationstherapien und stellt einen bedeutenden Beitrag für die Entwicklung der personalisierten Medizin dar.
(Wien, der 22. Mai 2017) Zwei verschiedene Medikamente, gemeinsam eingenommen, wirken oft gänzlich anders als die einzelnen Substanzen - eine Tatsache, die auf Beipackzetteln häufig zu einer langen Liste von Warnhinweisen führt. Die Wechselwirkung der Wirkstoffe kann jedoch auch gezielt für neue Therapien genutzt werden, dabei lassen sich extrem zeitaufwendige und kostenintensive Zulassungsverfahren für neue Substanzen umgehen. Die richtige Kombination der über 30.000 zugelassenen pharmazeutischen Produkte für eine bestimmte Krankheit zu finden, war bisher jedoch eine enorme Herausforderung für die medizinische Forschung.
Hier gelang dem Team von Stefan Kubicek, Forschungsgruppenleiter am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, mit der Entwicklung der CLOUD-Wirkstoffsammlung ein entscheidender Durchbruch: Die nur 308 Substanzen der CLOUD repräsentieren das komplette Wirkungsspektrum und die strukturelle Bandbreite aller zugelassenen Medikamente. Deren Potential hat sich bereits in einer ersten Studie, veröffentlicht in Nature Chemical Biology (DOI:10.1038/nchembio.2382) bestätigt: In der hochmodernen, vollautomatisierten chemischen Screeningplattform des CeMM gelang es, mit der CLOUD einen Synergieeffekt der zwei Wirkstoffe Flutamid und Phenprocoumon gegen Prostatakrebs nachzuweisen.
Für die Auswahl der Substanzen der CLOUD erarbeiteten die Wissenschaftler um Stefan Kubicek einen ausgeklügelten Selektionsprozess. Zunächst bestimmten und extrahierten sie 2171 einzigartige, pharmazeutisch aktive Substanzen, und verwarfen alle Produkte mit identischen Inhaltsstoffen. Daraufhin entfernten sie große Biomoleküle wie z.B. Antikörper und Moleküle, die ihre biologischen Effekte nicht über Proteinbindung erzielen, nicht zur Krankheitsbehandlung oder nur äußerlich eingesetzt werden.
Mit den übrig bleibenden 954 systemisch aktiven kleinen Molekülen (die sog. „STEAM“-Sammlung) begann dann der wichtigste Auswahlprozess: Um die komplette Sammlung auf einer Standardanalyseplatte mit 384 Positionen unterzubringen, gruppierten die Wissenschaftler alle Moleküle der STEAM-Sammlung mit bekanntem Bindungspartner nach biologischer Aktivität und chemischer Struktur. Daraus resultieren 176 Gruppen, von denen viele durch ein einziges Molekül repräsentiert werden können, da sich die Aktivität und Struktur der Substanzen innerhalb der Gruppe stark ähneln. Mit einem speziellen Algorithmus wurden so 239 repräsentative Substanzen ausgewählt – zusammen mit 34 Molekülen, deren Bindungspartner unbekannt sind und 35 weiteren, die als „Prodrug“ ihre aktive Form sonst erst während des Stoffwechsels erlangen, ergaben sich die 308 Substanzen der CLOUD.
Kubiceks Team, mit Marco Licciardello als Erstautor der vorliegenden Studie, gelang es bereits, das Potential dieser Auswahl an Substanzen für die Entdeckung neuer Wirkstoffkombinationen zu beweisen. Paarweise wurden alle Substanzen der CLOUD miteinander kombiniert und in klinisch relevanter Konzentration auf KBM7 Leukämiezellen – einer für Experimente gut geeigneten Zelllinie – aufgetragen. Dabei stellte sich die heraus, dass Flutamid, ein Therapeutikum gegen Prostata-Krebs, in Kombination mit dem Thrombosemittel Phenprocoumon (PPC) einen starken Synergieeffekt aufweist. Gemeinsam wurden die beiden Substanzen dann mit Prostatakrebszellen getestet, die gegen Flutamid allein resistent waren – mit durchschlagendem Erfolg: Die Wirkstoffkombination tötete die resistenten Krebszellen effektiv und gezielt ab.
Mit ihren Experimenten konnte Stefan Kubiceks Gruppe in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien, der Uppsala University, Enamine Kiev und dem Max Planck Institut für Informatik in Saarbrücken zeigen, dass die CLOUD eine ideale Substanzsammlung für die Entdeckung neuer Wirkstoffkombinationen darstellt. Darüber hinaus lassen sich damit viele andere pharmakologische Analysen mit hohem Durchsatz und in kurzer Zeit durchführen – eine Reihe weiterer CeMM-Entdeckungen wurden bereits mit der CLOUD gemacht. Für Stefan Kubicek ist das erst der Anfang: „Angesichts der bisherigen Erfolge halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass die Wirkstoffsammlung der CLOUD in Zukunft ein weltweiter Standard für alle möglichen Analyseverfahren wird“, so der Chemiker.
CeMM: Medikamente aus der CLOUD: Neuer Standard für die Suche nach Wirkstoffkombinationen
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