Wiener Sozialdienste: Elektronische Erinnerungsbücher und sprechende Schlüssel helfen gegen das Vergessen

Für demenzkranke Menschen und ihre Angehörigen stellen oft schon Kleinigkeiten im Alltag wie Einkaufen gehen, Angehörige wiedererkennen oder Gegenstände wiederfinden eine besondere Herausforderung dar. Das EU-Forschungsprojekt SPES „Support to Patient through E-service Solutions“ hat in den vergangenen drei Jahren technisch innovative Lösungen entwickelt, die den Betroffenen mehr Lebensqualität bringen. Die Abschlusskonferenz findet am 16. Mai im Wiener Rathaus statt.

„Die Entwicklung von technologischen Hilfen zur Unterstützung der selbstständigen Lebensführung war der Stadt Wien schon in den letzten zwei Jahrzehnten ein großes Anliegen. Forschung und aktuelle Entwicklungen in den Bereichen Ambient Assistet Living und E-Health stellen eine große Herausforderung dar, werden aber in Zukunft durch gefragte individuelle Hilfen bei der Alltagsgestaltung sein. Wiener Einrichtungen sind an dem Projekt maßgeblich beteiligt. Der Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen, der Verein Wiener Sozialdienste und der FSW unterstützen gemeinsam dieses wegweisende internationale Projekt“, unterstreicht die Dritte Präsidentin des Wiener Landtages und Vizepräsidentin des Dachverbandes Wiener Sozialeinrichtungen Marianne Klicka die Bedeutung des Projektes bei der Bilanzpressekonferenz heute Mittag. 
„Die mehr als 70 Mitgliedsorganisationen des Dachverbands Wiener Sozialeinrichtungen betreuen in Wien mehr als 57.000 WienerInnen in den Bereichen mobile und stationäre Pflege und Betreuung, Behindertenarbeit und Wohnungslosenhilfe. Der Dachverband kooperiert sehr gerne mit internationalen Institutionen zum Wohle der betreuten Personen – das SPES-Projekt ist besonders innovativ durch die vielfältigen Initiativen und technischen Entwicklungen, von denen in der Praxis viele Personen mit Unterstützungsbedarf profitieren können“, ergänzt Eva Maria Luger, Geschäftsführerin des Dachverbands Wiener Sozialeinrichtungen. 
„Durch das Projekt wurden Kommunikations- und Informationstechnologien für ältere Menschen zugänglich gemacht, die zum Teil zum ersten Mal damit in Berührung kamen. Sowohl für die MitarbeiterInnen in unseren Tageszentren als auch für die dort betreuten SeniorInnen war es spannend zu sehen, wie diese Technologie im Alltag unterstützen kann“, sagt Christan Neumayer, stellvertretender Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien.
Karin Kienzl-Plochberger vom Verein Wiener Sozialdienste: „Eine der Stärken dieses Projektes liegt darin, dass von Anfang an bei der Entwicklung der technischen Lösungen eine enge Zusammenarbeit zwischen den NutzerInnen, den PraktikerInnen des Gesundheits- und Sozialbereiches und den TechnikerInnen bestand.“
„Die Erfahrungen, die wir in den letzten drei Jahren im SPES-Projekt machen konnten, brachten etliche Erkenntnisse. Unter anderem wurde klar, dass gesetzliche Aspekte bezüglich des Schutzes persönlicher Daten im gemeinsamen europäischen Kontext gelöst werden müssen. Es ist uns ein Anliegen, die Aufmerksamkeit der EntscheidungsträgerInnen im Hinblick auf einen gemeinsamen europäischen e-Health-Raum auf diese Fragestellungen zu lenken“, so Gianluca D`Agosta, SPES Projektkoordinator.

Fünf EU-Länder arbeiten eng zusammen
Insgesamt elf Partnerorganisationen aus Italien, Belgien, der Slowakei, Tschechien und Österreich beteiligen sich seit der Kick-off Veranstaltung in Ferrara im Jahr 2011 an SPES. Der innovative Schwerpunkt liegt auf telemedizinischen Anwendungen für ältere Menschen sowie für Menschen mit Behinderungen oder chronisch Kranke. Das Projekt wird im Strukturfonds-Programm der EU „Central Europe“ gefördert. Sein Ziel ist, die Anwendung von E-Health, Ambient Assisted Living und Telemedizin-Lösungen in Mitteleuropa zu stärken. Ein wesentlicher Projektinhalt ist die direkte Zusammenarbeit mit den Angehörigen und UnterstützerInnen.
Derzeit besteht das Projekt-Konsortium aus folgenden PartnerInnen: ENEA (Agenzia nazionale per le nuove tecnologie) aus Bologna, die Provinz Ferrara und der CUP2000 in Italien, CETIC (Centre d'Excellence en Technologies de l'Information et de la Communication) Charleroi in Belgien, die Stadt Košice und die Technische Universität Košice in der Slowakei, die Technische Universität Prag und ProDEEP Boskovice/Brünn in Tschechien sowie in Österreich der Fonds Soziales Wien und der Verein Wiener Sozialdienste. Die Wiener ProjektpartnerInnen waren bis Ende September des Vorjahres der FSW und die Fakultät für Informatik, Forschungsgruppe Scientific Computing der Universität Wien. Mit Anfang Oktober 2013 trat der Verein „Wiener Sozialdienste“ als Nachfolgepartner der Universität in das Projekt ein. Die Gesamtleitung und Projektkoordination liegt bei ENEA.
Die PartnerInnen in Ferrara beschäftigen sich mit e-Health- und Telemedizin-Anwendungen für Menschen mit Atemwegs-Erkrankungen, die PartnerInnen in Boskovice/Brünn und Prag mit Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit Mehrfachbehinderungen durch E-Health und Ambient Assisted Living und die PartnerInnen in Košice arbeiten an einem Kommunikations-System für einsame und marginalisierte ältere Menschen. Die Wiener PartnerInnen haben die Aufgabe übernommen, technische Lösungen für Bedarfslagen von Menschen mit dementiellen Erkrankungen ausfindig zu machen, zu entwickeln, zu adaptieren und zu testen. Das Gesamtbudget von SPES beträgt € 2.102.048 Euro.

Elektronische Erinnerungsbücher und sprechende Schlüssel in Wien entwickelt
Die technischen Innovationen von SPES sollen den Betroffenen durch gezielte technische Unterstützung das Leben zu Hause erleichtern. Wien konnte hier einen bedeutenden Beitrag leisten. Der Fonds Soziales Wien (FSW) und der Verein Wiener Sozialdienste entwickelten und testeten im Rahmen des Projektes geeignete technische Hilfen für ältere Menschen mit dementiellen Erkrankungen. Die FSW Tageszentren für SeniorInnen, das Geriatrische Tageszentrum und betreute Seniorenwohngemeinschaften der Wiener Sozialdienste waren maßgeblich in das Projekt involviert.
Als technische Angebote für Menschen mit dementiellen Erkrankungen, deren Angehörige und UnterstützerInnen wurden folgende Testfälle identifiziert und ausgewählt: Mit Hilfe von GPS-Lokalisierungs-Funktionen können Personen, die sich verirrt haben, wiedergefunden werden (Orientierungshilfen). Wenn Menschen mit Demenz-Erkrankungen einen individuell definierten ‚Sicherheits-Bereich‘ wie etwa die Terrasse oder den Garten eines Tageszentrums verlassen, werden die Betreuungs-Personen durch ein aktives RFID-System informiert (gefährlichen Situationen vorbeugen). Persönliche elektronische Erinnerungsbücher, die für ältere Menschen wichtige und ansprechende Bilder, Musik, Filme und Texte beinhalten, können durch das Berühren eines Touchscreen PCs aufgerufen und ‚durchgeblättert‘ werden (Stimulation des Denkens, Wahrnehmens und Erinnerns). Zum leichteren Wiederfinden häufig verlegter, wichtiger Gegenstände werden diese mit aktiven RFID-Tags versehen und mit Hilfe eines Touchscreen-PC`s gefunden. Wenn jemand kurz davor ist, die Wohnung ohne Schlüssel zu verlassen, wird durch ein System eines Reflexmelders mit aktivem RFID-Tag eine elektronische Erinnerungsfunktion ausgelöst (sprechender Schlüssel).
Die technischen Voraussetzungen dafür wurden zum Großteil von der Universität Wien in Kooperation mit den Firmen SIS GmbH und Itakka-sicher ist sicher und im Hinblick auf den Testcase „Stimulation des Denkens, Wahrnehmens, Erinnerns“, in Kooperation mit der Technischen Universität Prag geschaffen. Einer der früheren Mitarbeiter der Universität Wien ist nun im Verein Wiener Sozialdienste tätig, um die technischen Aufgaben weiterhin wahrnehmen zu können. 

Inhaltliche Impulse kamen von PraktikerInnen
Leiterinnen von Tageszentren für SeniorInnen und Wohngemeinschaften, in denen Menschen mit dementiellen Erkrankungen Unterstützung und Begleitung erhalten, brachten ihre Erfahrung und Kompetenz über die spezifischen Bedarfslagen der Zielgruppe ein. Selbstverständlich flossen von Anfang an Anliegen von Tageszentrums-KundInnen bzw. WG-BewohnerInnen und deren Angehörigen in die Projektarbeit ein. Die Tests fanden in Tageszentren, betreuten Seniorenwohngemeinschaften und Privatwohnungen statt. Rückmeldungen der Testpersonen wurden fortlaufend in den weiteren Entwicklungen berücksichtigt. 
Am 16. Mai  2014 findet im Wiener Rathaus (Stadtsenatssitzungssaal) die Abschlusskonferenz dieses erfolgreichen dreijährigen EU-Projektes statt.

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