VBC: Drei ERC-Grants für Forschungsgruppen am Vienna Biocenter

Jan-Michael Peters und Tim Clausen von Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) und Jürgen Knoblich vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) erhalten je einen Advanced Grant vom Europäischen Forschungsrat ERC. Damit waren die Anträge der beiden Institute zu 100 Prozent erfolgreich. An Forscher des Vienna Biocenter wurden bisher insgesamt 36 ERC-Grants vergeben.

Jan-Michael Peters, wissenschaftlicher Direktor des IMP, widmet sich mit seinem Team der Erforschung der Zellteilung und hat dazu bereits zwei umfangreiche EU-Projekte über insgesamt zehn Jahre geleitet. Das nun geförderte Forschungsvorhaben konzentriert sich auf das Molekül Kohesin, das ebenfalls am IMP entdeckt wurde und eine Schlüsselrolle beim korrekten Timing der Zellteilung spielt. Wie ein Ring legt sich das Molekül nach der Verdoppelung der DNA um die Schwesterchromatiden und verhindert damit, dass die Paare sich zu früh voneinander trennen. Daneben erfüllt Kohesin noch weitere, essenzielle Funktionen in der Säugetier-Zelle. Unter anderem ordnet es Chromatinstrukturen und wirkt bei der Genregulation mit. Dazu geht es spezifische Bindungen mit DNA ein, die sehr präzise reguliert werden und vor allem auch im richtigen Moment wieder gelöst werden müssen. Die Details dieser vielfältigen Interaktionen sollen im geförderten Projekt mit einer Kombination aus biochemischen, lichtmikroskopischen, genetischen und zellbiologischen Methoden entschlüsselt werden. Von den Ergebnissen erwarten die Forscher auch Aufschlüsse über die Ursachen von Krankheiten, die auf Kohesin-Fehlfunktionen zurückgehen. Diese reichen von Chromosomen-Abweichungen - wie etwa beim Down-Syndrom - bis zu Krebserkrankungen, die häufig mit Kohesin-Mutationen einhergehen.

Mit einer weiteren intrazellulären Störung setzt sich Tim Clausen auseinander. Der Strukturbiologe und Senior Scientist am IMP untersucht an Bakterienzellen, wie diese mit fehlerhaft gefalteten Proteinen fertig werden. Die zum Teil sehr langkettigen Eiweißmoleküle müssen sich nach ihrer Synthese auf eine ganz bestimmte Art falten, um ihre Funktionen korrekt ausführen zu können. Ist die Zelle durch äußere Faktoren wie Hitze oder Strahlung gestresst, kann es zur Schädigung der Proteinstruktur und in der Folge zur Ablagerung der funktionslosen Proteine in der Zelle kommen. Alle Organismen, ob Einzeller oder Mensch, haben daher wirkungsvolle Mechanismen entwickelt, um solche Fehler zu erkennen. Sind die schadhaften Proteine identifiziert, so kann die Zelle sie durch entsprechende Enzyme abbauen oder aber mittels einer ausgeklügelten Maschinerie reparieren. Tim Clausen und sein Team untersuchen in ihrem Projekt, wie die zelluläre Qualitätskontrolle dafür sorgt, dass geschädigte Proteine mit großer Präzision erkannt werden, worin das Signal zum Abbau besteht und wie gleichzeitig die Zerstückelung korrekt gebauter Proteine verhindert wird. Die Ergebnisse sollen allgemein gültige Prinzipien über den Umgang von Zellen mit toxischen Eiweißablagerungen aufdecken, die zum Beispiel bei neuro-degenerativen Krankheiten eine zentrale Rolle spielen.

Jürgen Knoblich, Senior Scientist und stellvertretender Direktor am Wiener Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, erhält bereits zum zweiten Mal die hochrangige Förderung des Europäischen Forschungsrats ERC.

„In unserem Projekt werden 3D-Gehirn-Organoide verwendet, die kürzlich in meiner Forschungsgruppe entwickelt wurden. Wir wollen die menschliche Gehirnentwicklung und neurologische Erkrankungen direkt im menschlichen Gewebe untersuchen“, sagt Knoblich. Schon im Jahr 2013 publizierte er erstmals die bahnbrechende Entwicklung eines dreidimensionalen Gehirnmodells aus menschlichen pluripotenten Stammzellen, mit welchem die Gehirnentwicklung im ersten Trimester der Embryogenese beobachtet werden kann.

Das Projekt hat das Potenzial, grundlegende Einblicke in die Mechanismen neurologischer Erkrankungen zu geben, welche sich derzeit nicht von Tiermodellen ableiten lassen. Darüber hinaus sollen offene Fragen hinsichtlich der menschlichen Gehirnentwicklung beantwortet werden. Die Bedeutung dieses Projekts ist vielschichtig: es wird Einblicke in die wichtigsten Phasen der menschlichen Gehirnentwicklung gegeben, zum Verständnis neurologischer Erkrankungen beitragen und potenzielle Strategien für neue Therapien aufzeigen. Bisher war die Beobachtung der Gehirnentwicklung nur in Nagetieren und Fischen möglich. Erkrankungen wie etwa Schizophrenie, Epilepsie oder Autismus können jdeoch nicht ausreichend in Tiermodellen repräsentiert werden.

Mit dem „Advanced Investigator Grant“ des ERC sollen die besten Wissenschaftler Europas gefördert warden. Das Programm soll es bereits etablierten und bekannten Forschern ermöglichen, ambitionierte Projekte mit interdisziplinärem Charakter in Angriff zu nehmen. Die Fördersumme beträgt 2,5 bis 3 Millionen Euro pro Grant und wird über einen Zeitraum von fünf Jahren ausgezahlt.

IMP
Das Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie betreibt in Wien biomedizini­sche Grundlagenforschung. Hauptsponsor ist der internationale Unternehmens­verband Boehringer Ingelheim. Mehr als 200 ForscherInnen aus 35 Nationen widmen sich am IMP der Aufklärung grundlegender moleku­larer und zellulärer Vorgänge, um komplexe biologische Phänomene im Detail zu verstehen. Die bearbeiteten Themen umfassen die Gebiete der Zell- und Moleku­larbiologie, Neurobiologie, Krankheitsentstehung sowie Bioinformatik. Das IMP ist Gründungsmitglied des Vienna Biocenter.

IMBA
Das IMBA ist das größte Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seit 2003 tätig, beschäftigt das IMBA heute mehr als 200 Mitarbeiter aus rund 40 Nationen. Weit über Österreich hinaus hat das Institut einen exzellenten Ruf als Zentrum biomedizinischer Grundlagenforschung. Im Zentrum der Forschung stehen grundlegende Fragestellun­gen aus den Bereichen Stammzellbiologie, Molekulare Krankheitsmodelle und Genetik, RNA-Biologie, sowie Chromatin-Dynamik und Zellbiologie.

Vienna Biocenter
Das Vienna Biocenter (VBC) ist Wiens größter Life Science-Standort und ein Zentrum molekularbiologischer Spitzenforschung. Neben sechs Institutionen, die sich insbesondere der Grundlagenforschung widmen, befinden sich gegenwärtig 14 Unternehmen am Standort in Neu Marx. Mehr als 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 700 Studierende machen das VBC zu einem Hotspot innovativer Zugänge in den Lebenswissenschaften. Im wissenschaftlichen Bereich sind das GMI, das IMBA, das IMP und die Max F. Perutz Laboratories die Aushängeschilder des Vienna Biocenter. Die CSF (Campus Science Support Facilities) bieten wissenschaftliche Infrastruktur auf höchstem Niveau an.

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