Uni Wien: Mutter und Kind: Durch Berührung im Gleichklang

Wechselseitige Anpassung der Gehirnaktivität und Herzrhythmen

Berührungen sind grundlegend für die zwischenmenschliche Kommunikation. Unklar war bisher, wie sich liebevolle Berührung und Körperkontakt auf Gehirnaktivität und Herzschlag von Müttern und Babys auswirkt. Dieser Frage sind die Entwicklungspsychologinnen Trinh Nguyen und Stefanie Höhl von der Universität Wien in einer aktuellen Studie nachgegangen. Ihr Fazit: Die Gehirnaktivitäten zwischen Müttern und Babys passten sich vor allem dann einander an, wenn sie engen Körperkontakt hatten und wenn die Mutter das Baby häufig liebevoll streichelte. Die Herzrhythmen von Mutter und Baby waren vor allem im gemeinsamen Spiel im Gleichklang. Die Studie erscheint aktuell im Fachjournal NeuroImage.

Liebevolle Berührungen und Körperkontakt stellen Verbundenheit her und können Stress reduzieren. Bei Paaren wurde dieser positive Effekt mit einer gegenseitigen Angleichung von Gehirnaktivitäten und Herzrhythmen in Verbindung gebracht. Da Berührungen schon im Säuglingsalter grundlegend für die Kommunikation zwischen Bezugsperson und Säugling sind, haben sich Trinh Nguyen, Stefanie Höhl und Kolleg*innen aus den USA die Frage gestellt, ob Nähe und Berührungen auch zur Anpassung der Gehirn- und Herzrhythmen von Mutter und Baby beitragen.

In der neuen Studie haben vier bis sechs Monate alte Babys mit ihren Müttern gemeinsam gespielt und Videos geschaut. Dabei wurde durch funktionelle Nah-Infrarotspektroskopie (fNIRS) die Gehirnaktivität und durch Elektrokardiographie (EKG) der Herzrhythmus von Mutter und Säugling gleichzeitig gemessen. Bei fNIRS werden Änderungen der Sauerstoffsättigung in der äußersten Schicht des Gehirns erfasst – hier insbesondere im Frontalhirn. Eine Aktivierung in dieser Region steht im Zusammenhang mit gegenseitiger emotionaler Anpassung, Aufmerksamkeit sowie Selbstregulierung. Diese Prozesse sind besonders relevant für soziale Interaktionen und entwickeln sich im Laufe des ersten Jahres.

Die Ergebnisse zeigten, dass Mutter-Baby-Paare ihre Gehirnaktivität vor allem dann wechselseitig anpassten, wenn sie sich berührten. Dies funktionierte sowohl wenn die Mutter das Baby eng am Körper hielt und beide ein Video anschauten als auch wenn sie gemeinsam spielten und die Mutter dabei das Kind liebevoll berührte, z.B. durch Küssen, Streicheln und sanfte Massage. Die neue Studie belegt, dass Berührungen eine grundlegende Rolle in der frühen Anpassung der Gehirnaktivität zwischen Müttern und Säuglingen spielt. Eine Anpassung der Herzrhythmen zeigte sich zwar auch, wenn Mutter und Baby miteinander spielten, war aber unabhängig von den Berührungen. Beim Herzschlag zeigte sich vor allem dann eine gegenseitige Anpassung, wenn Babys Unwohlsein signalisierten, was sich vermutlich auf die Mütter übertrug.

Wie sich die wechselseitige Anpassung in der Gehirnaktivität und den Herzrhythmen langfristig auf die Kindesentwicklung auswirkt, wollen Trinh Nguyen und Stefanie Höhl in weiteren Studien herausfinden. Insbesondere die spätere Beziehung zwischen Mutter und Kind, sowie die Sprachentwicklung der Kleinen wird in Folgestudien untersucht.

Publikation in NeuroImage:

Nguyen, T., Abney, D. H., Salamander, D., Bertenthal, B. I., & Hoehl, S. (2021). Proximity and touch are associated with neural but not physiological synchrony in naturalistic mother-infant interactions. NeuroImage, 244, 118599. DOI: 10.1016/j.neuroimage.2021.118599

Wissenschaftlicher Kontakt

Trinh Nguyen, MSc
Fakultät für Psychologie Institut für Psychologie der Entwicklung und Bildung
Universität Wien
1010 - Wien, Liebiggasse 5
+43-1-4277-474 68
trinh.nguyen(at)univie.ac.at

Univ.-Prof. Dipl.-Psych. Dr. Stefanie Höhl
Vizedekanin - Fakultät für Psychologie Institut für Psychologie der Entwicklung und Bildung
Universität Wien
1010 - Wien, Liebiggasse 5
+43-1-4277-474 70
stefanie.hoehl(at)univie.ac.at

 

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