Uni Wien: Die Tricks der ganz Kleinen

Warum gibt es mehr Kohlenstoff im Boden als in der Luft, und was haben "schummelnde" Bodenbakterien damit zu tun? MikrobiologInnen der Universität Wien und des IIASA haben in einer Computersimulation das Leben und Sterben – und die cleveren Überlebensstrategien – der Mikroorganismen beobachtet.

ForscherInnen der Universität Wien und des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) simulieren die Aufräumarbeiten der Boden-Mikroorganismen am Computer. Sie haben ein Modell entwickelt, das selbst winzige Veränderungen in der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaften aufzeigen kann.

In ihrer aktuellen Studie, die im Journal Nature Communications erschienen ist, hat sich das Team um Ökologin Christina Kaiser auf eine ganz besondere Gruppe im bakteriellen "sozialen Gefüge" konzentriert: die Trittbrettfahrer. Um deren Rolle zu verstehen, muss man zunächst wissen, dass Boden-Mikroben ihre Nahrung zuerst zerkleinern, um sie aufnehmen zu können. Natürlich haben sie keine Kauwerkzeuge: Sie scheiden Enzyme aus, die das Kleinschneiden für sie erledigen.

"Genauer gesagt attackieren diese extrazellulären Enzyme die Makromoleküle in der Umgebung und brechen sie in kleinere Einheiten auf", präzisiert Christina Kaiser. In mundgerechte Happen, sozusagen. Hier kommen nun die Trittbrettfahrer ins Spiel: Sie schenken sich das mühsame und kostspielige Produzieren der Enzyme und futtern einfach bei den anderen mit: eine evolutionär gesehen vorteilhafte Strategie.

"Wir haben nun mit unseren Computeranalysen untersucht, wie die 'schummelnden' Mikroben den Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf beeinflussen", fasst Kaiser die aktuellen Studienergebnisse zusammen: "Dabei hat sich herausgestellt, dass die Trittbrettfahrer den Abbau von totem Pflanzenmaterial generell verlangsamen." Außerdem reichern sich in ihrer Anwesenheit wesentlich mehr stickstoffhaltige Reste von toten Mikroorganismen-Zellen an: "Eine Mikroorganismengemeinschaft mit 'Schummlern' speichert in etwa doppelt so viel Stickstoff im Boden als ohne."

Die Publikation "Social dynamics within decomposer communities lead to nitrogen retention and organic matter build-up in soil" (AutorInnen: C. Kaiser, O. Franklin, A. Richter, U. Dieckmann) erschien am 01.12.2015 im Journal "Nature Communications" (doi:10.1038/ncomms9960)

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