ÖVIH: Influenza-Hospitalisierungen wären teilweise vermeidbar gewesen

Höhere Durchimpfungsraten hätten Spitalschaos zumindest reduziert

Die Grippewelle hat die Wiener Spitäler kalt erwischt. Schon davor konnte es vorkommen, dass Patienten aus organisatorischen Gründen immer wieder am Gang behandelt werden mussten, zum Beispiel wenn ein Zimmer infolge von bestimmten Infektionen oder Keimen nicht belegbar war. Die Grippewelle hat dieses Problem nun drastisch verschärft. Dabei hätten viele Influenza-Patienten nie ein Spital von innen gesehen, wären sie rechtzeitig geimpft worden, zeigt sich Ursula Köller, Leiterin der Arbeitsgruppe „Impfen“ der Österreichischen Bioethikkommission, überzeugt.

Steiler Anstieg
Die meisten Experten gehen davon aus, dass der Höhepunkt der Grippewelle noch gar nicht erreicht ist. Wirklich sagen könne man das nicht, so Köller. „Der Anstieg ist extrem steil, in den letzten 15 Jahren haben wir nichts Vergleichbares gesehen.“ Knapp 20.000 Grippemeldungen gab es in der letzten Woche in Wien. Zum Vergleich:
In den letzten drei Saisonen wurden auch zum Höhepunkt der jeweiligen Grippewelle 15.000 Fälle kaum überschritten. Laut Expertin besonders problematisch: Diesmal sind überdurchschnittlich viele ältere Patienten betroffen. Und die landen besonders häufig mit Komplikationen im Spital.

Problematische Lage in den Spitälern
Schätzungen zufolge werden derzeit in den Spitälern des Wiener Krankenanstaltenverbundes (AKH nicht mitgerechnet) etwa 500 Patienten mit Influenza bzw. Influenza-Komplikationen behandelt. Tendenz steigend. Eine riesige Herausforderung für das System. Wie berichtet, ist es in einem Wiener Spital bereits zu Ansteckungen von Patienten auf einer dermatologischen Station durch Influenza-Patienten gekommen. „Bei uns im Krankenhaus Hietzing unterziehen wir alle Patienten, die mit Verdacht auf Influenza aufgenommen werden, einem Schnelltest. Ist dieser positiv, kommen sie auf eine eigene Station. Derzeit sind eineinhalb Abteilungen bei uns reine Grippestationen.“ Die anderen Patienten müssten notgedrungen ausweichen, daraus können sich Versorgungsengpässe ergeben.

Extrem niedrige Durchimpfungsrate
„Wären mehr Personen gegen Influenza geimpft, hätten wir wesentlich weniger Probleme mit Gangbetten in den Spitälern. Aber: Die Durchimpfungsrate in Österreich ist extrem schlecht“, erklärt Köller. Sie liege derzeit bei etwa sechs bis sieben Prozent. „Genaue Zahlen dazu existieren nicht, diese Daten werden nur aufgrund der verkauften Dosen errechnet“, so die Impf-Expertin. „Wir wissen aber nicht, wer sich impfen lässt bzw. welche Bevölkerungsgruppen.“ Aufgrund der besonders schweren Verläufe bei älteren Personen sei es gerade in dieser Saison besonders wichtig, dass diese sich impfen ließen. Die WHO empfiehlt eine Durchimpfungsrate von 75 Prozent bei Personen über 60 Jahren. Davon sei man in Österreich meilenweit entfernt. Dass die Impfung - obwohl nicht absolut wirksam - die Zahl der Erkrankungen deutlich vermindern kann, steht für die Expertin außer Frage. „Dann müssten wir auch wesentlich weniger Influenza-Patienten im Spital behandeln und hätten mehr Ressourcen für unsere anderen Patienten.“

Sogar bei Personen, die im Gesundheitssystem arbeiten, sei die Impfmoral kaum besser als bei der Durchschnittsbevölkerung. Sogar hier sei die Durchimpfungsrate sehr niedrig. Auch wenn viele dieser Personen (Ärzte, Pflegepersonal, etc.) trotz Ansteckung nicht erkranken würden, käme es trotzdem zu einer viralen Ausscheidung. Das sei besonders dann kritisch, wenn der oder die Betreffende Kontakt zu Risikopatienten hat.

Mehr Druck notwendig
Um ähnliche Grippewellen wie in dieser Saison zukünftig zu vermeiden spricht sich Köller für mehr Aufklärung, aber auch mehr gesellschaftlichen Druck aus. „In den USA kann man nicht in die Schule gehen ohne einen kompletten Impfstatus vorzuweisen. Bei uns gibt es diesen Druck nicht. Außerdem müsste man erfassen können, wer geimpft ist und wer nicht und wie das mit den Hospitalisierungsraten zusammenhängt.“ Dann könne man der Bevölkerung vielleicht auch besser erklären, dass jene, die nicht geimpft sind, schwere Komplikationen erleiden können. Ganz wichtig sind ihr auch Maßnahmen, um die Impfraten beim medizinischen Personal zu erhöhen. „Wir haben hier schließlich auch eine Vorbildwirkung. Die Tendenz geht aber schon in die richtige Richtung. Viele Kollegen haben sich zu Jahresbeginn noch impfen lassen.“

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