ÖVIH: FSME: Keine spezifische Behandlung möglich

Nur Vorbeugung hilft: Vor allem eine regelmäßig aufgefrischte FSME-Impfung

Wer nicht oder nicht korrekt geimpft ist, kann nach einem Zeckenstich nur noch warten und hoffen, dass er oder sie sich keine FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis)-Infektion zugezogen hat. Etwa ein bis drei Prozent der heimischen Zecken tragen das auslösende Virus in sich. Ist eine Zecke infiziert, überträgt sie das Virus unmittelbar nach dem Stich. Ein sofortiges Entfernen des Spinnentieres mittels Pinzette oder Zeckenzange kann da nicht mehr helfen. Dennoch ist es sinnvoll, um andere Krankheiten wie Borreliose hintanzuhalten. Ist es zu einer FSME-Infektion gekommen, können nach ein bis zwei Wochen erste grippeartige Symptome auftreten. Spätestens dann sollten Betroffene so schnell wie möglich einen Arzt aufsuchen. Das Problem dabei: Es gibt keine spezifische Therapie, behandelt werden nur die Symptome. Ein eventuelles Fortschreiten der Erkrankung bis hin zu den gefürchteten neurologischen Folgen kann nicht mehr verhindert werden.

„Man kann Zecken eigentlich nicht aus dem Weg gehen“, erklärt Prof. Ursula Kunze vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien. „Auch in Großstädten wie Wien ist man vor ihnen nicht sicher. Überall, wo Gras oder Sträucher sind, halten sie sich bevorzugt auf. Das kann am Donaukanal sein, im Schrebergarten oder am öffentlichen Spielplatz. Nach jedem Aufenthalt in der Natur sollte man sich beziehungsweise seine Kinder nach Zecken absuchen und diese gegebenenfalls auch rasch entfernen. Das ist wichtig, um sich vor Borreliose zu schützen, hilft aber nicht gegen FSME“, so die Expertin. „Auch sofortiges Duschen bringt nichts mehr.“ In seltenen Fällen ist sogar eine Übertragung des FSME-Virus über nichtpasteurisierte Milch möglich. Auch das ist in Österreich schon vorgekommen.[1]

Vernachlässigte Auffrischungsimpfung

Experten gehen davon aus, dass in epidemischen Gebieten (und ganz Österreich gilt als solches) etwa ein bis drei Prozent der Zecken mit dem FSME-Virus infiziert sind. Statistisch gesehen erkranken etwa 33 Prozent der Infizierten, womit etwa jeder 100. bis 300. Zeckenstich tatsächlich zu einer Infektion führt.[2] Das klingt nach keiner allzu hohen Wahrscheinlichkeit, dennoch sind 2018 in Österreich 154 Personen mit FSME im Spital behandelt worden, fünf davon sind gestorben.[3] „Und das trotz einer Durchimpfungsrate von über 80 Prozent und einer fast 100-prozentigen Schutzwirkung der Impfung“, berichtet Kunze. „Allerdings ist diese hohe Durchimpfungsrate trügerisch, da viele Leute mittlerweile die Auffrischungsimpfung nicht mehr rechtzeitig wahrnehmen. Diese Menschen setzen sich oft unwissentlich erneut einem Infektionsrisiko aus. Das betrifft vor allem Personen über 60, die aufgrund des nachlassenden Immunsystems alle drei Jahre* zur Auffrischung müssen und auch häufiger von schweren Krankheitsverläufen betroffen sind.“

Viele schwere FSME-Verläufe 2018

Wer nach einem Zeckenstich an FSME erkrankt, merkt dies nicht sofort, denn es kommt erst nach ein bis zwei Wochen zu grippeähnlichen Beschwerden, die dann auch wieder verschwinden. Oft ist die Krankheit damit vorüber. Bei einem Teil der Erkrankten kommt es aber nach einem beschwerdefreien Intervall zu einer zweiten Krankheitsphase, in der das zentrale Nervensystem befallen wird. Symptome sind starke Kopfschmerzen, Lichtscheue, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Sprechstörungen, sowie Gehstörungen. Auch Lähmungen sind möglich. Durchschnittlich stirbt etwa ein Prozent der Patienten mit neurologischen Symptomen an FSME. [4] 2018 wurde dieser Durchschnittswert tragischerweise sogar übertroffen und nur ein Drittel jener, die an einer kombinierten Hirn- und Rückenmarksentzündung erkrankten, wurde vollständig gesund. Die restlichen zwei Drittel benötigten einen langen stationären Krankenhausaufenthalt mit anschließender Rehabilitation aufgrund von motorischen und kognitiven Folgeschäden.3

Unangenehme Spätfolgen

Aber damit nicht genug: Unter langfristigen Auswirkungen können nämlich sogar jene leiden, die es ursprünglich gar nicht so schwer erwischt hat. Bei manchen Patienten kommt es zum sogenannten post-enzephalitischen Syndrom mit Konzentrationsstörungen, Gedächtnisschwächen, Wortfindungsstörungen oder Gangunsicherheit. Außerdem können psychische Störungen, Kopfschmerzen, allgemeines Unwohlsein und eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit auftreten. Laut einer schwedischen Studie litten nach einem Jahr immer noch 40 Prozent der Patienten an solchen Symptomen.[5]

Ärzte und Apotheker beraten

„Das alles muss nicht sein. Die allermeisten FSME-Fälle 2018 wären mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zu verhindern gewesen. Damit sich solche Fallzahlen dieses Jahr nicht wiederholen, raten wir jedem, zu überprüfen, ob der Impfschutz noch aufrecht ist“, betont Kunze. „Wer nicht mehr weiß, ob eine Auffrischung fällig ist oder nicht, sollte dies so schnell wie möglich mit einem Arzt oder Apotheker besprechen. Die Zecken sind bereits aktiv.“

 

[1] Holzmann H, Aberle SW, Stiasny K, et al.: Tick-borne encephalitis from eating goat cheese in a mountain region of Austria. Emerging infectious diseases 2009; Oct 15(10):1671-3

[2] Kaiser, R., Nervenarzt 2016, 87:667-680

[3] Zentrum für Virologie, Medizinische Universität Wien, Virusepidemiologische Information Nr. 02/19-7

[4] https://www.ots.at/redirect/ages8, zuletzt abgerufen am 26.3.2019

[5] Günther, G., et.al., Tick-bone encephalitis in Sweden in relation to aseptic meningo-encephalitis of other etiology: a prospective study of clinical course and outcome., J Neurol. 1997 Apr;244(4):230-8

Misic, ML, et.al., Post-encephalitic syndrome in patients with tick-borne encephalitis, Acta Med Croatica. 2009 Oct;63(4):269-78.

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